Wie lange leben Neuronen?

Die Zellen in unserem Körper werden ständig produziert und zerstört, aber die Neuronen im Gehirn nicht. Laut einer aktuellen Studie könnten sie unendlich lange leben...
Wie lange leben Neuronen?
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 09. April 2023

Die Antwort auf die Frage nach der Lebensdauer einer Nervenzelle lautet höchst wahrscheinlich “nicht sehr lange”. Die meisten stellen sich vor, dass Gehirnzellen mit der Zeit zerstört werden oder verloren gehen, insbesondere bei ungesunden Lebensgewohnheiten. Faktoren wie Rauchen, Bewegungsmangel oder ungesunde Ernährungsgewohnheiten spielen dabei natürlich eine Rolle. Doch wie lautet die Antwort auf die Frage “Wie lange leben Neuronen?” tatsächlich?

Lorenzo Magrassi, ein Neurochirurg an der Universität Pavia, revolutionierte vor fast einem Jahrzehnt die Welt der Wissenschaft mit seiner Aussage, dass Neuronen sehr viel länger leben als wir uns denken, denn der Schlüssel liegt im Körper selbst, der sie beherbergt. Wenn wir eine Lebenserwartung von 150 oder 160 Jahren bei guter Gesundheit erreichen könnten, würden auch unsere Neuronen noch immer leben.

Wir wissen, dass beim Tod eines Menschen ein großer Teil der Neuronen noch intakt sind. Tatsächlich sind es immer noch die gleichen, mit denen er zur Welt gekommen ist. Erst wenn die Lebenszeichen des Körpers fehlen, sterben auch die Neuronen. Das eröffnet eine Hypothese über mögliche Zukunftsszenarien.

Wissenschaftler gehen davon aus, dass Neuronen in einem gesunden Körper unendlich lange leben können.  

Wie lange leben Neuronen?
DasAbsterben von Das Absterben der Neuronen ist nicht nur auf die Alterung des Gehirns zurückzuführen.

Wie lange leben Neuronen? Länger als du denkst!

Die Neuronen in deinem Gehirn haben dasselbe Alter wie du selbst, während die Zellen in deinem Körper viel jünger sind. Wir wissen zum Beispiel, dass Knochengewebe alle 10 Jahre vollständig ersetzt wird und dass die Haut jeden Tag Millionen von Zellen verliert, wir aber jeden Monat neues Hautgewebe bilden.

Etwas Ähnliches passiert im Magen, da er aufgrund seiner sauren Umgebung gezwungen ist, die Zellen, die ihn auskleiden, ständig zu erneuern. Im Grunde genommen zeigt der Körper eine beneidenswerte zelluläre Jugendlichkeit, dank der wir grundlegende Prozesse ausführen, die unser Überleben sichern. Das Ein Teil der Neuronen im Gehirn ist jedoch bereits bei unserer Geburt vorhanden. 

Sie werden geboren, wenn wir geboren werden und sterben, wenn wir sterben. Wenn wir nun ein wenig abschweifen und uns mit transhumanistischen Theorien beschäftigen, könnten wir uns folgende Frage stellen: Was würde passieren, wenn wir unseren Körper mit bionischer Technologie verbessern und es schaffen würden, Tod und Krankheit zu überlisten? Die Antwort ist einfach: Unsere Neuronen würden gesund bleiben.

Neuronen haben keine festgelegte Lebensspanne, sie könnten ewig überleben

Lorenzo Magrassi ist Neurochirurg an der Universität Pavia und Autor einer 2013 in der Zeitschrift PNAS veröffentlichten Studie. In dieser Arbeit betont Magrassi die Idee, dass die Lebensdauer eines Neurons vom Zustand des Körpers abhängt, in dem es sich befindet. Seine Experimente mit Mäusen ergaben überraschende Ergebnisse.

Er implantierte Neuronen aus einem Mäusegehirn in ein anderes. Sie wurden dadurch nicht nur nicht zerstört, sondern hatten auch eine Lebenserwartung, die der ihres Wirts entsprach. Sie lebten 36 Monate länger, bis die Maus entsprechend ihrer durchschnittlichen Lebensspanne starb.

Dr. Magrassi wies darauf hin, dass Neuronen eigentlich keine feste Lebensspanne haben, sondern ewig leben könnten, wenn sie sich in einem Körper befinden, der die richtigen Bedingungen dafür bietet. Mit anderen Worten: Es gibt keine genetische Programmierung, die bewirkt, dass Neuronen ab einem bestimmten Alter anfangen, sich selbst zu zerstören. Es sind unser Lebensstil und Krankheiten, die dafür verantwortlich sind.

Und was ist mit dem Altern?

Wir kennen jetzt die Antwort auf die Frage, wie lange Neuronen leben: im Durchschnitt genauso lange wie wir, zumindest ein Teil. Zwar haben wir alle schon einmal von der Neurogenese gehört, also der Fähigkeit bestimmter Neuronen, sich zu regenerieren, aber das passiert nur in wenigen Hirnregionen.

Die Neuronenregeneration findet vorwiegend im Hippocampus statt, dem Bereich, der für Gedächtnis und Lernen zuständig ist, aber das ist nicht die Regel. An dieser Stelle fragen sich vielleicht nicht wenige, was mit dem Altern passiert: Werden Neuronen nicht zerstört, wenn wir älter werden? Die Wahrheit ist, dass es Nuancen gibt.

Ein Forschungsteam der Universität von North Carolina unterstützt in einer Studie die Aussagen von Dr. Magrassi: Das Absterben von Neuronen ist die Folge von neurodegenerativen Erkrankungen wie Demenz, aber auch von infektiösen, traumatischen, immunologischen und entzündlichen Erkrankungen.

Neuronen im Gehirn eines Mannes
Es sind Krankheiten, die mit dem Altern einhergehen, die Neuronen zerstören, aber ohne sie würden sie in perfektem Zustand bleiben.

Wie lange Neuronen leben, hängt von unserem Lebensstil ab…

Das Leben einer Nervenzelle hängt von Aspekten ab, die wir nicht immer kontrollieren können, beispielsweise von der Entwicklung einer Krankheit. Es gibt jedoch auch Faktoren, die wir beeinflussen können: Ernährung, Bewegung, Neues lernen, soziale Kontakte…

Die Wissenschaft beschäftigt sich auch intensiv mit dem Ziel, unsere Lebenserwartung zu verlängern. Eine gute körperliche Verfassung und die Vermeidung von Krankheiten und Beschwerden sind die Voraussetzung, die durch Gentechnik, Biotechnologie und Medizin erreicht werden sollen. Wenn Wissenschaflter dieses Ziel erreichen, werden auch unsere Neuronen länger leben.


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  • Magrassi, L., Leto, K., & Rossi, F. (2013). Lifespan of neurons is uncoupled from organismal lifespan Proceedings of the National Academy of Sciences, 110 (11), 4374-4379 DOI: 10.1073/pnas.1217505110
  • Yanuck SF. Microglial Phagocytosis of Neurons: Diminishing Neuronal Loss in Traumatic, Infectious, Inflammatory, and Autoimmune CNS Disorders. Front Psychiatry. 2019 Oct 3;10:712. doi: 10.3389/fpsyt.2019.00712. PMID: 31632307; PMCID: PMC6786049.

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