Die dunkle Persönlichkeit und moralische Entscheidungen

Manche Menschen haben dunkle und kalte Charakterzüge. Wie verhalten sie sich, wenn sie vor Entscheidungen stehen, bei denen die Moral eine wichtige Rolle spielt?
Die dunkle Persönlichkeit und moralische Entscheidungen
Gorka Jiménez Pajares

Geschrieben und geprüft von dem Psychologen Gorka Jiménez Pajares.

Letzte Aktualisierung: 11. Mai 2024

Die dunkle Persönlichkeit oder dunkle Triade weist drei problematische Merkmale auf: Narzissmus, Psychopathie und Machiavellismus. Es handelt sich um Menschen, die in ihren zwischenmenschlichen Beziehungen sehr konfliktreich und zwiespältig sind. Sie besitzen kaum Empathie, konzentrieren sich auf ihre eigene Person und haben keine sozialen Fähigkeiten.

In diesem Zusammenhang hat eine neue Studie in der Revista Criminalidad veröffentlichte Studie versucht, den Zusammenhang zwischen der dunklen Triade und moralischen Entscheidungen zu analysieren. Wir skizzieren zunächst kurz die wichtigsten Eigenschaften dieser Persönlichkeit und sehen uns danach die Ergebnisse dieser Studie etwas genauer an.

“Man muss ein Fuchs sein, um Fallen zu erkennen, und ein Löwe, um Wölfe zu erschrecken.”

Machiavelli

dunkle Persönlichkeit
Menschen mit dunklen Persönlichkeiten fehlt es an Einfühlungsvermögen.

Die dunkle Persönlichkeit

Seit Jahren ist bekannt, dass es drei Faktoren gibt, die in Kombination zu einem düstereren Persönlichkeitsprofil führen. Das Konzept der dunklen Triade wurde 2002 von Delroy Paulhaus und Keving Williams entwickelt. Sie beschreiben folgende Merkmale:

1. Narzissmus

Dieses Persönlichkeitsmerkmal bezieht sich auf eine subklinische Dimension. Das bedeutet, dass das Merkmal zwar offensichtlich sein kann, aber keinesfalls so ausgeprägt ist, um die Diagnose einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung zu rechtfertigen.

Narzissmus kann mit einer Metapher erklärt werden: Stell dir einen Seiltänzer vor, der in großer Höhe an einem Faden hängend läuft. So gehen narzisstische Menschen durchs Leben: Auf der einen Seite des dünnen Fadens erscheinen sie grandios, verdienen die höchste Wertschätzung und die größte Bewunderung. Auf der anderen Seite sind sie jedoch Menschen mit einem außerordentlich verletzlichen Selbstwertgefühl.

Narzissmus ist ein Prozess, dessen Ziel es ist, sich selbst zu konstruieren. Die treibende Kraft des Narzissten ist das Bedürfnis nach Selbstbestätigung.

2. Machiavellismus

Das Hauptmerkmal des Machiavellismus ist Zynismus. Das bedeutet, dass sich dunkle Persönlichkeiten nicht schämen, wenn sie lügen. Sie haben keine Prinzipien oder Werte, die sie leiten. Die dunkle Persönlichkeit verfolgt ausschließlich ihre eigenen Ziele und schreckt nicht davor zurück, andere zu manipulieren und als Mittel zum Zweck zu verwenden..

“Zynische Menschen glauben an zwischenmenschliche Manipulation als Schlüssel zum Erfolg im Leben und verhalten sich entsprechend.”

Fernando Renee Gonzalez

3. Psychopathie

Menschen mit Psychopathie haben antisoziale Persönlichkeitsmerkmale. Sie sind unsensibel und kalt gegenüber den Bedürfnissen anderer. Außerdem fehlt ihnen die emotionale Bindung zu ihrem Umfeld oder es fällt ihnen schwer, sich zu binden: Ihre Fähigkeit zur Empathie ist beeinträchtigt. Diese Menschen handeln impulsiv und verstoßen gegen soziale Regeln. Deshalb sind Konflikte keine Ausnahme, sondern die Norm.

“Psychopathie ist durch ein geringes Maß an Freundlichkeit und Verantwortungsbewusstsein gekennzeichnet.”

Fernando Renee González

Was sind moralische Entscheidungen?

