Wo liegt der Unterschied zwischen Coaching und Psychotherapie?

Ein Coach kann wertvolle Werkzeuge für Veränderungen liefern. Aber wie sieht es im klinischen Umfeld aus?
Wo liegt der Unterschied zwischen Coaching und Psychotherapie?
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 08. Mai 2023

In schwierigen Zeiten, in denen du nicht weiter kommst, da dich Zweifel plagen, oder wenn du Beziehungsprobleme hast, stellst du dir vielleicht die Frage, ob dir ein Coach oder ein Psychotherapeut helfen könnte. Schließlich fördern beide das persönliche Wachstum. Tatsächlich haben Coaching und Psychotherapie Gemeinsamkeiten, es handelt sich jedoch um unterschiedliche Berufszweige, die nicht verwechselt werden dürfen.

Coaching wirkt sich positiv auf verschiedene Bereiche der Kompetenzentwicklung und Leistungsfähigkeit aus, ist jedoch keine klinische und gesundheitliche Wissenschaft. Traumata, emotionales Leid, Entmutigung, Krisen und Trauer erfordern spezifische psychologische Behandlungen. Tatsächlich gibt es zwischen den beiden Bereichen große Unterschiede. Erfahre mehr darüber.

Der Hauptvorteil von Coaching ist, dass es ein kurzfristiges, lösungsorientiertes und unterstützendes Beratungsmodell ist.

Coaching oder Psychotherapie?
Coaching ist eine hervorragende Ressource für beruflichen Erfolg und die persönliche Entwicklung.

Funktioniert Coaching wie eine Therapie?

Der Begriff Coaching erlangte in den 1990er- und 2000er-Jahren besondere Bekanntheit. Er tauchte primär in der Wirtschaft als Strategie für die Kompetenzentwicklung von Mitarbeitern und die Ausbildung von Führungskräften auf und war ein durchschlagender Erfolg. Die Methoden weiteten sich ständig aus, um sich in verschiedenen Szenarien zu positionieren. Heute kommt Coaching nicht nur im beruflichen, sondern auch im persönlichen Bereich zum Einsatz.

In einer Zeit, in der psychische Gesundheitsprobleme ein wahres Problem sind, können alternative Ressourcen zur traditionellen Psychotherapie hilfreich scheinen. Aber kann Coaching tatsächlich eine Therapie ersetzen?

1. Kein klinisches oder therapeutisches Modell

Coaching ist eine unregulierte und undefinierte Branche. Obwohl es internationale Gremien gibt, die ausbilden, theoretisieren und trainieren, bleiben viele Fragen unbeantwortet. Die Stanford University hat sich unter der Leitung von Elias Aboujaoude im Jahr 2020 mit diesem Thema befasst, um einige Klarstellungen zu treffen.

Coaching ist ein guter Weg, um Veränderungen zu aktivieren und eine Person auf Ziele auszurichten, aber nicht für Interventionen bei kranken Menschen geeignet. Außerdem weist Aboujaoude darauf hin, dass wir mehr Forschung benötigen, um die Wirksamkeit zu belegen und die Rolle des Coaches zu regeln.

Obwohl Psychologen und Coaches danach streben, das Leben der Menschen zu verbessern, sind nur Psychologen qualifiziert, bei psychischen Problemen zu intervenieren.

2. Ergänzung, jedoch kein Ersatz

Die Duke University in North Carolina führte ebenfalls eine interessante Studie durch. Die Schlussfolgerung: Coaching könnte in bestimmten therapeutischen Kontexten eine Hilfe sein, um bestimmte Ziele zu erreichen. Diese Beratungsmethoden können jedoch eine Psychotherapie nicht ersetzen.

Das “integrative Coaching” ist auf die Zusammenarbeit im Gesundheitsbereich ausgerichtet und kann vorteilhaft sein. Obwohl es kein medizinisches Modell ist, fördert es Verhaltensveränderungen – allerdings zusätzlich zur psychologischen Therapie und den verschiedenen klinischen Modellen, nicht allein.

3. Keine für die psychische Gesundheit ausgebildete Fachkraft

Es gibt Coaches, die Menschen mit depressiven und/oder ängstlichen Symptomen behandeln. Sie können auch Verbesserungen erzielen, was wir auf den Placebo-Effekt zurückführen könnten. Menschen in dieser Situation sind sehr empfänglich und es ist möglich, dass ein Coach helfen kann. Es kann jedoch auch zu Rückfällen kommen, denn hinter einer Depression oder Angstzuständen können andere unbehandelte Komorbiditäten, Gewohnheiten, eine Vergangenheit, unentdeckte Verhaltensweisen und systemische Faktoren stecken.

Ein Coach ist keine für die psychische Gesundheit ausgebildete Fachkraft. 

