Everything Everywhere All at Once: eine Reflexion über das Leben

Evelyn Wang, eine Wäschereibesitzerin, ist eine Frau, die durch Familienprobleme und Herausforderungen mit dem Finanzamt gestresst ist. Plötzlich wird sie in ein kosmisches Chaos gestürzt, das faszinierende Metaphern verbirgt. Erfahre mehr über diesen Film, der mit sieben Oscars ausgezeichnet wurde.
Everything Everywhere All at Once: eine Reflexion über das Leben
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 08. April 2023

Chaotisch, wunderbar, überwältigend, eine filmische Absurdität, eine Symphonie der Kreativität und ein galaktisch-kognitiver Albtraum. Der oskarisierte Film Everything Everywhere All at Once des Duos Daniel Kwan und Daniel Scheinert verbirgt hinter dem scheinbaren Surrealismus eine stark psychologische und moralische Struktur. Die bittersüße Geschichte einer Frau, deren Träume sich nicht erfüllen,  zeigt uns den Kampf einer Einwandererfamilie in der chaotischen Welt des 21. Jahrhunderts. Er lädt uns zur Reflexion über Beziehungen, Depressionen und unsere Existenz ein.

Dieses metaphysische audiovisuelle Abenteuer ist eine suggestive Übung für unsere Neuronen, die es verdient, analysiert zu werden.

“Everything Everywhere All at Once” erzählt eine spannende Geschichte über all die Möglichkeiten, die uns das Leben bietet und über das wirklich Wichtige, das wir oft nicht sehen.

Everything Everywhere All at Once: eine Reflexion über das Leben
Evelyn Wang (Michelle Yeoh) irrt durch mehrere Universen, bis sie sich ihrer eigenen Existenz und ihrer Bedürfnisse bewusst wird.

Everything Everywhere All at Once: Die Geschichte von Evelyn Wang

Der Film, der zur Überraschung vieler bei der letzten Oscar-Gala triumphierte, wurde von dem unabhängigen Studio A24 produziert. Als Everything Everywhere All at Once 2022 auf dem South by Southwest Filmfestival in den USA uraufgeführt wurde, machte sich niemand große Gedanken über diese verrückte Komödie, die unendlich viele Genres miteinander vermischt und den Zuschauer einer intensiven Reizüberflutung aussetzt.

Dennoch wurde der Film mit verschiedenen Preisen ausgezeichnet und erhielt 2023 sieben Oscars. Die Geschichte dreht sich um Evelyn Wang (Michelle Yeoh), eine chinesisch-amerikanische Einwanderin, die einen Waschsalon betreibt und deren persönliche Existenz manchmal ins Wanken gerät. Ihr Leben ist nicht aufregend, ihre gescheiterten Träume wiegen schwer.

Das Finanzamt bedroht sie, sie versucht, den Ansprüchen ihres Vaters gerecht zu werden, streitet ständig mit ihrem Ehemann und versteht sich nicht mit ihrer Tochter. Die fehlende Harmonie zwischen Mutter und Tochter belastet Evelyn am meisten. Alles wird noch komplizierter, als sie sich mit Deirdre (Jamie Lee-Curtis), einer Angestellten des Finanzamts, treffen muss.

Was lehrt uns der Film?

Der Film überschreitet die Schwelle des Erstaunlichen in dem Moment, als Evelyn Wang zum Finanzamt geht. Plötzlich bricht das Zeit-Raum-Gleichgewicht zusammen und sie entdeckt, dass ihr schüchterner Mann in Wirklichkeit ein Weltraumagent ist, der sie zum Kampf gegen einen vermeintlichen Dämon auffordert: Jobu Tupaki. Die Szene um sie herum verwandelt sich plötzlich in eine Kampfsportszene. Aber das ist nur der Anfang.

Das Erstaunliche ist, dass dieser Film alle nur denkbaren Genres und Emotionen vereint. Die Protagonistin springt im Zickzackkurs von einem Universum zum anderen und erlebt dabei erstaunliche Abenteuer. Evelyn durchquert verschiedene Realitäten und viele davon erinnern sie an ihre einstigen Träume. Sie wollte Filmstar, Sängerin, Köchin usw. werden. Der Mix aus Surrealismus und Transzendenz, aus Profanem und Tiefgründigem erzeugt verschiedene Metaphern, wobei sich eine besonders hervorhebt. Diese Metapher über die psychische Gesundheit betrachten wir anschließend etwas genauer.

