"Talkaholismus", krankhafte Drang zur Sprachäußerung
Zwanghaftes Sprechenist keine psychische Störung, doch der Umgang mit sprechsüchtigen Menschen kann kompliziert sein. Deshalb werden Betroffene häufig abgelehnt und vereinsamen. Forscher weisen darauf hin, dass rund 4 % der Bevölkerung an “Talkaholismus” leiden. Eine andere Bezeichnung dafür ist Sprechsucht.
Betroffene wissen zwar, dass sie viel reden, betrachten das jedoch nicht als Problem. Die meisten definieren sich als durchsetzungsfähige und kompetente Personen, die über interessante Themen zu berichten haben.
In Wahrheit führen sie allerdings Selbstgespräche, die sie mit belanglosen Details schmücken. Sie vergessen, dass ein Gespräch ein respektvoller und gegenseitiger Austausch von Informationen zwischen zwei oder mehr Menschen ist. Daraus lässt sich leicht ableiten, dass sprechsüchtige Personen einem bestimmten Persönlichkeitstyp entsprechen.
Menschen mit Sprechsucht sind Meister in ihrer Selbstdarstellung und können sich nicht kontrollieren. Sie reden ununterbrochen, obwohl sie wissen, dass die Person vor ihnen nicht zuhört.
Was ist zwanghaftes Sprechen oder “Talkaholismus”?
In Gesprächen richten wir unsere Aufmerksamkeit auf die andere Person und versuchen, eine Brücke zu bauen, eine gegenseitige Beziehung zu entwickeln, die für beide bereichernd ist. Sprechsüchtige Menschen verhalten sich jedoch wie 3-jährige Kinder in ihrer egozentrischen Phase.
Sie haben das Gefühl, der Mittelpunkt der Welt zu sein und wollen ihr Bedürfnis nach Aufmerksamkeit befriedigen. Du kennst vielleicht solche Personen, deren Redeschwall du einfach nicht stoppen kannst. Auch wenn sie dich nicht kennen, erzählen sie dir ihr ganzes Leben, während du nur gelegentlich mit dem Kopf nickst, um nicht unhöflich zu sein. Wenn es sich um eine nahestehende Person handelt, ist dieser krankhafte Drang zur Sprachäußerung ein Problem.
Die missverstandene Redseligkeit
Wir leben in einer Gesellschaft, die redselige und kommunikative Menschen als durchsetzungsfähige und selbstbewusste Führungspersönlichkeiten wahrnimmt. Oft verkaufen sie jedoch Schall und Rauch, anstatt ihrem Unternehmen nützlich zu sein. Zudem sind diese Personen oft streitlustig und kontrollierend, wie aus einer Studie der Universität Kentucky hervorgeht.
Wir dürfen Redseligkeit nicht mit dem krankhaften Drang zur Sprachäußerung verwechseln.
Um das zwanghafte Sprechen zu beurteilen, gibt es sogar die Talkaholic Scale, die James C. McCroskey und Virginia P. Richmond 1993 entwickelten. Diese Skala ermöglicht es, Redseligkeit von dem krankhaften Drang zur Sprachäußerung zu differenzieren.
Die Merkmale des zwanghaften Sprechens
Betroffene Personen sind an folgenden Verhaltensweisen zu erkennen:
- Sie sind unfähig, anderen zuzuhören oder Informationen auszutauschen.
- Betroffene sind sich nicht bewusst, dass sie andere mit ihrem Redeschwall überfordern. Außerdem ist ihnen das gleichgültig. Vielleicht entschuldigen sie sich sogar und reden trotzdem weiter.
- Auffallend ist ebenfalls, dass sie sich selbst als gute Kommunikatoren wahrnehmen. In Wahrheit reden sie meistens nur um den heißen Brei herum, verlieren den Faden ihres Monologs, sprechen über bedeutungslose und belanglose Details und wiederholen sich ständig.
- Ein weiteres Merkmal ist, dass sie ihrem Gesprächspartner oft nicht einmal in die Augen schauen. Sie konzentrieren sich ganz auf sich selbst.
Die Ursachen für “Talkaholismus”
Die Universität von West Virginia führte eine Studie durch, in der sie feststellte, dass sich der krankhafte Drang zur Sprachäußerung in der Regel bei extrovertierten, psychotischen und neurotischen Persönlichkeitstypen entwickelt. Es handelt sich nicht um redselige Menschen, sondern um sprechsüchtige, respektlose und streitsüchtige Personen, mit denen der Umgang kompliziert ist.
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- Bostrom, Robert N.; Grant Harrington, Nancy (1999). “An Exploratory Investigation Of Characteristics Of Compulsive Talkers”. Communication Education. 48 (1): 73–80. doi:10.1080/03634529909379154
- McCroskey, James C.; Richmond, Virginia P. (1993). “Identifying Compulsive Communicators: The Talkaholic Scale”. Communication Research Reports. 10 (2): 107–114. doi:10.1080/08824099309359924
- McCroskey, James C.; Heisel, Alan D.; Richmond, Virginia P. (2001). “Eysenck’s BIG THREE And Communication Traits: Three Correlational Studies”. Communication Monographs. 68 (4): 360. doi:10.1080/03637750128068