The Rocky Horror Picture Show: Sexuelle Revolution und Befreiung

The Rocky Horror Picture Show: Sexuelle Revolution und Befreiung
Leah Padalino

Geschrieben und geprüft von der Filmkritikerin Leah Padalino.

Letzte Aktualisierung: 13. Oktober 2022

The Rocky Horror Picture Show  ist ein Musical von Richard O’Brien. 1975 erschien der zugehörige Film, der heute längst Kult ist. Sogar der Soundtrack zum Film ist ein Klassiker geworden. Für die Schauspieler Susan Sarandon und Tim Curry bedeutete der Film den Durchbruch in ihrer Karriere.
The Rocky Horror Picture Show  ist von Anfang bis Ende an ein eigenartiger Film. Man kann ihn nicht klar zuordnen: von Komödie bis Science Fiction und der Parodie von schlechten Horrorfilmen ist alles dabei. Der Film wirkt stellenweise geheimnisvoll, gar unheimlich, aber eigentlich ist es das “billige” Surreale und Witzige, was ihn so besonders macht.
Der Film war anfangs nicht sehr erfolgreich. Aber im Laufe der Jahre wurde er zu einem jener Mythen, von denen wir noch heute sprechen. Er ist außerdem ein Film, den wir nicht zu ernst nehmen sollten und der uns in eine theatralische, ungewöhnliche Welt entführt. Man mag The Rocky Horror Picture Show  oder auch nicht – aber niemand, der den Film gesehen hat, bleibt völlig gleichgültig. 

Die Absurditäten explodieren

Ein Paar voller, roter Lippen erscheint ganz zu Beginn des Films. Es ist eine fast hypnotische Einleitung, die unsere Aufmerksamkeit auf sich zieht, uns an alte B-Horrorfilme erinnert und uns neugierig auf das Kommende macht.

In der Geschichte tritt ein Kriminologe auf, der als Erzähler fungiert. Er ist derjenige, der uns erzählt, dass wir etwas Schockierendes und völlig Abnormales zu sehen bekommen werden. Er zeigt uns ein junges Paar namens Brad und Janet. Die beiden sind ein typisches Beispiel für ein “anständiges” und sozial angepasstes Paar zu jener Zeit. Natürlich übertreibt der Film das maßlos, weil “subtil” nicht zu seinen Haupteigenschaften zählt.

Das junge Paar hat sich versprochen, keinen Sex vor der Ehe zu haben. Dann bittet Brad Janet bei der Hochzeit von Freunden um ihre Hand. Die Figuren wirken dabei ziemlich lächerlich, weil sie ihre Liebe zueinander auf so kitschige Weise gestehen, dass es eher lustig als romantisch ist. Die beiden entscheiden sich, den alten Professor Dr. Everett Scott zu besuchen, um ihm die wundervollen Neuigkeiten zu überbringen.

 

Der Lauf des Schicksals ändert sich

Auf dem Weg geraten die beiden in ein schweres Unwetter und können nicht weiterfahren. Nachdem sie mitten auf der Strecke gestrandet sind, sind Janet und Brad erleichtert, als sie ein Licht entdecken, das Hilfe verspricht. Aber leider entspricht das nicht der Wahrheit. Das Schicksal führt sie in ein seltsames, düsteres Schloss mit sehr eigenartigen Bewohnern.

An diesem Punkt lernen wir Magenta und Riff Raff kennen, die Diener im Schloss sind. Außerdem sind da noch Columbia und Dr. Frank N. Furter, ein komischer Transvestiten-Wissenschaftler. Frank N. Furter – eine offensichtliche Verballhornung aus Frankenstein und Frankfurter – lädt die neuen Gäste zu seiner großen Party ein. Sie sind nämlich zufällig an einem besonderen Tag aufgetaucht, an der er seine neue Kreatur vorstellen möchte: Rocky, einen muskulösen, jungen, blonden Mann.

Brad und Janet versuchen verzweifelt, zu verstehen, was los ist – denn sie finden sich auf einer Feier wieder, in der alle Außerirdische vom Planeten Transsexuell in der Galaxie von Transsilvanien sind. Aber das ist alles einfach total normal. Oder nicht?

Sexuelle Befreiung in The Rocky Horror Picture Show

Sex war lange ein tabuisiertes Thema und ist es an manchen Orten noch immer. Aber andererseits ist es ein natürlicher Vorgang, der alle Tabus überschreitet, mit dem wir das Thema belegen. In diesem Film spielen sexuelle Unterdrückung und Befreiung eine zentrale Rolle, zusätzlich zur Akzeptanz von Homosexualität, Bisexualität, Transsexualität usw. 

All das wird auf komische Weise dargestellt, in einer auf den Kopf gestellten Welt, in der Heterosexualität nicht normal ist. An einem Ort, an dem Brad und Janet, die in ihrer Welt sozial akzeptiert sind, nicht hineinpassen. Anders ausgedrückt: Das, was die Leute als “normal” empfanden, wird als das Seltsame dargestellt, und das “andere” als das Normale. 