4. Coaching arbeitet zielgerichtet mit gesunden Menschen

Eine Psychotherapie zielt darauf ab, kranken Menschen, die an bestimmten Symptomen leiden, zu helfen. Coaching hat andere Ziele, nämlich gesunden Menschen auf ihrem Weg und ihrer persönlichen Entwicklung zu helfen, Veränderungen zu erzielen und Ziele zu erreichen.

Psychologen und Psychologinnen sind ausgebildet, um Menschen in emotionaler Not, mit dysfunktionalen Verhaltensweisen und psychischen Störungen zu arbeiten. Trotzdem kann eine Psychotherapie auch ohne Anzeichen für eine Psychopathologie zur Förderung der Selbsterkenntnis hilfreich sein.

Psychologie ist eine Disziplin, Coaching eine Methode mit einem begrenzten und spezifischen Anwendungsbereich. Ein Coach ist nicht in der Lage, Phobien, Traumata oder blockierendes emotionales Leid zu behandeln.

Coaches helfen Menschen, ihre Ziele zu erkennen, zu verfolgen und zu erreichen. Ihr Fokus liegt auf Zielen und Ergebnissen. In der psychologischen Therapie sind die Ziele nicht klar umrissen, sondern werden im Laufe des Prozesses definiert, indem die zugrundeliegenden klinischen Probleme und die wirklichen Bedürfnisse des Patienten ermittelt werden.

5. Coaching ist im beruflichen Umfeld sehr effektiv, jedoch nicht in der therapeutischen Praxis

Coaching ist ein sehr nützliches, interessantes und vielseitiges Arbeitsmodell, das im beruflichen Umfeld erfolgreich zum Einsatz kommt. Diese Methode fördert das Selbstvertrauen und die Motivation, gibt Problemlösungs- und Kreativitätswerkzeuge zur Hand und stärkt eine optimistische Einstellung.

Ein Lebens- und Kompetenzcoach kann jedoch nicht in einem therapeutischen Umfeld arbeiten, da er keine entsprechende Ausbildung hat, um geplante Interventionen zu entwickeln und psychische Probleme zu lösen.

Mann beim Coaching
Der Coach ist eine sehr nützliche Figur, die es uns ermöglicht, unsere Ziele in einem Moment des Zweifels oder des Motivationsmangels zu klären.

Brauchst du Coaching oder eine Psychotherapie?

Wenn es darum geht, den Menschen eine bessere Lebensqualität zu bieten, sind neue Ansätze und spezialisierte Fachleute immer willkommen. Coaching ist zweifellos eine Methode, die vielen Menschen helfen kann, ihren Weg zu finden und ihre Ziele zu erreichen. Liegen jedoch psychische Störungen wie Depression, Trauma, Angstzustände & Co. vor, ist eine Psychotherapie erforderlich.

Jeder Mensch hat unterschiedliche Bedürfnisse und bewegt sich in einer Realität, die spezifische Lösungen notwendig macht. Damit dir die Entscheidung einfacher fällt, kannst du folgende Fragen analysieren.

Brauche ich einen Coach?

Zielorientierte Beratungsmethoden können in der Gruppe oder individuell zum Einsatz kommen. Du kannst damit Folgendes erreichen:

  • Ziele
  • Erfolg
  • Talente entwickeln
  • bessere Führungsfähigkeiten entwickeln
  • neue Fähigkeiten trainieren
  • bessere Entscheidungen treffen
  • Hindernisse erkennen
  • Motivation und Selbstvertrauen fördern

Benötige ich eine Psychologin oder einen Psychologen?

Eine Psychotherapie ist dann empfehlenswert, wenn du psychische Probleme hast, die dein Leben einschränken oder behindern, unter anderem in folgenden Situationen:

  • Trauer
  • Trauma
  • Sucht
  • Ängste und Phobien
  • Persönliche Krisen
  • Stress
  • Emotionales Leid
  • Hoffnungslosigkeit
  • Probleme bei der Arbeit
  • Unsicherheit, geringes Selbstwertgefühl
  • Verhaltensänderungen
  • Suizidgedanken, Selbstverletzung
  • Essstörungen
  • Zwanghafte Gedanken und Ideen
  • Schwierigkeiten in Beziehungen
  • Unfähigkeit, Probleme zu bewältigen
  • Wunsch nach Selbsterkenntnis, Klärung des Ziels

Die Notwendigkeit einer Regulierung der Funktionen

Coaching gibt es schon lange, außerdem steht dahinter eine große Industrie. Deshalb ist es an der Zeit, diese Beratungsmethoden zu regulieren und gewisse Ausbildungsstandards festzulegen. Psychologen unterschätzen das Coaching nicht und lassen sich in verschiedenen Methoden ausbilden. Eine Regulierung könnte jedoch Qualitätsstandards garantieren und eine gute Betreuung gewährleisten.


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