Wie werden Ekelgefühle von unserem Gehirn verarbeitet?

Es gibt viele Diskussionen darüber, wie das menschliche Gehirn Glück, Traurigkeit und Angst verarbeitet. Aber wie sieht es mit Ekel aus? Es ist ein Grundgefühl, das oft vergessen wird, aber Ekel hat den Menschen über viele Jahrtausende hinweg geholfen, zu überleben. Erfahre heute mehr zu diesem Thema.
Wie werden Ekelgefühle von unserem Gehirn verarbeitet?
María Vélez

Geschrieben und geprüft von der Psychologin María Vélez.

Letzte Aktualisierung: 09. Februar 2023

Die Verarbeitung von Ekelgefühlen ist eine der grundlegendsten Funktionen des Menschen; sie hat unsere Spezies über mehrere Jahrhunderte hinweg am Leben erhalten. Und obwohl Ekelgefühle in der Psychologie irgendwie in Vergessenheit zu geraten sein scheinen, sind bereits genügend Informationen darüber vorhanden, wie das Gehirn mit diesem Gefühl umgeht.

Wir können Ekel als ein Gefühl starker Abneigung gegen bestimmte Gegenstände oder Substanzen definieren. Es bringt uns dazu, diese abzustoßen, sich von ihnen zu distanzieren oder sie einfach abzulehnen.

Dieses Gefühl ist universell uns wird als eines der sechs Grundgefühle anerkannt, die in allen Kulturen und sogar in solchen mit sensorischen Einschränkungen verbreitet sind. Ekel wird von einem charakteristischen Gesichtsausdruck begleitet: Wir heben unsere Oberlippe, runzeln unsere Stirn oder senken unseren Lippenwinkel.

Darüber hinaus sind auch folgende Reaktionen gängig:

  • eine Abnahme unserer Spannung
  • eine Abnahme der galvanischen Hautreaktion
  • Übelkeit
  • eine Abnahme der Herzfrequenz
  • einem Gefühl der Abneigung
  • die Distanzierung vom Objekt
  • Atemveränderungen
  • charakteristische  Lautäußerungen wie „Ew!”
Ekelgefühle werden von einem charakteristischen Gesichtsausdruck begleitet

Die Natur des Ekels

Erfahrungen haben das menschliche Gehirn geformt, und zwar als Individuum und als Spezies. Heute verfügen wir über ein hoch entwickeltes Immunsystem, doch davor hatten wir eine Art verhaltensbedingtes Abwehrsystem. Dieses grundlegende System diente zum Schutz des Menschen vor Parasiten oder anderen potenziellen Gefahren.

Das Gefühl des Ekels hat den Vorteil, uns vor Krankheiten zu schützen. Allerdings sind auch kulturelle Faktoren sehr wichtig und können Ekelgefühle auslösen oder nicht. Häufig entsteht Ekel durch:

  • Körpersekrete und Körperteile: Kot, Speichel, Blut, Wunden, Erbrechen, schmutzige Füße usw.
  • Verdorbenes Essen
  • Verschiedene Lebewesen, wie Insekten, Würmer und Spinnen
  • Bestimmte Merkmale unbekannter oder andersartiger Personen
  • Verstöße gegen soziale und moralische Normen

Auch wenn es sich um ein angeborenes Gefühl handelt, spielen dabei auch erworbene Aspekte eine wichtige Rolle. So sind Kultur und Entwicklung ebenfalls ausschlaggebend. Zum Beispiel scheinen Kinder bis zum Alter von zwei Jahren nicht zu wissen, was Ekel ist.

Der Grund dafür ist, dass Kinder in der ersten Lebensphase noch sehr unreif und verletzlich sind. Sie entwickeln Ekelgefühle erst mit der Zeit, indem sie das Verhalten ihrer Eltern beobachten und nachahmen.

Das Gehirn und wie es Ekelgefühle verarbeitet

Um zu verstehen, wie Ekel im Gehirn verarbeitet wird, müssen wir zwei Gehirnareale genauer betrachten: die Insula und das limbische System (Amygdala und Hippocampus).