In der Darstellung wird ein starker Kontrast zwischen den zwei Welten geschaffen, indem zwei völlig unterschiedliche Extreme dargestellt werden. Erinnern wir uns, dass dieser Film aus dem Jahr 1975 stammt – zu dieser Zeit war er wirklich radikal. Er brach mit allen Konventionen und ist bis heute ein einzigartiges Werk. Dieser Film öffnete die Tür zu anderen Realitäten und machte Filme wie Priscilla, Königin der Wüste   erst möglich.

War Sex immer schon so ein Tabuthema?

Die sexuelle Normalisierung und Befreiung passierte erst relativ spät, gegen Ende des 20. Jahrhunderts. Und noch immer besteht viel Raum für Verbesserungen. Immer noch gibt es viele Vorurteile, Tabus und Diskriminierung gegen Homosexuelle, Bisexuelle und Transsexuelle.

Es ist eigenartig, dass heutzutage Bücher und Filme wie Shades of Grey  skandalös und kontrovers wirken. Denn das Thema ist nicht neu. Bereits im Mittelalter gab es Geschichten – wie die über Rustico und Alibech im Boccacios Decameron  – die sehr viel unbequemer und skandalöser sind als Shades of Grey.  Noch schockierender war der Marquis de Sade und seine 120 Tage von Sodom,  geschrieben im 18. Jahrhundert. In diesem Buch kommt von Folter über Sex und Koprophagie (Verzehr von Kot) so ziemlich alles vor, was Menschen sich vorstellen können. Michel Foucault ging auf all das in seinem dreibändigen Werk Die Geschichte der Sexualität  detailliert ein.

“Wenn Sex unterdrückt wird – das heißt, zu Prohibition, Nicht-Existenz und Schweigen verdammt wird – dann erweckt bereits die bloße Tatsache des Darübersprechens den Eindruck einer absichtlichen Grenzüberschreitung.”

Die Geschichte der Sexualität

Von unsichtbar zu Kult

Man könnte sagen, dass es eine Art Unsichtbarkeit oder Blockade in Bezug auf Sex gab, als der Film herauskam. Deshalb setzte The Rocky Horror Picture Show  Parodie, Film und Musik ein, um das Thema aufzubringen. Trotzdem lief der Film in vielen Kinos gar nicht und nur wenige Menschen fanden ihn gut. Erst im Laufe der Zeit begann ein wachsendes Interesse an dem Film um sich zu greifen.

Das Interesse wurde irgendwann so groß, dass manche Kinos nur diesen einen Film zeigten. Und das auf eine spezielle Art: Das Publikum machte mit und spielte einige der Szenen nach. Das wurde zu einer Tradition. Kinos stellten sogar Schauspieler an und die Zuschauer erschienen verkleidet, um mit dem Film zu interagieren.

Diese Tradition besteht nach wie vor. Der Film ist immer noch sehr lebendig und läuft weiterhin in vielen Kinos. Menschen organisieren spezielle Abende, zu denen die Gäste sich verkleiden und während der Hochzeitsszene zum Beispiel Reis auf den Bildschirm werfen. Oder sich mit einer Zeitung bedecken, wenn Brad und Jane Schutz vor dem Regen suchen. Es gibt sogar Fanclubs. Der Film ist von Generation zu Generation weitergegeben worden und es besteht eine unglaubliche Faszination mit diesem Werk. 

Die Figur Frank N. Furter aus "The Rocky Horror Picture Show"

Das Erstaunlichste ist, dass es nie eine große Werbekampagne gegeben hat, die dazu geführt hätte. Der Film wurde nur durch Mundpropaganda berühmt, sowie die Tatsache, dass die Leute begannen, mit dem Film zu interagieren. Zuerst begannen sie, bei “Time Warp” mitzutanzen und zu allen Vorstellungen verkleidet zu erscheinen.

Wo steht der Film heute?

The Rocky Horror Picture Show  war so erfolgreich, dass das Werk im Jahr 2016 erneut verfilmt wurde. Es gab darin sogar etwas Neues, das so nicht Teil des Originals war: Laverne Cox, eine Trans-Schauspielerin, übernahm die Rolle von Frank N. Furter. Trotzdem spielte auch Tim Curry, der Frank N. Furter in der 1975er Version verkörperte, wieder mit. In ähnlicher Manier gab es auch in der Serie Glee  eine Folge, in der The Rocky Horror Picture Show  Tribut gezollt wurde. Aber wir könnten die Tribute und Referenzen zu diesem einzigartigen Film jetzt ewig aufzählen.

The Rocky Horror Picture Show  ist als Musical nie aus der Mode gekommen. Auch heute noch vermag es zu faszinieren. Es geht darin um eine sexuelle Revolution und Befreiung – der Inhalt ist heute noch relevant. The Rocky Horror Picture Show  gehört zu jenen Filmen, bei denen wir jedes Mal etwas Neues entdecken, wenn wir ihn sehen. Er erschuf eine ganz neue Art, ins Kino zu gehen und einen Film zu schauen. Auch der Soundtrack wurde berühmt und bereitete das Feld für weitere Filme und Musicals dieses Genres vor.

Dieser Film ist einer von denen, die du zumindest einmal im Leben gesehen haben musst.

“Und kriechen
auf dem Gesicht des Planeten
einige Insekten
nannte die menschliche Rasse
verloren in der Zeit
und verloren im Raum
und Bedeutung.”

Kriminologe, Super Heroes (The Rocky Horror Picture Show)


Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.