Lebenskrise: So schaffst du es, daraus eine Chance zu machen!
In einer Lebenskrise bewegst du dich auf einer sinnentleerten Bühne auf der Suche nach Antworten auf deine Zweifel, nach dem Sinn deines Lebens und deinem Platz in der Welt. Die Psychologie spricht häufig von “existenzieller Depression”, doch es gibt dafür keine klinische Kategorie.
Eine existenzielle Krise macht Veränderungen notwendig: Du fühlst dich gezwungen, dein Leben neu auszurichten und Entscheidungen zu treffen. Du kannst deshalb eine Lebenskrise auch als Chance verstehen, um persönliches Wachstum zu erreichen und deine Bedürfnisse und deinen Weg neu zu definieren. Wir geben dir heute einige Tipps an die Hand, um dies zu erreichen.
“Vielleicht gibt es schönere Zeiten; aber diese ist die unsere. Alles hat man herausgefunden, nur nicht wie man lebt. Lache das Leben an!”
Jean-Paul Sartre
Lebenskrise: häufige Auslöser
Du hast plötzlich das Gefühl, dass nichts mehr Sinn ergibt. Du fühlst dich verloren, leer oder entmutigt und stellst dir Fragen über dein Leben. Seit Kierkegaard haben sich viele Philosophen mit der Existenzangst des Menschen beschäftigt. Existenzialisten wie Sartre weisen darauf hin, dass uns unsere existenziellen Ängste immer wieder dazu bringen, uns als Selbst in der Welt zu bestimmen. Es geht also nicht darum, sie zu vermeiden, sondern richtig damit umzugehen.
Auch die Psychologie beschäftigt sich schon lange mit diesem Thema, deshalb steht uns heute umfangreiche wissenschaftliche Literatur zur Verfügung, die unter anderem über die häufigsten Auslösern existenzieller Krisen Aufschluss gibt:
- Identitätskrise
- Verlust eines geliebten Menschen
- Krankheit
- Stimmungsstörungen wie Depression
- Einsamkeit
- Einschneidende Veränderungen: Kündigung, Trennung usw.
- Routine und die Erkenntnis, dass sich Träume und Sehnsüchte nicht verwirklichen lassen
- Anhaltende Krisen (z. B. Pandemie)
Eine Studie der Universität Innsbruck zeigt, dass Menschen mit hohen intellektuellen Fähigkeiten anfälliger für existenzielle Krisen sind. Zu Lebenskrisen kommt es meistens in Übergangsphasen: in der Adoleszenz, durch die Elternschaft, das Empty-Nest-Syndrom… Die Routine verändert sich durch verschiedene Umstellungen, was zu Ungewissheit und Ängsten führen kann.
Schon gelesen? Krise: zwischen Himmel und Hölle
Aus einer Lebenskrise eine Chance machen
Existenzielle Krisen dienen dazu, uns wachzurütteln, Veränderungen zu bewirken und Entscheidungen zu treffen. Wenn du darin eine Chance wahrnimmst, fällt es dir einfacher, deinen Weg zu finden. Carl G. Jung pflegte zu sagen, dass wir einen Teil unseres Lebens damit beschäftigt sind, dem Ego zu gehorchen, aber den Rest des Lebens müssen wir nutzen, um so zu sein, wie wir wirklich sein möchten.
Jede Lebenskrise ist komplex und schmerzlich, doch wenn du sie als Prozess der persönlichen Entwicklung betrachtest, kannst du Mut fassen, um die nötigen Schritte zu gehen und Entscheidungen zu treffen. Folgende Strategien helfen dir dabei.
1. Existenzielle Therapie
Die existenzielle Therapie ist eine Anleitung für sinnvolle Entscheidungen und Veränderungen, die mit den persönlichen Werten und Zielen in Einklang stehen. Einer der bekanntesten Vertreter dieses Modells ist Dr. Irvin D. Yalom¹.
