Singen macht glücklich, so die Wissenschaft

Singen macht glücklich, so die Wissenschaft
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 12. Oktober 2022

Unter der Dusche, zu Hause, im Auto, während wir Musik hören und niemand uns hört, mit Freunden … ja, Singen macht glücklich. Diese universelle Praxis setzt Serotonin und Oxytocin frei und ist eine Quelle sensationeller Begeisterung, die jedem zur Verfügung steht. Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass auch Menschen mit neurodegenerativen Erkrankungen, wenn sie zum Singen ermutigt werden, in aller Regel mit Freude reagieren und aufblühen.

Edith Piaf sagte, dass Singen ein Weg sei, um in eine andere Welt zu gelangen. Psychologen und Neurowissenschaftler sind jedoch mit dieser Idee nicht ganz einverstanden. Tatsächlich verstehen sie die Musiktherapie als einen Gefühlskanal, um sich mit anderen zu verbinden, um jene Emotionen zu wecken, die uns helfen, intensivere Bindungen zu anderen aufzubauen.

Eine in The Journals of Gerontology  veröffentlichte Studie zeigte zum Beispiel, dass Senioren, die in einem Gemeinschaftschor singen, ein geringeres Gefühl von Einsamkeit verspüren und sich ihre Gesundheit verbessert. Wir können dabei nicht außer Acht lassen, dass diese Bevölkerungsgruppe sehr häufig dem Risiko ausgesetzt ist, an Depressionen im Zusammenhang mit sozialer Isolation zu erkranken.

Daher stärkt etwas so Einfaches wie die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, mit der man an der Musik teilhaben kann, das soziale Netz und erzeugt sehr positive Veränderungen auf emotionaler, kognitiver und physischer Ebene. Es sollte auch beachtet werden, dass so alltägliche Praktiken wie das Singen unter der Dusche für uns selbst als Reset-Knopf dienen, der uns Energie, Glück und eine gute Dosis Positivität schenken kann.

“Ich singe nicht, um glücklich zu sein. Ich bin glücklich, weil ich singe.”

William James

Mann singt im Auto

Singen macht glücklich, denn das Gehirn liebt Musik

Schließlich wird wahres Glück während der einfachsten Handlungen empfunden. Gute Gesellschaft, ein Nachmittag der Ruhe, ein Essen mit Freunden … Auch Singen macht glücklich, und das aus einem so einfachen wie faszinierenden Grund : Unser Gehirn liebt Musik.

  • Man könnte sagen, dass die Liebe zu dieser uralten Kunst etwas sei, das die Menschheit schon immer begleitet habe und das die Wissenschaft wiederum jeden Tag zu erklären versuche.
  • Andererseits erklärt der Musiktheoretiker Leonard Meyer in seinem Buch Emotion and Meaning in Music  (zu Deutsch: Emotion und Bedeutung in der Musik;  noch nicht auf Deutsch verfügbar), dass das Gehirn mit jedem Musikstück eine Art angenehmen Schock erlebe, mit jeder Note, die wir zu singen wagen, wenn wir laut singen.
  • Es ist eine Erfahrung, die uns herausfordert und uns gleichzeitig ein angenehmes Gefühl der Sicherheit gibt.

Darüber hinaus weisen Wissenschaftler darauf hin, dass wir in unseren Ohren die grundlegende Struktur für das Singen finden, das Sacculum. Dieser kleine Teil des Innenohrs reagiert auf die Frequenzen, die beim Singen entstehen, und diese physiologische Reaktion erzeugt Freude. Die Vibrationen versetzen das Gehirn in einen Zustand der Ruhe, der so kathartisch wie nützlich, fast magisch ist.

Singen zur Verbesserung unserer Stimmung

Pablo Picasso sagte, dass man beim Malen und Zeichnen die Augen schließen und singen müsse. Soweit wir erkennen, ist diese Praxis des hohen oder tiefen Gesangs, des Murmelns oder Summens ein wiederkehrender Brauch in vielen von uns, während wir anderen Aufgaben nachgehen. So ist es weitverbreitet, während der Fahrt, beim Sport, beim Aufräumen des Hauses oder sogar auf der Arbeit zu singen.

Singen hebt nämlich die Stimmung. Es setzt Endorphine frei und reduziert den Kortisolspiegel, das Niveau des Stresshormons. Darüber hinaus zeigen Studien, wie eine an der Goethe-Universität Frankfurt am Main durchgeführte, dass Singen unser Immunsystem stärkt und sogar die Atmung, die Flexibilität des Zwerchfells und die Gesundheit der Lunge verbessert.

Einer der bemerkenswertesten Vorteile, auf den wir bereits eingangs hingewiesen haben, ist jedoch der, der bei Menschen mit neurodegenerativen Erkrankungen aufkommt. Darüber hinaus praktiziert beispielsweise die Alzheimer’s Society of America selbst seit Jahren, was sie “Singing for the Brain” nennt. Es wurde dabei festgestellt, dass das Singen die Wachsamkeit von Menschen mit dieser Krankheit verbessert. Es hilft ihnen, sich positiv mit anderen zu verbinden. Sie amüsieren sich, sie lachen, sind offener für Kommunikation und Interaktion. Sie konzentrieren sich mehr auf bestimmte Aufgaben und ihre Stimmung verbessert sich.

Andererseits konnten Experten auf dem Gebiet der geistigen Behinderung wie Tom Shakespeare und Alice Whieldon von der University of East Anglia (England, Vereinigtes Königreich) bestätigen, dass Menschen mit psychischen Problemen von den Gesangsworkshops enorm profitieren. So werden Stress und Ängste abgebaut, persönliche Sicherheit und soziale Kompetenzen erworben.

Frau mit Morbus Alzheimer hört Musik

Wir könnten sagen, dass das Singen jene Übung sei, für die sich unser Gehirn immer belohnt fühlen wird, dass Musik jene Art von Sprache sei, die zu mehr diene als ein rein kulturelles Produkt. Dass sie dieser Raum sei, in dem wir uns alle einig sind, diese Art von Kommunikation, in der Worte nicht gebraucht werden.

Und sie liegt in dem Teil des Gehirns, der bei Krankheiten wie Morbus Alzheimer und Parkinson fast immer intakt bleibt und uns den Kontakt zum Wertvollsten im Menschen ermöglicht: zu seinen Emotionen.


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    • Julene K. Johnson, Anita L. Stewart, Michael Acree, Anna M. Nápoles, Jason D. Flatt, Wendy B. Max, Steven E. Gregorich. “A Community Choir Intervention to Promote Well-being among Diverse Older Adults: Results from the Community of Voices Trial.” The Journals of Gerontology: Series B (First published: November 9, 2018) DOI: 10.1093/geronb/gby132
    • Tom Shakespeare and Alice Whieldon. “Sing Your Heart Out: Community Singing as Part of Mental Health Recovery.” Medical Humanities (First published online: November 25, 2017) DOI: 10.1136/medhum-2017-011195
  • Meyer, Leonard (2001) Emoción y significado en la música. Madrid: Alianza Editorial

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