Es ist in Ordnung, wenn du noch nicht aufstehen kannst
Mach dir keine Sorgen, wenn du heute nicht mit allem fertig wirst. Es ist in Ordnung, wenn du noch nicht aufstehen kannst: Nimm dir deine Zeit. Vergiss nicht, dass gebrochene Menschen lose Teile haben, die infiziert sein können, und dass diese beim Gehen, Atmen und sogar beim Denken schmerzen. Entspanne dich, bereite dich auf den Kampf vor. Umarme deine Wunden und nach und nach wird sich dein Körper leichter und deinen Geist stärker fühlen.
Albert Ellis pflegte zu sagen, dass einer der Automatismen, den wir jedes Mal anwenden, wenn wir eine Enttäuschung, einen Verlust oder ein traumatisches Ereignis erleiden, darin liege, uns selbst die Schuld zu geben. Häufig projizieren wir eine gewisse Verachtung auf uns selbst, weil wir nicht in der Lage seien, mit unserem Leben umzugehen, nicht genug Mut aufbringen, um morgens aufzustehen, und nicht die Courage haben, uns bestimmten Situationen und Umständen zu stellen.
Nimm dir so viel Zeit, wie du brauchst, um zu heilen. Denn das Leben ist eine Reise, auf der niemand weiß, wann er ankommen wird. Aber es ist sicher, dass er zu dieser anderen Station gelangen wird: der Station der Ruhe, des inneren Friedens und des Wohlbefindens.
Es ist, als würden wir versuchen zu laufen, nachdem wir uns den Fuß verstaucht haben. Wir werden wütend, weil wir Schmerz empfinden und nicht so schnell gehen können, wie unser Verstand es sich wünschen würde. Wir ignorieren die Tatsache, dass es da eine Verletzung gibt, die behandelt werden sollte, dass wir Ruhe und eine passende Therapie brauchen, und vor allem müssen wir uns darüber bewusst werden, dass wir eine Zeit lang nicht gehen, geschweige denn laufen können …
Nimm dir deine Zeit, aber nutze sie gut
Nimm dir so viel Zeit, wie du brauchst, und nicht so viel, wie andere dir sagen. Denn folgt seinem eigenen Rhythmus, jeder braucht seine eigenen Richtlinien, wendet individuelle Strategien an, um ein inneres Erwachen zu erreichen. Dies zu verstehen ist essenziell, denn heutzutage gehen wir von bestimmten Irrglauben aus, die uns daran hindern, einen authentischen Heilungsprozess zu beginnen.
Wie in einem interessanten Artikel in der Zeitschrift Perspectives on Psychological Science aufgezeigt wird, wurde in den letzten Jahren die Idee popularisiert, dass Menschen von Natur aus sehr belastbar seien. Man sagt uns oft, dass die Zeit alle Wunden heile und dass wir unser Gehirn nur arbeiten lassen müssen, damit allmählich jene innere Kraft entstehe, mit der wir alle Stressfaktoren auflösen können, um jede widrige Situation zu überwinden. Doch das ist falsch.
Die Zeit an sich heilt weder Wunden noch haben wir einen Autopiloten, der uns hilft und auf den Weg der Resilienz führt. Daher sagen uns die Forscher, die diesen Artikel verfasst haben, dass uns diese Art von Ideen in ein Szenario authentischer psychologischer Passivität versetze und wir somit unwiederbringlich im Treibsand münden, wo wir eine Heilung erwarten, die jedoch niemals eintrete.
Ideen über psychologische Heilung, die wir nicht glauben sollten
Sowohl die Populärpsychologie als auch gewisse spirituelle Schulen neigen dazu, Irrglauben in uns zu säen, die weit von dem entfernt sind, was die Wissenschaft längst weiß. Unter der Annahme, dass viele dieser Konzepte unsere psychologische Heilung behindern können, ist es notwendig, einige dieser Mythen genauer zu betrachten. Und zwar folgende:
- Die Zeit heilt alle Wunden. ⇔ Sie heilt das, was wir während dieser Zeit verarbeiten.
- Kein Schmerz währt mehr als drei Monate. ⇔ Jeder Mensch benötigt eine gewisse Zeit, um sich einem Verlust oder einer sentimentalen Trennung zu stellen.
- Starke Menschen können mit allem umgehen. ⇔ Was versteht man unter starken Menschen? Eine Person von außen als “stark” zu bezeichnen, kann diese dazu zwingen, sich so schnell wie möglich besser zu fühlen, was sehr gefährlich sein kann.
- Wir sind alle belastbar. ⇔ Resilienz arbeitet und entwickelt sich basierend auf unseren Eigenschaften und Bedürfnissen und ist eine individuelle Angelegenheit. Es handelt sich dabei nicht um ein spontanes Erwachen, es ist eher ein Handwerk, das man täglich üben muss. Resilienz kann nicht nur in dringenden Momenten genutzt werden.
Nimm dir Zeit für deinen Winterschlaf, deine Zeit zur Heilung
Zu Beginn des Artikels haben wir mit Bezug auf Albert Ellis gesagt: Menschen werden wütend auf sich selbst, weil sie nicht so schnell heilen, weil sie nicht so schnell rennen können, wie sie es gern tun würden und weil sie nicht in der Lage sind, so zu sein wie zuvor. Wenn das so ist, dann deshalb, weil wir in einer Welt leben, in der wir ständig aufgefordert werden, immer gut zu funktionieren, um ein Bild von unberührtem und blendendem Glück zu verkaufen.
Das Leben kommt jedoch nicht mit Instagram-Filtern daher, die unsere Stimmung mit einem einzigen Klick verbessern könnten. Eine solche Aufgabe erfordert Zeit und Arbeit und vor allem eine bewusste Vorgehensweise. Daher zeigen wir euch zwei einfache Strategien, um dies zu erreichen:
- Nimm dir Zeit für einen Winterschlaf. Es geht nicht darum, zu schlafen und isoliert zu sein, sondern darum, einen der Vorteile dieses physiologischen Prozesses zu nutzen, den die Tiere, die Winterschlaf betreiben, in die Praxis umsetzen: Sie sparen Energie. Wenn dein Körper nicht mehr kann, wenn dein Geist erschöpft ist, dann ruhe dich aus. Höre auf, andere Menschen als oberste Priorität zu behandeln und lass den Lärm außen vor, um deine inneren Bedürfnisse erkennen zu können.
- Nimm dir deine Zeit, um zu heilen. Nimm dir so viel Zeit, wie du brauchst, und nicht so viel, wie andere dir sagen. Verstehe, dass Heilung keine Reise mit Abfahrts- und Ankunftsdatum ist, sondern ein Prozess, ein Spaziergang ohne Gemütlichkeit, bei dem man nicht auf die Landschaft oder das, was uns umgibt, blicken muss. Der Blick ist auf das eigene Wesen gerichtet.
Zu guter Letzt dürfen wir nicht vergessen, dass es in diesem Heilungsprozess besser ist, den Weg in guter Begleitung zu gehen. Man muss gute Reisebegleiter auswählen. Am besten man sucht sich einen Fachmann, der einem in diesem Prozess leitet, den Weg erleichtert und hilft, zu verstehen, dass wir wieder lernen müssen zu gehen, bevor wir wieder frei laufen können.
Dies zu erreichen ist möglich. Es wird Zeit brauchen, aber wir werden dieses Ziel erreichen.