In seiner klinischen Praxis leitet er die Patienten in vier grundlegenden Bereichen an: einen neuen Lebenssinn finden, die Isolation überwinden, die Freiheit wiedererlangen und die Angst vor dem Tod bewältigen². Untersuchungen, wie die der Universität Roehampton, legen nahe, dass solche Therapien hilfreich sind, um den mit Übergängen verbundenen Stress zu reduzieren. In dieser Therapie geht es unter anderem um folgende Aspekte:
- Soziale Kontakte nutzen, um Einsamkeit zu vermeiden.
- Konfrontation mit pessimistischen und einschränkenden Gedanken.
- Einen neuen Sinn im Leben finden.
- Hilfe bei der Überwindung von Ungewissheit und Gefühlen der Verzweiflung.
- Den Aufbau eines kreativen, freien und zielgerichteten Lebens fördern.
- Die existenzielle Therapie ermutigt zu einer flexibleren und positiveren Denkweise.
2. Definiere, wer du bist und was du vom Leben erwartest
Um eine Lebenskrise zu überwinden, musst du in den Spiegel schauen und dir bewusst machen, wer du bist und was du willst. Wenn du versuchst, den Erwartungen anderer zu entsprechen und dich anzupassen, besteht die Gefahr, dass du dich von deiner Trägheit und der Routine leiten lässt. Du musst deine Identität neu definieren und stärken. Denke nach, indem du folgende Übung ausführst:
- Wie möchtest du in fünf Jahren sein?
- Halte deine Stärken auf einem Blatt Papier fest.
- Schreibe deine kurz- und langfristigen Leidenschaften, Träume und Wünsche auf.
- Finde heraus, wo deine Talente liegen und worauf du stolz bist.
- Welche Veränderungen können dir helfen, um deinem wahren Ich näherzukommen?
3. Verbinde dich wieder mit dem, was dir Sinn gibt
Wie der Psychiater Viktor Frankl³ sagte, liegt der Sinn des Lebens darin, ein Warum zu haben. Erst dann findest du ein Wie. Wer sich frei und motiviert fühlt, kann Veränderungen herbeiführen, um sich seine eigene Realität zu schaffen.
Der erste Schritt, um eine Lebenskrise zu überwinden, liegt also darin, dem Hier und Jetzt Sinn zu geben.
- Frag dich, was dir in diesem Moment ein gutes Gefühl gibt und dich als Person erfüllt.
- Denke daran, dass sich jeder Mensch verändert und dass das, was dich vor ein paar Jahren oder Monaten motiviert hat, heute vielleicht bedeutungslos ist.
4. Nimm dir eine Auszeit, um neue Perspektiven zu entdecken
In einer Lebenskrise kann einige Tage Distanz vom Alltäglichen und Gewöhnlichen sehr hilfreich sein. Brich mit der Routine. Nimm dir etwas Zeit in der Einsamkeit, um dich wieder mit dir selbst zu verbinden und aus der Ferne einen Blick darauf zu werfen, wo du stehst. In diesen Momenten ohne Druck ist alles leichter zu verstehen.
Wenn du den Lärm zurücklässt, der durch soziale Netzwerke, Umwelt, Gesellschaft und verzerrte Botschaften entsteht, kannst du dich auf das Wesentliche konzentrieren. Ein paar Tage digitaler Entzug und Einsamkeit sind heilsam und auch aufschlussreich.
5. Akzeptiere deine Gefühle, um dein Verhalten zu ändern
Eine von der American Psychological Association veröffentlichte Studie weist darauf hin, dass Krisen mit dem Gefühl der Sterblichkeit, dem Vermächtnis und der Leistung zu tun haben. Eines Tages kommt ein Zeitpunkt, an dem wir Bilanz ziehen über das, was wir erreicht haben und was unbewältigt auf der Strecke geblieben ist.
- Jede Krise wird von Gefühlen wie Verlust, Enttäuschung und Traurigkeit begleitet, die es wert sind, akzeptiert zu werden.