Wir können moralische Entscheidungen als den Weg definieren, dem wir folgen, wenn wir über ein Ereignis nachdenken, um zu erkennen, ob die Lösung aus moralischer Sicht richtig oder falsch ist. Die Untersuchung moralischer Entscheidungen erfolgt in der Regel anhand von Dilemmas.

Soziale Dilemmas können in drei Hauptbereiche unterteilt werden:

  • Persönlich, wenn sie sich auf ein Verhalten beziehen, das einer Person oder einer Gruppe direkt schweren Schaden zufügen könnte.
  • Unpersönlich, wenn sie sich auf ein Verhalten beziehen, das jemanden indirekt betrifft.
  • Ohne moralische Bewertung, wenn es um alternative Verhaltensweisen geht, die keinen Schaden verursachen.

Die Entscheidungen, die wir in moralischen Dilemmas treffen, können wiederum utilitaristisch oder nicht utilitaristisch sein. Utilitaristische Entscheidungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie die bestmögliche Lösung für die größte Anzahl der beteiligten Personen anstreben, auch wenn dies bedeutet, dass einigen von ihnen Schaden zugefügt wird. Zum Beispiel, wenn wir zwei Menschen das Leben retten, einer jedoch nicht helfen können. Im Gegensatz dazu bedeuten nicht-utilitaristische Entscheidungen, dass niemandem durch den Bewertungsprozess ein Schaden entsteht.

“Menschen neigen dazu, in nicht-moralischen Dilemmas utilitaristische Entscheidungen zu treffen, während sie in persönlichen oder unpersönlichen Dilemmas eher nicht-utilitaristisch entscheiden.”

Fernando Renee Gonzalez

Stress, die dunkle Persönlichkeit und moralische Entscheidungen

Emotionale Übersättigung ist ein Faktor, der sich auf Entscheidungen in moralischen Dilemmas auswirkt. Wenn ein Reiz aus dem Kontext auftaucht, der unsere Bewältigungskapazitäten übersteigt, entsteht Stress. Dieser Zustand wirkt sich auf die Argumentations- und Entscheidungsfähigkeiten aus. Dies geschieht besonders stark in moralischen Konfliktsituationen und bei Menschen mit dunklen Persönlichkeitsmerkmalen.

“Stress hemmt die kognitive Kontrolle, die nötig ist, um emotionale und automatische Reaktionen zu stoppen.”

Fernando Renee Gonzalez

die dunkle Persönlichkeit
Die dunkle Persönlichkeit neigt dazu, utilitaristische Entscheidungen zu treffen, bei denen das Hauptziel darin besteht, den größtmöglichen Nutzen zu erzielen, auch wenn dies bedeutet, anderen zu schaden.

Veränderungen in der sozialen Kognition

Unter Stressbedingungen zeigen Menschen mit dunklen Persönlichkeitsmerkmalen Defizite in der sozialen Kognition. Mit sozialer Kognition ist die Art und Weise gemeint, wie wir Informationen über andere Menschen verarbeiten und umsetzen. Eine der Schlussfolgerungen der Studie ist, dass Menschen mit diesen Persönlichkeitsmerkmalen dazu neigen, mehr utilitaristische Entscheidungen zu treffen, d. h. es ist ihnen egal, ob sie anderen schaden, wenn sie dadurch einen maximalen Nutzen erzielen.

In diesem Sinne können moralische Dilemmas ein hohes Maß an emotionaler Übersättigung erzeugen, was wiederum Stress produziert. Bei Menschen ohne diese Eigenschaften hemmt emotionaler Stress utilitaristische moralische Entscheidungen. Die dunkle Persönlichkeit ist jedoch bis zu einem gewissen Grad unempfindlich gegenüber diesem emotionalen Stress. Daher neigen diese Personen dazu, moralische Entscheidungen utilitaristisch zu treffen.

Wie bereits erwähnt, ist es für die dunkle Persönlichkeit unwichtig, mit welchen Mitteln sie das Ziel erreicht. Die Unfähigkeit zur Empathie kann eine Rolle bei der emotionalen Gefühllosigkeit dieser Menschen spielen und dazu führen, dass sie sich auf narzisstische und machiavellistische Weise verhalten, wenn es heißt, dass jemand verletzt werden muss, um zu “gewinnen”.

“Die Vorliebe für utilitaristische Entscheidungen kann auch aus dem geringeren Interesse an Moral resultieren, das Menschen mit ausgeprägten Merkmalen der dunklen Triade zugeschrieben wird.”

Fernando Renee Gonzalez


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