Warum kaufe ich Dinge, die ich nicht brauche?

Die Marketingbranche hat ein klares Ziel: Sie will uns dazu bringen, Produkte zu kaufen, die wir eigentlich nicht brauchen. Und die Wahrheit ist, dass wir oft in ihre Fallen tappen. Warum?
Warum kaufe ich Dinge, die ich nicht brauche?
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 24. April 2023

Viele von uns stellen sich diese Frage häufig. Das passiert vorwiegend dann, wenn nach der Online-Bestellung oder der Entgegennahme eines Pakets die Enttäuschung einsetzt. Das Suchen nach einem bestimmten Produkt und der Moment des Kaufes  erzielen oft größere Befriedigung und mehr Emotionen, als die Tatsache, diesen Gegenstand dann in den Händen zu halten. Doch warum kaufen wir Dinge, die wir nicht brauchen?

Auch wenn wir diese Erfahrung schon öfters gemacht haben, scheinen wir daraus nicht zu lernen. Tatsächlich dauert es nicht allzu viele Tage, bis wir dieses Verhalten wiederholen: Wir kaufen Dinge, die kein Grundbedürfnis befriedigen, denn es handelt sich einzig um allein um eine emotionale Verstärkung, um einen vorübergehenden und flüchtigen Dopaminrausch. Wenn du dich mit dieser Art von Realität identifizierst, bedeutet das, dass du ein  Shopaholic bist?

Ganz und gar nicht. Denn wenn es eine Sache gibt, die die Marketingbranche mit absoluter Sicherheit weiß, dann ist es, dass fast 70 % der Bevölkerung unnötige Dinge kaufen. Wir zücken die Kreditkarte, nur weil wir von einer Werbung fasziniert sind oder weil eine andere Person ein schickes Kleid, ein Handy oder neue Kopfhörer hat, die wir attraktiv finden.

Soziale Mimikry ist einer der Faktoren, die diese irrationale Kaufgewohnheit erklären. Es gibt jedoch noch weitere Auslöser, die wir verstehen müssen.

Warum kaufe ich Dinge, die ich nicht brauche?
Das Kaufverhalten ist oft sehr emotional und folgt nicht rationalen Überlegungen.

Warum ich Dinge kaufe, die ich nicht brauche

Das Kaufverhalten reagiert auf logisches und vor allem emotionales Verhalten. Wir kaufen das Nötigste, um zu überleben, um uns zu kleiden, zu ernähren und um die Grundbedürfnisse unseres Wohlbefindens zu decken. Wir kaufen aber auch, um unsere Freizeit- und emotionalen Selbstbelohnungsbedürfnisse zu befriedigen.

Selbst wenn wir also Produkte wie elektrische Skateboards, Videospielkonsolen oder mehr Schuhe kaufen, als wir brauchen, ist das noch lange keine Reaktion auf ein psychisches Problem oder eine Störung. Das ist ein normales menschliches Verhalten und ein Merkmal unseres Lebensstils. Problematisch wird es jedoch, wenn wir uns zwanghaft und obsessiv unnötige Dinge anschaffen.

Das wäre die Grenze, die wir nicht überschreiten dürfen. Schließlich sollten wir bedenken, dass dieses Phänomen erst in den letzten Jahren zugenommen hat, und zwar so sehr, dass es im DSM-5 (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) zu den Verhaltenssüchten gezählt wird.

In den meisten Fällen kommt es jedoch nicht zu diesem Grad der Abhängigkeit. Folgende Gründe erklären, warum wir oft Dinge kaufen, die wir nicht brauchen.

1. Das Wohlfühlgefühl

Wenige Dinge sind “an einem schlechten Tag” so beliebt wie der Besuch eines Einkaufszentrums. Wir können an Tagen, an denen wir gestresst, frustriert oder einfach nur gelangweilt sind, stundenlang auf Online-Shopping-Portalen stöbern.

Der Kauf von Dingen befriedigt uns, lässt uns Serotonin, Dopamin und Endorphine ausschütten. Wir stellen uns vor, wie wir diese Produkte benutzen oder tragen, und diese Fantasie befriedigt uns.

