Risikobereitschaft als Persönlichkeitsmerkmal

Gehst du gerne Risiken ein? Du liebst neue Erfahrungen und Herausforderungen? Wir erklären, was es mit dieser Art von Verhalten auf sich hat.

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 04. August 2023

Fallschirmspringen, Bergsteigen, abenteuerliche Reisen, Selfies in gefährlichen Situationen… die Risikobereitschaft mancher Menschen kennt kaum Grenzen. Sie genießen den intensiven Adrenalin- und Dopaminrausch, der durch riskante Erfahrungen ausgelöst wird. Was andere als bedrohlich empfinden, bereitet ihnen Spaß. Risikofreudige Menschen können besser mit Stress umgehen, doch dieses Persönlichkeitsmerkmal hat nicht nur Vorteile. Erfahre anschließend Interessantes über dieses Thema.

Risikobereitschaft: Liebst du den Nervenkitzel?

Risikofreudige Menschen suchen ständig neue Herausforderungen und Erfahrungen, um durch Neurochemikalien wie Endorphin, Dopamin und Adrenalin belohnt zu werden. Der Psychologe Marvin Zuckerman, emeritierter Professor an der Universität von Delaware, ist ein Experte auf diesem Gebiet, sein Buch Sensation Seeking: Beyond the optimal level of arousal¹ die beste Referenz.

Zuckerman erinnert daran, dass die Risikobereitschaft notwendig ist, um uns als Spezies weiterzuentwickeln. Dieses Persönlichkeitsmerkmal ist nötig, um Hindernisse zu überwinden und voranzukommen. Wir beschreiben nachfolgend die wichtigsten Eigenschaften, die risikofreudige Personen aufweisen.

1. Abenteuerlust

Nicht jeder Mensch lässt sich gerne auf Abenteuer und herausfordernde Erfahrungen ein. Risikofreudige Personen fühlen sich jedoch außerhalb ihrer Komfortzone wohl und genießen neue und unvorhersehbare Szenarien. Die Zeitschrift Behavioral Sciences veröffentlichte ein Instrument zur Bewertung dieses Verhaltens: die Adventurous Behavioural Search Scale (ABSS). Damit wurde festgestellt, dass sich risikobereite Personen nach der freien Natur sehnen. Kommt dir das bekannt vor?

2. Routine bedeutet Langeweile

Für risikofreudige Menschen bedeutet die Routine Langeweile. Sie ist ihr größter Feind und stellt keinen Anreiz dar. Die Monotonie wirkt sich negativ auf ihre Stimmung und Motivation aus. Ein in der Zeitschrift Motivation and Emotion veröffentlichter Artikel zeigt, dass diese Erfahrung zu Frustration und depressiven Anzeichen führen kann.

3. Neue Erfahrungen

Offenheit für Erfahrungen ist eine sehr positive Eigenschaft, die das Verhalten risikobereiter Personen definiert. Menschen, die gerne auf Entdeckungsreise gehen, mit anderen sprechen und neue Perspektiven und Eindrücke schätzen, zeichnen sich oft auch durch ihre Risikobereitschaft aus. Ein in der Zeitschrift Psychological Reports veröffentlichter Artikel weist auf den Zusammenhang mit einer extrovertierten Persönlichkeit hin, die oft das Gefühl des Staunens empfindet. All diese positiven Variablen zusammen führen zu einem größeren subjektiven Wohlbefinden.

Wenn du dich mit diesem Profil identifizierst, identifizierst du dich mit folgenden Beschreibungen:

• Du triffst gerne neue Menschen.
• Vor Veränderungen hast du keine Angst, du lässt dich immer vom Instinkt der Neugierde leiten.
• Du verarbeitest die Realität oft wie ein Kind, das über die einfachsten Dinge staunt, Dinge, die nicht jeder sieht.
• Du versuchst, wann immer möglich, verschiedene Dinge zu tun: Du liebst zum Beispiel Sport, Reisen, neue Aktivitäten usw.

4. Riskantes Verhalten

Risikofreudige Menschen sind häufig unbesonnen und unvernünftig, doch sie genießen das Gefühl der Gefahr und den Nervenkitzel. Ein Beispiel dafür sind Personen, die Extremsportarten betreiben, die im Journal of Behavioral Addictions als “Adrenalinjunkies” bezeichnet werden.

Hier sind einige der riskanten Verhaltensweisen, die für dieses Profil typisch sind:

• Drogen ausprobieren
• Hohe Fahrgeschwindigkeiten
• Extremsportarten
• Riskantes Sexualverhalten
• Sich einer körperlichen Gefahr aussetzen, nur um zu wissen, wie es sich anfühlt.

5. Bedürfnis nach ständiger Stimulation

Diese Personen benötigen ständig Stimulation, um den Adrenalinrausch zu spüren. Dieses Bedürfnis kann zu folgenden Verhaltensweisen führen:

• Du benötigst ständig soziale Kontakte.
• Du hörst Musik, wann immer es möglich ist.
• Dein Leben ist aktiv, du treibst gerne Sport, tanzt, gehst spazieren und vieles mehr.
• Es fällt dir vielleicht schwer, stillzusitzen und du benutzt klassische Anti-Stress-Objekte.
• Du genießt die Stimulation durch Düfte oder die Gerüche der Natur.
• Du liebst das kribbelnde Gefühl auf der Haut, wenn du ASMR-Tracks hörst oder -Videos anschaust.

6. Freude an der Selbstentdeckung

Selbstentdeckung hat mit der Freude zu tun, sich bestimmter Realitäten bewusst zu werden und sich neues Wissen anzueignen. Diese Tugend wird auch denjenigen zugeschrieben, die intensive Empfindungen erleben wollen.

Wenn du dich ständig Herausforderungen stellst und Abenteuer erlebst, lernst du dich selbst besser kennen und wirst dir der Schönheit der Welt bewusst. Zu den weiteren Vorteilen gehören folgende:

• Wenn du Risiken eingehst, entdeckst du, wo deine Grenzen liegen.
• Es ist dieses riskante, aber mutige Verhalten, das es dir ermöglicht hat, deine Stärken zu erkennen.
• Dein neugieriger Blick bringt dich dazu, Menschen und Orte zu entdecken, die dich als Mensch bereichern.

7. Widerstandsfähigkeit

Risikobereitschaft und das Bedürfnis nach intensiven Erfahrungen machen dich widerstandsfähiger und stressresistenter. Du lässt dich nicht von Angst blockieren, Herausforderungen halten dich nicht auf. Im Gegenteil: Die Ungewissheit, das Unbekannte und Unvorhersehbare motivieren dich. Deshalb sind risikofreudige Menschen auch resilient, was definitiv ein Vorteil ist.

Risikobereitschaft und Selbstschutz

Dieses Persönlichkeitsprofil hat verschiedene Vorteile: Die Risikobereitschaft drängt dich dazu, neue Abenteuer zu erleben und Herausforderungen zu überwinden. Du erlebst Nervenkitzel und Adrenalinkicks und diese Eigenschaft lässt dich auch persönlich wachsen.

Trotzdem solltest du auf ein gesundes Gleichgewicht zwischen Risiko und Selbstschutz achten! Vergiss nicht, in gefährlichen Situationen für Sicherheit zu sorgen. Außerdem kann eine Begegnung mit einer anderen Person manchmal aufregender als die Besteigung des Mount Everest sein.

▶ Lese-Tipp

1. Sensation Seeking: Beyond the Optimal Level of Arousal, Marvin Zuckerman, Routledge 2016