Der polyphasische Schlaf und die Kreativität des Geistes

Leonardo da Vinci hatte ganz besondere Schlafgewohnheiten: Er hielt alle vier Stunden ein 20-minütiges Nickerchen, um produktiver zu sein. Dieses Schlafmuster nennt sich polyphasischer Schlaf. Erfahre heute mehr darüber.
Der polyphasische Schlaf und die Kreativität des Geistes
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 25. April 2023

Der polyphasische Schlaf ist charakteristisch für bekannte Genies wie Nikola Tesla, Albert Einstein, Mozart, Voltaire, Balzac, Thomas Edison, Winston Churchill oder Sigmund Freud. Wir sprechen von einem mehrphasigen Schlafmuster, das sich auf den Tag verteilt. Im Gegensatz dazu stehen der biphasische Schlaf, der zusätzlich zur Nachtruhe ein mittägliches Nickerchen umfasst und der monophasische Schlaf mit einer einzigen Schlafphase. Diese beiden Schlafmuster sind bei Erwachsenen typisch.

Der polyphasische Schlaf gilt jedoch als ausgezeichnete Strategie, um die Produktivität zu steigern. Die Tatsache, dass brillante Köpfe dieses Schlafmuster nutzten, ist für viele Grund genug, um den Tagesablauf entsprechend anzupassen. Doch ist der mehrphasige Schlaf gesund? Wir untersuchen dieses Thema heute etwas ausführlicher und geben Antworten auf diese und andere Fragen.

Der polyphasische Schlaf und die Kreativität des Geistes

Der polyphasische Schlaf

Das Ziel des mehrphasigen Schlafs ist nichts anderes als die Wachphasen zu verlängern und dafür mehrmals kurz und konzentriert zu schlafen. Dies ist gar nicht so einfach, denn die meisten Menschen sind daran gewöhnt, mindestens sechs bis sieben Stunden am Stück zu schlafen und in ein tiefes Traumuniversum einzutauchen.

Viele Menschen sind jedoch ruhelos und hyperaktiv, sie betrachten Schlaf als Zeitverschwendung. In all diesen Stunden, die wir schlafend verbringen, könnten wir nützlichere Dinge tun. Oder etwa doch nicht? Der polyphasische Schlaf bezweckt, durch die Veränderung des Schlaf-Wach-Zyklus die Leistung zu verbessern.

Benjamin Franklin pflegte zu sagen, dass “wer früh zu Bett geht und noch früher aufsteht, weise und reich ist”. Diese Aussage wäre tatsächlich interessant, wenn der berühmte Politiker, Erfinder und Wissenschaftler nicht ein kleines Detail übersehen hätte: Wer wenig schläft, wacht müde auf und wird eher krank.

Monophasischer, biphasischer und polyphasischer Schlaf

Jeder Mensch hat seine eigenen Vorlieben, auch wenn es um den Schlaf geht. Manche schlafen liebend gerne lange und stehen spät auf, andere hingegen fragmentieren ihren Schlaf und es gibt auch Kurzschläfer, die bereits nach wenigen Stunden leistungsfähig und ausgeruht sind. Wie anfangs bereits erwähnt, unterscheiden Experten drei verschiedene Schlaf-Typologien:

  • Monophasischer Schlaf: Es handelt sich um das “gewöhnliche” Schlafmuster, das die meisten Personen pflegen, und zwar zwischen sechs und neun Stunden am Stück.
  • Biphasischer Schlaf: Auch dieses Schlafmuster ist vielen sehr vertraut: Zusätzlich zu vier bis sechs Stunden Schlaf am Stück (oder auch mehr) pflegen viele ein kurzes Nickerchen nach dem Mittagessen.
  • Polyphasischer Schlaf: Hier sieht das Schlafmuster anders aus: Der Schlaf dauert nie länger als drei Stunden, dafür erfolgen vier bis sechs Schlafperioden, die über den Tag verteilt werden.

Der polyphasische Schlaf lässt verschiedenste Schlafmuster zu

Leonardo da Vinci, Einstein, Sigmund Freud … All diese Genies hatten unterschiedliche Schlafgewohnheiten, denn der polyphasische Schlaf lässt verschiedenste Muster zu – einige davon sind:

  • Everyman („Jedermann“): Bei dieser Form schläfst du in der Nacht drei Stunden lang (2 REM-Phasen) und machst tagsüber jeweils drei 20-minütige Nickerchen.
  • Uberman („Übermensch“): In diesem Fall dauert der Hauptschlaf zwei Stunden lang, zusätzlich machst du jedoch sechs 20-minütige Nickerchen.
  • Dymaxion: Dieses Schlafmuster umfasst zwei Stunden Hauptschlaf und vier 30-minütige Nickerchen über den Tag verteilt.

