Falsche Identität in sozialen Netzwerken
Wenn du deinem Image in sozialen Netzwerken zu viel Bedeutung beimisst, dann erschaffst du letztendlich eine virtuelle Figur, die kaum noch etwas mit dir als Person gemein hat. Welche Konsequenzen hat es, wenn du dir eine falsche Identität in den sozialen Netzwerken aufbaust?
Du läufst Gefahr, dass du frustriert wirst. Außerdem kann es passieren, dass du irgendwann nicht mehr weißt, wer du wirklich bist. Das sind nur zwei der möglichen Konsequenzen.
Die virtuelle Welt verleitet uns dazu, unsere Persönlichkeit in Form eines Profils darzustellen, um dadurch mit anderen interagieren zu können. Das Streben nach Aufmerksamkeit in sozialen Netzwerken ist für viele Menschen heute völlig alltäglich geworden. Dafür schlüpfen viele von ihnen in die Rolle einer Person, die sie im wahren Leben gar nicht sind. Sie geben vor, ein Leben zu führen, das oft nicht viel mit ihrem eigenen Leben zu tun hat.
Das Gegenteil der virtuellen Welt ist nicht etwa die reale Welt, sondern vielmehr die Welt, in der wir gerade leben. Im Internet hast du nur selten die Gelegenheit, die Menschen, mit denen du interagierst, wirklich kennenzulernen. Aber letztendlich liegt es an dir, was du von dir preis gibst und welche Informationen du für dich behältst.
Natürlich hast du diese Möglichkeit auch in der physischen Welt. Allerdings sind die Möglichkeiten hier begrenzter. In der virtuellen Welt kannst du beinahe alles online stellen und behaupten, da es meist sehr schwer für andere ist, dies nachzuprüfen.
Dadurch kann sich aus einer an sich kreativen und amüsanten Beschäftigung plötzlich ein ernsthaftes Problem entwickeln. Wenn du in sozialen Netzwerken vorgibst, eine Person zu sein, die du in Wahrheit gar nicht bist, dann kann es im Laufe der Zeit passieren, dass du irgendwann tatsächlich nicht mehr weißt, wer du eigentlich bist.
Unsere falsche Identität in sozialen Netzwerken
Es ist wirklich sehr einfach, sich in sozialen Netzwerken eine falsche Identität aufzubauen. Du kannst jedem, den du virtuell triffst, erzählen, was immer du möchtest. Und das sogar in Echtzeit. Allerdings hat die andere Person keine Möglichkeit, nachzuprüfen, ob das, was du erzählst, auch wirklich stimmt. Genauso verhält es sich mit allem, was du online stellst.
Es ist einfach, in sozialen Netzwerken Dinge zu behaupten oder zu fordern. Allerdings ist dies in der realen Welt etwas völlig anderes. In der virtuellen Welt hast du keine Möglichkeit, die echten Lebensumstände einer Person zu sehen oder herauszufinden, wer der Mensch wirklich ist. Außerdem kannst du nicht nachprüfen, ob das, was im sozialen Netzwerk gesagt wurde, auch mit den tatsächlichen Handlungen der Person übereinstimmt.
All dies sind ideale Bedingungen dafür, dass du deine wirkliche Identität sehr flexibel darstellen und sie je nach Situation anpassen kannst. Ohne, dass du es wirklich bemerkst, wirst du damit beginnen, eine künstliche Person zu erschaffen, die letztendlich deinem Idealbild entspricht. Sobald du dir dieses Fake-Image aufgebaut hast, wirst du damit beginnen, es zu kultivieren und immer weiter auszuschmücken.
Zustimmung und Bewunderung
Die Identität, die du in sozialen Netzwerken aufbaust, zeigt dich stets von deiner “besten” Seite. Außerdem bekommst du für jeden Post, den du online stellst, ein Feedback. Für einige Posts erhältst du sehr viele “Likes”, während andere beinahe unbemerkt und unkommentiert bleiben. Dadurch lernst du sehr schnell, welche Aspekte deiner Identität bei deinen virtuellen “Freunden” besonders gut ankommen und bewundert werden.
Wenn wir uns in sozialen Netzwerken präsentieren und dafür eine falsche Identität erschaffen, so ist dies außerdem eine Möglichkeit, uns mit anderen auf dem “sozialen Markt” zu vergleichen. Einige Menschen sind so in ihrer virtuellen Welt gefangen, dass sie damit beginnen, auch ihr Umfeld nach den gleichen Maßstäben zu bewerten und zu beurteilen. Dadurch bauen sie sich einige künstliche und gleichsam sehr fragile und oberflächliche Beziehungen auf.
Die Zustimmung und die Bewunderung, die in sozialen Netzwerken so häufig bekundet wird, entspringt nur selten einer aufrichtigen Anerkennung. Vielmehr liegt die Ursache für dieses Verhalten in dem eigenen Bestreben, möglichst viele “Likes” und “Follower” zu bekommen.
Viele Internet-Berühmtheiten, die heutzutage Influencer genannt werden, haben ihre Bekanntheit genau aufgrund dieser Mechanismen erlangt. Sie werden in diesem “Marktplatz der Persönlichkeiten” am häufigsten zitiert. Aufgrund ihrer Aussagen und Statements werden sie täglich erneut gefeiert oder durch neue Figuren ersetzt.
Das eigentliche Problem ist die Selbsttäuschung
Soziale Netzwerke sollen Profite generieren. An sich sind sie weder gut noch schlecht. Allerdings bilden sie den Nährboden, auf dem gezielt Gruppendruck ausgeübt werden kann und neue “Trends” gesetzt werden, auch wenn diese für die Menschen und die Gesellschaft nicht immer bereichernd oder nützlich sind.
Außerdem werden hier die oftmals wirklich wichtigen Themen trivialisiert und banalisiert. Beinahe täglich können wir erleben, dass soziale Netzwerke die Menschen mehr spalten als vereinen. Es entsteht eine Mikro-Diktatur von Meinungen. Menschen, die nicht selbstbewusst genug sind, um sich eine eigene Meinung über die Realität zu bilden, werden dadurch verleitet, sich täuschende oder sogar betrügerische Identitäten zu erschaffen.
Darüber hinaus können soziale Netzwerke uns sehr leicht konditionieren. Wenn du dich selber in bestimmter Weise präsentierst und eine falsche Identität dazu erschaffst, dann können daraus übermäßige Gefühle und falsche Erwartungen entstehen. Für manche Menschen ist es dann sehr frustrierend, wenn sie einen Kommentar abgeben und niemand darauf reagiert.
Außerdem entsteht durch dieses Verhalten ein großer, beinahe ironischer Widerspruch. Du isolierst dich durch diese Scheinidentität zunehmend von deinem realen Leben und deiner wirklichen Identität.
Wenn wir in sozialen Netzwerken Themen kommentieren und Dinge mit anderen teilen, dann ist das lediglich ein Weg, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten. Falls du dich aber zu viel mit diesen Medien beschäftigst und zu viel Zeit mit und in ihnen verbringst, dann wirst du irgendwann nicht mehr wissen, wer du wirklich bist. Außerdem entgeht dir zunehmend die wertvolle Möglichkeit, echte und tiefe Freundschaften aufzubauen und dich als der Mensch auszudrücken, der du wirklich bist.
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- Ruiz, V. R., Oberst, U., & Carbonell-Sánchez, X. (2013). Construcción de la identidad a través de las redes sociales online: una mirada desde el construccionismo social. Anuario de psicología, 43(2), 159-170.