1. Im Leben geht es um Entscheidungen

Die ganze Kosmogenese um die Hauptfigur kreist um eine Idee: Jene Entscheidungen, die wir zu einem bestimmten Zeitpunkt treffen, definieren uns. Doch nicht alle bringen uns Glück. Michelle Yeoh erinnert uns daran, dass viele Entscheidungen enttäuschend enden. Wie viele chinesische Einwanderer sehnte sie sich nach dem amerikanischen Traum, der sich nie erfüllte. Ihr Vater betrachtet sie als Versagerin, ihre Ehe steht kurz vor dem Aus und auch die Beziehung zu ihrer Tochter ist kompliziert.

2. Das Monster der Depression

In Everything Everywhere All at Once geht es auch um die psychische Gesundheit. Evelyn muss ich in den verschiedenen Universen einem vermeintlichen Dämon stellen. Dieses Wesen versucht, die bestehende Realität, alles Bekannte zu zerstören. Der Dämon Jobu Tupaki, gegen den die enttäuschte Frau kämpft, ist ihr jedoch vertraut: Er verkörpert ihre Tochter Joy (Stephanie Hsu), die vor dem Abgrund der Depression steht und Suizidgedanken hat.

Viele chinesische Einwandererfamilien entwickeln Depressionen. Eine Studie der Harvard Medical School aus dem Jahr 2021 sowie andere Forschungen zeigen, dass ihnen oft das Vokabular fehlt, um ihre schwierigen Emotionen auszudrücken. Dieser Film ist eine Metapher, die auf den alltäglichen Stress und das leidvolle Chaos hinweist, die wir nicht zu sehen vermögen. Wie die Mutter, die das Leid ihrer Tochter nicht wahrnimmt, da sie versucht, ihre eigene Realität zu bewältigen.

“Ich weiß, dass du viel um die Ohren hast, aber nichts könnte wichtiger sein… als dieses Gespräch, das wir gerade führen… über das Schicksal… jeder einzelnen Welt in unserem unendlichen Multiversum.”

Waymond Wang

3. Generationenübergreifende Traumata

Wir erleben, wie Evelyn ihr Leben missbilligt, ihre Entscheidungen und sogar ihre sexuelle Orientierung kritisiert. Die Art und Weise, wie die Protagonistin ihre Tochter behandelt, hängt damit zusammen, wie sie selbst von ihrem Vater behandelt wurde. Das generationenübergreifende Trauma ist eine weitere Variable in diesem Spiel der Multiversen.

Ihr Vater ist die anspruchsvolle und autoritäre Figur, von der sie abgelehnt wurde, als sie sich entschied, Waymond (Ke Huy Quan) zu heiraten und in die Vereinigten Staaten auszuwandern. Evelyn projiziert schließlich ihre eigene Erfolglosigkeit auf ihre Tochter. Eine Studie der Mount Sinai School of Medicine in New York weist darauf hin, dass Traumata an die nächsten Generationen weitergegeben werden können, so wie wir es in diesem Film sehen.

Everything Everywhere All at Once: Die Geschichte von Evelyn Wang
Everything Everywhere All at Once zeigt verschiedene Probleme auf, mit der viele chinesische Einwandererfamilien konfrontiert werden.

4. Liebe und radikale Akzeptanz

All die metaphysischen Spiele und Raum-Zeit-Verdrehungen enden und finden ihre Harmonie, sobald Evelyn das Monster (ihre Tochter) umarmt. Damit endet ihre Selbstzerstörung und ihre Leere. Das Leben ist voller Entscheidungen, aber inmitten dieses Sammelsuriums von Möglichkeiten haben wir alle die Macht, uns für das zu entscheiden, was wir wollen, um das zu erhalten, was uns Sinn und Kraft gibt, beispielsweise die Familie.

Fazit

Everything Everywhere All at Once verliert sich vielleicht zu sehr in technischen Spielereien und dem erzählerischen Wahnsinn. Dieser vielfach ausgezeichnete Film kann in den ersten Minuten enttäuschend scheinen, doch es lohnt sich, geduldig zu sein und die inspirierenden Ideen zu würdigen. Wie im Leben geht es darum, die Ruhe inmitten des Chaos zu finden.


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  • Yehuda, R., & Lehrner, A. (2018). Intergenerational transmission of trauma effects: putative role of epigenetic mechanisms. World psychiatry: official journal of the World Psychiatric Association (WPA)17(3), 243–257. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6127768/

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