Überzeugungen, die Grundpfeiler des menschlichen Verhaltens

Die meisten Überzeugungen bilden sich bereits in der Kindheit. Warum sind manche einschränkend und schädlich? Weshalb fällt es uns so schwer, sie zu verändern? Erfahre mehr über dieses Thema.
Überzeugungen, die Grundpfeiler des menschlichen Verhaltens
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 17. Juni 2023

Wir alle haben unsere Überzeugungen: Ansichten, Einstellungen und Ideen, an die wir glauben. Sie helfen uns, in diversen Situationen mentale Abkürzungen zu nehmen, ohne ständig intensiv über unsere Werte oder Glaubenssysteme nachdenken zu müssen. Wir können so in einer komplexen, herausfordernden Umgebung schneller reagieren.

Überzeugungen können jedoch auch starr und schädlich sein. Wir ziehen übereilte Schlussfolgerungen, die sich als falsch herausstellen und gegen unsere eigenen Interessen handeln. Die psychologische Therapie hilft unter anderem, falsche Konstrukte, Vorurteile und schädliche Glaubenssätze zu überprüfen und zu verändern.

“Wir sind, woran wir glauben.”

Wayne Dyer

Wie entstehen Überzeugungen und welche Funktionen haben sie?

Überzeugungen helfen uns, im Autopilot zu funktionieren. Es handelt sich um unbewusste Muster, die es uns ermöglichen, die Realität zu verstehen und zu handeln. Sie bestimmen unser alltägliches Verhalten und unsere Einstellungen.

Wie der Psychologe und Nobelpreisträger Daniel Kahneman feststellt, gibt es für so manch Überzeugung keine Beweise und trotzdem sprechen wir ihr absolute Gültigkeit zu. Nicht alle Konstrukte sind vorteilhaft, manche sind schädlich und einschränkend. Allerdings ist es nicht einfach, diese Glaubenssätze zu deaktivieren oder zu verändern.

Wie entstehen Überzeugungen im Gehirn?
Die meisten Grundüberzeugungen bilden sich bereits in der Kindheit.

Welche Funktion haben Überzeugungen?

Überzeugungen helfen uns, soziale Szenarien zu verstehen und zu steuern. Sie habe doch weitere wichtige Funktionen, unter anderem folgende:

  • Sie helfen dir, dich daran zu erinnern, wer du bist und was dich ausmacht.
  • Das Gehirn nutzt Glaubenssätze, um alle Informationen sofort zu kategorisieren und zu bewerten, eine Schlussfolgerung zu ziehen und zu handeln.
  • Diese mentalen Abkürzungen ermöglichen es dir, Unbekanntes zu bewältigen. Wenn du zum Beispiel wissen willst, ob du einer Person vertrauen kannst oder nicht, greifst du auf deine Überzeugungen zurück, um zu verstehen, wie du handeln sollst.
  • Sie helfen dir, die neu erhaltenen Informationen anzupassen, indem du von den verinnerlichten Vorstellungen ausgehst. Mit anderen Worten: Du fängst nie bei null an, wenn es darum geht, das zu verarbeiten, was auf dich zukommt: Du tust es ausgehend von deinen Überzeugungen.

Überzeugungen ermöglichen es uns, uns in einer Welt zu bewegen, in der manchmal nichts einen Sinn zu ergeben scheint und das Unvorhersehbare den Horizont beherrscht. Deine Glaubenssätze bieten dir eine Grundlage und einen Filter, um zu verstehen (oder zu glauben, dass du verstehst), was passiert.

Wie entstehen Überzeugungen?

Manche glauben an Gott, andere an das Schicksal, an UFOs, Verschwörungstheorien oder an die Selbstwirksamkeit. Überzeugungen bestimmen Einstellungen, Verhaltensweisen und Emotionen, treiben sie an und liegen ihnen zugrunde. Aber wie entstehen sie im Gehirn und welche Mechanismen steuern diese Prozesse?

  • Überzeugungen entstehen durch Erfahrungen, Schlussfolgerungen und den Einfluss des sozialen Umfelds.
  • Viele dieser mentalen Abkürzungen entwickeln sich bereits in der Kindheit durch die Erziehung und das unmittelbare Umfeld (Familie und Schule).
  • Eine in der Zeitschrift Nature veröffentlichte Studie sowie andere Forschungsarbeiten betonen, dass das Gehirn eine “glaubensbildende Maschine” ist. Es muss allen Informationen, die es erhält, einen Sinn geben und sie rationalisieren. Sobald dieser Prozess abgeschlossen ist, weigert es sich, diese Ideen infrage zu stellen oder zu verändern.
  • Eine von der JSS Academy of Higher Education & Research veröffentlichte Forschung macht deutlich, dass Überzeugungen auch ein Produkt des emotionalen Gehirns sind. Die Art und Weise, wie sie verinnerlicht werden, basiert ebenfalls auf komplexen biochemischen und neurologischen Prozessen. Das erklärt die Schwierigkeit, festgefahrene Ideen zu ändern.