Die Insula empfängt Informationen von den sensorischen Bahnen und sendet Informationen oder Reize an andere Strukturen. Zu diesen zählen das limbische System, das ventrale Striatum und der orbitofrontale Kortex. Diese Region scheint sowohl für das Erleben von Ekel als auch dafür verantwortlich zu sein, Ausdrücke des Ekels in anderen Menschen zu erkennen.

Zum Beispiel funktioniert die Insula von Menschen, die unter der Huntington-Krankheit leiden, nicht richtig, sodass sie Schwierigkeiten haben, Ekelgefühle zu erleben. Darüber hinaus führt die Stimulation der Insula zu Übelkeit.

Das limbische System, und insbesondere die Amygdala, stehen im Zusammenhang mit negativen emotionalen Prozessen wie Angst, Ekel und Lernen. Tatsächlich hat erst kürzlich eine Gruppe von Mitgliedern der Universität von Granada und der Autonomous University of Baja California die spezifische Region der Amygdala entdeckt, die die Ablehnung unangenehmer Aromen verursacht.

Ekelgefühle verarbeiten

Bisher behaupteten wissenschaftliche Studien, dass Ekel ein Teil bestimmter Hirnareale sei; sie nahmen Bilder von diesen Arealen auf, von denen sie dachten, dass sie betroffen seien. Dank neuer Technologien, wie der funktionellen Magnetresonanztomographie, ist es nun möglich, klar zu erkennen, wie das Gehirn Ekel dynamisch verarbeitet.

Vor etwa einem Jahr führte eine Gruppe von Forschern aus Katalonien eine Studie mit 30 Personen durch.  Darin präsentierten sie den besagten Personen ein sechsminütiges Video, das Aufnahmen von vielen appetitlichen Gerichten zeigte. Darüber hinaus zeigten sie den Probanden noch ein weiteres Video; in diesem waren neben anderen unangenehmen Dingen wie Kakerlaken, Menschen, die Würmer essen, usw. auch Aufnahmen von Lebensmitteln zu sehen.

Die Ergebnisse zeigten, dass das Gehirn Ekelgefühle auch noch 40 Sekunden nach dem Betrachten der unangenehmen Bilder verarbeitet. Darüber hinaus zeigten die Gehirnabbildungen, dass nicht nur ein Teil des Gehirns angesichts einer widerlichen Szene oder eines ekligen Objekts aktiviert wird, sondern fast die Hälfte davon.

In Bezug auf die Verarbeitung von Ekelgefühlen gibt es laut den Wissenschaftlern drei Stufen:

  • Ein Reiz erscheint und das Gehirn beginnt, die Abwehr- und Schutzmechanismen des Körpers zu aktivieren. Dies geschieht, ohne dass wir uns dessen bewusst sind.
  • Die zweite Phase ist die bewusste Wachsamkeit, nachdem das Gehirn einen Reiz als bewusst negativ bewertet hat.
  • Schließlich gibt es die dritte Phase der Assimilation. In dieser Phase empfindet eine Person Ekel und speichert ihn zur späteren Bezugnahme in ihrem Gedächtnis. Diese Phase kann etwa 26 Sekunden andauern.
Die Stimulation der Insula führt zu Übelkeit

Ekelstörungen

Es kann sein, dass verschiedene Reize übermäßigen Ekel auslösen und krankhaftes Verhalten zur Folge haben. ES gibt verschiedene psychopathologische Störungen, die mit Ekelgefühlen zu tun haben.

Ein Beispiel dafür ist die krankhafte Angst vor Keimen und Schmutz. Auch bipolare Störungen oder Zwangsneurosen sind in diesem Zusammenhang zu erwähnen.

Die Komponente des Ekels ist bei einigen Phobien, wie der Hämophobie oder einer sozialer Phobie, entscheidend. Welche Rolle Ekel in Essstörungen spielt, muss noch genauer untersucht werden.


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  • Bunmi O. Olatunji y Dean McKay. (2009) Disgust and Its Disorders: Theory, Assessment, and Treatment Implications. Washington, D.C.: American Psychological Association.


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