2. Die unbewussten Prozesse, die durch Konditionierung motiviert werden

Das Hauptziel des Neuromarketings ist es, dich dazu zu bringen, Dinge zu kaufen, von denen du glaubst, dass du sie brauchst, auch wenn das nicht der Fall ist. Um dies zu erreichen, nutzen sie verschiedene Strategien, die unbewusste psychologische Prozesse in Gang setzen, die uns konditionieren.

Beispiele dafür sind die folgenden Dynamiken:

  • Vermeintliche Preissenkungen, die uns glauben machen, wir bekämen ein Schnäppchen.
  • Die meisten Werbungen appellieren an unsere Gefühle. Wenn wir für etwas bezahlen, kaufen wir nicht ein Produkt, sondern eine Emotion. Bestimmte Getränke machen uns glücklich. Ein Kleid wird uns attraktiv aussehen lassen. Eine bestimmte Handymarke ist ein Statussymbol….

3. Personalisierte Werbung

Wenn du ein Nutzer sozialer Netzwerke bist, solltest du wissen, dass du bei diesen Anwendungen dein Einverständnis gegeben hast, dass sie alles, was du tust, überwachen können. Wir werden jede Sekunde von künstlicher Intelligenz und Algorithmen analysiert, um uns personalisierte Werbung zu zeigen. Du siehst dann genau jene Produkte, die dich interessieren. 

Eine Studie der Universität von South Carolina unterstreicht diese Tatsache. Der Kaufzwang wird durch zunehmend personalisierte Werbung vermittelt, die durch Algorithmen in den sozialen Medien gesteuert wird. Wenn wir mit Dingen bombardiert werden, die unseren Vorlieben entsprechen, ist es kompliziert, zu widerstehen.

4. Das falsche Bedürfnisempfinden

Abraham Maslow wies schon vor langer Zeit darauf hin, dass sich der Mensch nach seinen Grundbedürfnissen richtet. In der Welt des Marketings gibt es keinen freien Willen. Das Ziel ist kein anderes, als die Menschen darauf zu konditionieren, dass bestimmte Produkte das bieten, was sie brauchen:

  • Wir kaufen, um die Langeweile zu stillen. Das Gehirn mag Neues und das treibt uns dazu, neue Produkte zu kaufen, um dieses Bedürfnis nach Innovation zu befriedigen.
  • Wir kaufen aufgrund der sozialen Nachahmung, um nicht weniger zu sein als andere. Die gleichen Dinge, wie unsere Freunde zu haben, stärkt das Gefühl der Zugehörigkeit.
  • Wir kaufen Dinge, um uns besonders zu fühlen, um attraktiver zu sein, um andere Gefühle zu erleben…
Warum kauft die Frau Dinge, die sie nicht braucht?
Oft kaufen wir Produkte, die wir nicht brauchen, nur damit wir nicht weniger sind als andere. Wenn es einen Gegenstand gibt, der gerade in Mode ist, müssen wir ihn haben, um unsere Integration in die soziale Gruppe zu fördern.

Unnötige Dinge kaufen: ein wachsendes Problem

Die Kaufsucht ist ein wachsendes Problem. Es stimmt zwar, dass wir uns alle schon einmal gefragt haben, warum wir uns so verhalten, doch es gibt immer mehr Menschen, denen es nicht mehr bewusst ist, dass sie in Wahrheit süchtig sind. Denke daran, dass ein solches Verhalten immer von unseren emotionalen Impulsen und unbewussten Konditionierungen motiviert ist.

Bevor du einen Gegenstand kaufst, solltest du dich fragen, ob du ihn wirklich brauchst. Lasse dir Zeit und denke noch einmal ein paar Tage nach, bevor du auf den “Kaufen-Knopf” klickst. Wird dich dieses Produkt wirklich glücklich machen? Willst du es nur, weil du es eine Arbeitskollegin bereits hat? Was erwartest du dir wirklich von diesem Handy, diesem Kleid, diesen Kopfhörern? Hast du nicht schon andere Produkte, die dir den gleichen Dienst erweisen?

Zu guter Letzt solltest du nicht zögern, spezialisierte Therapeuten zu konsultieren, wenn du dich in einer Situation der Abhängigkeit befindest. In diese Spirale des Leidens zu geraten, ist leichter, als du denkst.


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