Überzeugungen sind die Grundlage unserer Einstellungen und Verhaltensweisen, aber sie sind sehr schwer zu ändern, selbst wenn sie schädlich und einschränkend sind und Unglück verursachen.

Mann im Inneren versucht, Überzeugungen zu erleuchten
Die Überprüfung von Ideen und Einstellungen kann große Vorteile bringen.

Arten und ihre Bedeutung für die Psychologie

Überzeugungen sind in der Psychologie ein Thema von großem Interesse. Sie tragen dazu bei, Phänomene wie Diskriminierung und Vorurteile zu verstehen. Sie sind auch die Ursache für viele Beschwerden, Unglück und psychische Störungen. Depressionen und Ängsten liegen irrationale Überzeugungen zugrunde.

Auf der anderen Seite ist es wichtig zu wissen, dass Überzeugungen stärkend oder einschränkend sein können. Nicht alle vermitteln unser Potenzial, daher ist es wichtig, dieses tief verwurzelte innere System gelegentlich zu überprüfen.

Schädliche oder irrationale Überzeugungen

Eine Überzeugung kann intern oder extern sein, d.h. sie kann aus dem sozialen Umfeld kommen oder von uns selbst konstruiert sein. In manchen Fällen vermittelt das familiäre, soziale oder kulturelle Umfeld Ideen, die schädlich sind.

Die Wageningen University and Research in den Niederlanden weist in diesem Zusammenhang auf etwas Interessantes hin: Es ist der Verstand, der schädlichen Überzeugungen am häufigsten durch Rückkopplung oder Schwarz-Weiß-Denken Geltung verschafft. Wir sprechen von Fallen, die rationalere und gesündere Denkperspektiven außer Kraft setzen.

Der Psychotherapeut Albert Ellis gab mehrere Beispiele für solche irrationalen Muster, die oft verinnerlicht werden:

  • Schuldzuweisungen
  • Der Glaube, dass man keine Kontrolle hat
  • Die Wahrnehmung, dass alles, was kommt, negativ ist
  • Akzeptanzüberzeugungen: Jeder muss mich akzeptieren und anerkennen.
  • Hilflosigkeitsüberzeugungen: Ich bin so, wie ich bin, und ich kann nichts dafür. Was ich auch tue, es wird schiefgehen.

Bereichernde Überzeugungen

Überzeugungen können aus psychologischer Sicht auch positiv, ermutigend und gesund für den Menschen sein. Sie geben Wert und stärken die Selbstwirksamkeit, sodass die Gedanken geformt und die Gefühle bereichert werden. Aber warum sind manche Menschen mit einem positiveren Glaubenssystem ausgestattet?

  • Die Bildung spielt eine Rolle bei der Integration angepasster und gesunder Überzeugungen.
  • Die Fähigkeit, Überzeugungen zu bearbeiten, zu aktualisieren und falls nötig neu zu formulieren, vermittelt direktes Wohlbefinden.

Warum sind Glaubenssätze für die Psychologie relevant?

Überzeugungen beeinflussen im Guten wie im Schlechten fast alles, was du denkst, fühlst und tust. Die Psychologie hilft, einschränkendes und schädliches Verhalten zu verstehen und zu verändern. Es geht schließlich darum, Überzeugungen zu überprüfen, um Veränderungen zu erzielen.

  • Überzeugungen sind die Ursache vieler Konflikte.
  • Schädliche Glaubenssätze, die in der Kindheit verinnerlicht werden, sind die Grundlage für viele psychische Störungen. Der Glaube an Minderwertigkeit, Nutzlosigkeit oder das Nicht-Verdienen von Liebe ist auf allen Ebenen schädlich.
  • Die psychologische Therapie arbeitet am Substrat der Überzeugungen: Darüber nachzudenken und sie zu verändern, kann sich sehr positiv auswirken.

Die Frage “Woran glaube ich?” oder “Warum bin ich davon überzeugt?” kann manchmal ein echter Wendepunkt sein. Wir können in unserer Antwort erkennen, welche Überzeugungen nützlich sind und schädliche Ansätze durch gesündere ersetzen. Die Psychologie wird uns auf dieser Reise der Veränderung und des Wandels immer zur Seite stehen.


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