- Negativen Gefühlen Raum zu geben, bedeutet nicht, dass sie dich kontrollieren. Es bedeutet, ihnen Präsenz zu geben, um ihre Botschaften zu verstehen und Veränderungen im Einklang mit diesen Forderungen vorzunehmen.
- Eine Lebenskrise zwingt dich zu Veränderungen. Du musst neue Wege gehen und deine Komfortzone verlassen.
- Kleine Veränderungen können große Veränderungen bewirken. Überlege dir, welche Entscheidungen du treffen kannst, um dich besser zu fühlen und ein spannenderes Zukunftsprojekt zu verwirklichen.
6. Übe dich in Dankbarkeit
Um eine Lebenskrise zu überwinden, sind nicht nur neue Ziele wichtig, sondern auch Dankbarkeit. Manchmal vergessen wir die kleinen Dinge, da wir von Stress und Angst dominiert werden.
Sei dankbar dafür, dass es in deinem Leben Personen gibt, die du liebst; dankbar für einen Spaziergang, eine Umarmung, eine inspirierende Landschaft oder eine gute Lektüre. Während du deinen Weg definierst und Entscheidungen triffst, solltest du dankbar für deinen bisherigen Weg sein, auf dem du viel gelernt hast.
Noch ein interessanter Beitrag: Das ABC-Verhaltensmodell, ein Werkzeug für Veränderungen
Neue Menschen in einer Lebenskrise kennenlernen
In einer Lebenskrise benötigen wir frische Luft und neue Ideen, die uns Kraft und Motivation geben. Wenn du Zeit mit anderen Menschen verbringst, die neue Perspektiven, Interessen und Illusionen mitbringen, fällt es dir einfacher, deinen eigenen Weg zu finden. Nichts ist so inspirierend wie Freundschaften! Öffne die Türen und lerne andere Stimmen und Ansichten kennen, die dir helfen, deine Lebenskrise zu überwinden. Veränderung ist immer möglich.
▶ Lese-Tipps
- Wie man wird, was man ist: Memoiren eines Psychotherapeuten, Irvin D. Yalom, btb 2020
- Unzertrennlich: Über den Tod und das Leben, Irvin D. Yalom, btb 2022
- Über den Sinn des Lebens, Viktor Frankl, Beltz 2021
Alle zitierten Quellen wurden von unserem Team gründlich geprüft, um deren Qualität, Verlässlichkeit, Aktualität und Gültigkeit zu gewährleisten. Die Bibliographie dieses Artikels wurde als zuverlässig und akademisch oder wissenschaftlich präzise angesehen.
- Andrews, M. (2016). The existential crisis. Behavioral Development Bulletin, 21(1), 104–109. https://psycnet.apa.org/fulltext/2016-29917-010.html
- Berra, L. (2021). Existential Depression: A Nonpathological and Philosophical-Existential Approach. Journal of Humanistic Psychology, 61(5), 757–765. https://journals.sagepub.com/doi/abs/10.1177/0022167819834747?journalCode=jhpa
- Heidenreich, T., Noyon, A., Worrell, M., & Menzies, R. (2021). Existential Approaches and Cognitive Behavior Therapy: Challenges and Potential. International journal of cognitive therapy, 14(1), 209–234. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7781171/
- Vos, J., & Vitali, D. (2018). The effects of psychological meaning-centered therapies on quality of life and psychological stress: A metaanalysis. Palliative & supportive care, 16(5), 608–632. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30246682/
- Vötter B. (2019). Crisis of Meaning and Subjective Well-Being: The Mediating Role of Resilience and Self-Control among Gifted Adults. Behavioral sciences (Basel, Switzerland), 10(1), 15. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7016625/
- Yang, W., Staps, T., & Hijmans, E. (2010). Existential crisis and the awareness of dying: the role of meaning and spirituality. Omega, 61(1), 53–69. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/20533648/