Wie sich Haarausfall und Psyche gegenseitig beeinflussen

Du leidest an Haarausfall und denkst an eine medikamentöse Behandlung oder eine Haartransplantation? Vergiss nicht, dass eine psychotherapeutische Behandlung den Erfolg verbessern kann.
Wie sich Haarausfall und Psyche gegenseitig beeinflussen

Geschrieben von Redaktionsteam

Letzte Aktualisierung: 27. März 2023

Die Ursachen für Haarausfall sind sehr vielfältig: sowohl physische als auch psychische Faktoren spielen dabei eine wesentliche Rolle. Stress oder Depressionen sind häufig für Haarverlust verantwortlich und führen Betroffene in einen Teufelskreis: Die psychische Belastung durch das veränderte Erscheinungsbild verstärkt das Problem zusätzlich. Doch auch genetisch bedingter Haarausfall wirkt sich in vielen Fällen sehr negativ auf den psychischen Zustand aus.

Gesunde Menschen verlieren täglich 60 bis 100 Haare. Verlierst du jeden Tag über einen längeren Zeitraum mehr als 100 Haare, leidest du an Haarausfall.

Frau mit Haarausfall

Psychische Gründe für Haarausfall: Stress, Angst und Depression

In den meisten Fällen ist Haarausfall genetisch bedingt, doch auch psychische Faktoren spielen eine entscheidende Rolle. Um diesen Prozess besser zu verstehen, erklären wir kurz die drei Phasen des Haarwachstums, die von Stammzellen in den Haarfollikeln gesteuert werden:

  • Wachstumsphase (Anagenphase): Das Haar wächst in einem Zeitraum von zwei bis sechs Jahren täglich um bis zu 0,3 Millimeter. 85 Prozent der Kopfhaare befinden sich in der Wachstumsphase.
  • Übergangsphase (Katagenphase): Das Haar trennt sich allmählich von der Haarwurzel. Dieser Prozess dauert ein bis zwei Wochen. Ein bis drei Prozent der Haarwurzeln befinden sich in dieser Phase.
  • Ruhephase (Telogenphase): Das Haar wird nicht mehr mit Nährstoffen versorgt und fällt schließlich aus. Am Ende dieser Phase wird der Haarfollikel wieder aktiv. Die Ruhephase dauert drei bis fünf Monate. Bis zu 15 Prozent der Haare befinden sich in der Ruhephase, nach der der Zyklus erneut beginnt.

Erhöhter Cortisolspiegel durch psychische Belastung

Stress und Angst führen zu einem erhöhten Cortisolspiegel, was sich negativ auf das Haarwachstum auswirkt. Ein Team unter der Leitung von Dr. Ya-Chieh Hsu untersuchte an der Harvard University die Auswirkungen von Stress auf den Haarwachstumszyklus. Es konnte in einem Versuch an Mäusen beobachten, dass der Corticosteronspiegel bei Stress steigt und das Haarwachstum aufgrund einer verlängerten Ruhephase reduziert. Das äquivalente Hormon beim Menschen ist Cortisol.

Dieses Stresshormon reguliert die Stammzellen in den Haarfollikeln jedoch nicht direkt. Es hindert die dermale Papille – eine Zellgruppe unterhalb des Haarfollikels – daran, GAS6 auszuscheiden. Dieses Molekül aktiviert die Haarfollikel-Stammzellen. Die Verabreichung von GAS6 konnte das Haarwachstum wieder anregen. Ob dies bei Menschen auf die gleiche Weise funktioniert, muss allerdings noch genauer erforscht werden.

Ein Forscherteam der Sungkyunkwan University (Südkorea) führte eine Studie an 13.391 Männern im Alter zwischen 20 und 59 Jahren durch. Das Ergebnis: Zu lange Arbeitszeiten begünstigen Haarausfall. Die Forscher führen das auf stressbedingte Hormone zurück, die das Wachstum der Haarfollikel hemmen. Auch diese Studie kommt also zu dem Schluss, dass Stress bei Haarausfall ein entscheidender Faktor sein kann. 

Das Stresshormon Cortisol, das von den Nebennieren ausgeschüttet wird, hemmt das Haarwachstum. 

Minderdurchblutung

Psychische Belastungen führen außerdem zu einer Minderdurchblutung der Kopfhaut. In der Folge erhalten die Haarfollikel weniger Nährstoffe, was wiederum zu Haarausfall führt. In den meisten Fällen wirkt sich dies auf die Haardichte aus, führt jedoch nicht zu kahlen Stellen.

Entzündliche Reaktionen

Zusätzlich fördern entzündliche Reaktionen den Haarausfall. Jeder Haarfollikel ist von einem Nervenfasernetzwerk umgeben. Dr. Eva Peters konnte in einer Studie aufzeigen, dass die Anzahl dieser Nervenfasern und die Häufigkeit der Kontakte zwischen den Nervenfasern und den Immunzellen (Mastzellen) durch Stress beeinträchtigt werden. Dies führt zu Entzündungen und schließlich zu Haarausfall.

Stressbedingter Haarausfall ist in der Regel reversibel. Anders schaut es jedoch bei genetisch bedingtem Haarausfall aus.