Viele finden diese Schlafmuster sehr ansprechend, denn sie schlafen weniger und glauben, dadurch nach dem Motto “Qualität vor Quantität” effektiver zu sein. Die Produktivität ist ein häufiges Argument, doch es gibt auch eine Studie der Universität Ottawa sowie andere Forschungen, die darauf hinweisen, dass der polyphasische Schlaf auf hoher See Vorteile hat: In diesem Kontext können kürzere Ruhezeiten hilfreich sein und gleichzeitig den Schichtdienst erleichtern.

Der polyphasische Schlaf lässt verschiedenste Schlafmuster zu

Ist der polyphasische Schlaf gesund?

Das ist zweifellos der wichtigste Punkt: Hat der polyphasische Schlaf gesundheitliche Vor- oder Nachteile? Verschiedene Faktoren weisen eindeutig darauf hin, dass dieses Schlafmuster gesundheitsgefährdend ist.

  • Eine Studie von Dr. Claudio Stampi sowie andere Forschungsarbeiten zeigen, dass Schlafgewohnheiten mit weniger als sechs bis sieben Stunden am Stück zu einem kumulativen Schlafentzug führen, der gesundheitliche Folgen hat, wobei es unter anderem zu kognitiven Beeinträchtigungen kommt.
  • Schlafmangel kann die Reaktionszeit verlangsamen, was zu Verkehrsunfällen führen kann.
  • Während der Nachtruhe sind im Gehirn zwei Arten von elektrischer Aktivität zu beobachten: langsame EEG-Wellen und Schlafspindel-Frequenzen. Sie sind grundlegend für den Reifungsprozess und die Konsolidierung des Gelernten.
  • Andererseits führt weniger Schlaf zu hormonellen und metabolischen Veränderungen, die das Risiko für chronische Krankheiten wie Diabetes und Fettleibigkeit erhöhen.

Wie können wir das meiste aus unserem Schlaf herausholen?

Obwohl die Befürworter des polyphasischen Schlafs behaupten, dass diese Methode sehr effizient ist, raten wir zu Vorsicht. Du solltest unbedingt auf deine Schlafqualität und dein individuelles Schlafbedürfnis achten, um deine Gesundheit und deine Lebensqualität nicht zu gefährden.

Folgende Tipps helfen dir, ein gesundes Schlafmuster zu entwickeln:

  • Höre auf deinen Körper. Wenn du bei der Umstellung auf einen polyphasischen Schlaf feststellst, dass du am Morgen müde bist, Einschlafprobleme hast oder dich nicht konzentrieren kannst, ist diese Methode für dich wahrscheinlich nicht die beste Lösung. Versuche, abends weniger zu arbeiten und wenn das auch nicht funktioniert, kehrst du am besten zu deinen üblichen Schlafstunden zurück.
  • Ernähre dich gesund. Die Ernährung hat einen großen Einfluss auf viele Aspekte des Lebens, auch auf die Schlafqualität. Versorge dich mit allen Nährstoffen, die dein Körper benötigt und verzichte nachmittags und abends auf koffeinhaltige oder andere anregende Getränke sowie Lebensmittel, um mögliche Einschlafprobleme zu vermeiden.
  • Passe deine Schlafumgebung an. Das Schlafzimmer sollte möglichst dunkel sein, eine angenehme Temperatur aufweisen und störende Geräusche fernhalten.

Vergiss nicht, dass deine Gesundheit und dein Wohlbefinden an erster Stelle stehen und die Schlafdauer und Schlafqualität spielen dabei eine wesentliche Rolle.


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  • Stampi, Claudio (1998)The Effects of Polyphasic and Ultrashort Sleep Schedules, Acta Psychol 27: 436–442
  • Stampi, Claudio (1989) Polyphasic sleep strategies improve prolonged sustained performance: A field study on 99 sailors, Work & Stress, 3:1, 41-55, DOI: 10.1080/02678378908256879
  • Miró E, Cano M, Buela G. Sueño y calidad de vida.  Revista Colombiana de Psicología. 2005; 14: 11-27.

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