Wie Haarausfall die Psyche beeinflusst

Haarausfall kann zu Angstzuständen, Depression oder sozialer Phobie führen. Charakteristische Symptome sind unter anderem Stimmungsschwankungen, Desinteresse, Erschöpfung oder Schlafstörungen. Eine soziale Angststörung führt zur Vermeidung sozialer Situationen, da Betroffene Angst vor negativer Beurteilung oder Demütigung haben.

Häufige psychologische Folgen von Haarverlust und Glatzenbildung sind:

  • Schamgefühle und Unbehagen
  • Unzufriedenheit mit dem Körperbild oder Selbsthass
  • Minderwertigkeitsgefühle und Angst vor sozialer Ablehnung oder Demütigung
  • Sozialer Stress
  • Frustration, Wut oder Traurigkeit

Eine systematische Übersicht über die psychologischen Folgen von androgenetischer Alopezie, die insgesamt 13 Studien prüfte, kam zu dem Schluss, dass diese Kondition einen erheblichen psychosozialen Stressfaktor darstellt und die Lebensqualität Betroffener deutlich beeinträchtigt. Patienten, die in dermatologischen Kliniken eine Lösung für ihr Haarproblem suchen, profitieren deshalb auch von psychologischer Unterstützung.

Eine Studie des Forschers Lakshyajit Dhami weist ebenfalls auf die psychischen Folgen und die Beeinträchtigung der Selbstidentität hin. Das körperliche Aussehen wirkt sich auf die Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen aus: Häufige Folgen sind ein verringertes Selbstbewusstsein, Frustration und Minderwertigkeitsgefühle.

Frau mit Haarausfall bei Ärztin

Wie du dem Teufelskreis entkommen kannst

Es gibt verschiedenste Behandlungsmöglichkeiten, wobei die Ursachen und die Art des Haarausfalls für die Wahl entscheidend sind. Die Erfolgschancen sind individuell sehr verschieden. Wir geben anschließend einen kurzen Überblick über die häufigsten Methoden.

Medikamentöse Behandlung von Haarausfall

Anlagebedingter Haarausfall, der psychisch für die betroffene Person sehr belastend ist, kann mit einer Minoxidil-Lösung oft erfolgreich behandelt werden. Bei Frauen werden auch Antiandrogene verschrieben.

Bei kreisrundem Haarverlust kommen entzündungshemmende Medikamente (wie Kortison) oder Methoden zur besseren Durchblutung der Kopfhaut zum Einsatz. Wird die Behandlung eingestellt, kommt es jedoch erneut zu Haarausfall. Weitere Methoden sind die topische Immuntherapie oder die Lichttherapie.

Haartransplantation

Bei einer Haartransplantation  werden Haare am Hinterkopf (oder von anderen Körperbereichen) entnommen und in Mikroschlitze an den kahlen Stellen unter örtlicher Narkose eingesetzt. Dabei kommen zwei Methoden zum Einsatz: Bei der Strip-Methode werden Haarwurzeln einem schmalen Hautstreifen unter dem Mikroskop entnommen. Bei der FUE-Methode werden die Haarwurzeln mit einer Hohlnadel entnommen. Roboter leisten hier eine sehr präzise Arbeit.

Beim Einpflanzen müssen die Dichte, die Größe und die Haarrichtung berücksichtigt werden. Etwa neun Monate nach der Haartransplantation wachsen schließlich die Haare. Nach rund zwölf Monaten kann man den Erfolg abschätzen. Wichtig ist auf jeden Fall, sich von einem erfahrenen Experten beraten und behandeln zu lassen.

Psychotherapie bei Haarausfall

Die psychotherapeutische Behandlung verbessert nicht nur das Selbstbild und die Selbstwahrnehmung, sie wirkt sich auch positiv auf spezifische Behandlungen gegen Haarverlust aus. Die zitierte Studie von Kakshyajit Dhami erwähnt beispielsweise, dass realistische Erwartungen und Motivation bei einem Haartransplantationsverfahren von Vorteil sind: Eine psychotherapeutische Behandlung vor einer Haartransplantation kann bei Personen mit psychologischen oder psychosomatischen Symptomen den Erfolg sehr positiv beeinflussen.

Entspannungstechniken

Bei stressbedingtem Haarausfall empfehlen sich Entspannungstechniken, Atemübungen, Yoga und Meditation. Des Weiteren ist ein Stressmanagement-Training vorteilhaft, um mit Belastungen besser umzugehen.

Stressbewältigungsstrategien sind nicht nur bei stressbedingtem, sondern auch bei genetisch bedingten Haarausfall vorteilhaft, um mit dieser Situation besser umgehen zu können.

Fazit

Die Psyche spielt bei Haarverlust eine wesentliche Rolle, unabhängig davon, ob das Haarproblem genetisch bedingt ist oder nicht. Außerdem kann eine psychologische Therapie den Erfolg anderer Behandlungen wie einer Haartransplantation verbessern. Informiere dich ausführlich über alle Möglichkeiten und Methoden, bevor du eine Entscheidung triffst.


Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.