Episodisches Zukunftsdenken zur Vermeidung von Risikoverhalten

Wir stellen dir heute eine einfache Technik vor, die Risikoverhalten reduzieren kann, indem sie die Impulsivität reduziert und überdachte Entscheidungen möglich macht.
Episodisches Zukunftsdenken zur Vermeidung von Risikoverhalten
Gorka Jiménez Pajares

Geschrieben und geprüft von dem Psychologen Gorka Jiménez Pajares.

Letzte Aktualisierung: 09. April 2023

Risikoverhalten bedeutet, Entscheidungen zu treffen, ohne voraussehen zu können, ob damit das angestrebte Ziel erreicht werden kann. Daraus können negative Konsequenzen entstehen, die wir in Kauf nehmen müssen. In manchen Fällen sind diese unerwünschten Folgen sogar vorprogrammiert, zum Beispiel beim Rauchen oder bei einem ungesunden Lebensstil. Handelt es sich um Situationen, die offensichtlich eine lebensbedrohende Gefahr darstellen, versuchen wir, dieses Risiko zu vermeiden.

Das episodische Zukunftsdenken kann das Risikoverhalten positiv beeinflussen (Aonso-Diego et al., 2022). Wir erklären nachfolgend den Zusammenhang.

“Den Körper in guter Gesundheit zu erhalten ist eine Pflicht… andernfalls können wir unseren Geist nicht stark und klar halten.”

Buddha

Risikoverhalten

Risikofreudige Menschen sind sich meistens über die möglichen Auswirkungen ihrer Entscheidungen bewusst. Wer Tabak oder andere Drogen konsumiert, kennt die Risiken und weiß, dass seine Gesundheit auf dem Spiel steht. Das hält sie jedoch von diesem Verhalten nicht ab, da weitere Faktoren eine wichtige Rolle spielen. Persönliche, situative oder gruppenbezogene Einflüsse, seelische Probleme und das Alter sind beispielsweise Aspekte, die das Verhalten beeinflussen.

Jugendliche zeigen besonders häufig Risikoverhalten: Sie neigen dazu, Neues auszuprobieren, ihre Identität zu finden, Eigenständigkeit zu entwickeln und Grenzen zu erkunden. Sie treffen impulsive Entscheidungen, die oft durch die Gruppe verstärkt werden. Dazu kommt, dass die individuelle Risikowahrnehmung und -bewertung sehr unterschiedlich ausfällt.

Das episodische Zukunftsdenken kann die Impulsivität reduzieren und damit risikoreiche Entscheidungen verhindern.

“Risikoverhalten kann als eine Entscheidungsstörung verstanden werden, die durch zwei Prozesse gekennzeichnet ist: eine übermäßige Bewertung des Verstärkers und impulsive Entscheidungen.”

Alba González-Roz

Jugendliche zeigen besonders häufig Risikoverhalten
Wer sich riskant verhält, ist sich der Auswirkungen oder Konsequenzen bewusst.

Was ist episodisches Zukunftsdenken?

Der Begriff episodisches Zukunftsdenken beschreibt die Fähigkeit, sich zukünftige Szenen vorzustellen, die eintreffen könnten. Ist diese Kapazität sehr schwach ausgeprägt, können Betroffene mögliche Risiken nicht richtig abschätzen. Sie sind unter anderem gefährdeter, Krankheiten wie Fettleibigkeit, Depressionen oder Angststörungen zu entwickeln (Cha et al., 2022).

Es ist möglich, durch das Training des episodischen Zukunftsdenken die Risikofreude positiv zu beeinflussen. In diesem Training lernen Betroffene, zukünftige Situationen zu visualisieren und zu beschreiben, um ihre Entscheidungsfindung zu verbessern. Außerdem werden auch mittel- und langfristige Verstärker berücksichtigt, die positive Konsequenzen auslösen, unter anderem Sport oder eine gesunde Ernährung. Diese Verstärker können angenehmer als das riskante Verhalten (Rauchen, Fast Food oder Alkoholkonsum) sein. 

“Das episodische Zukunftsdenken kam in der psychologischen Intervention bei Menschen mit Adipositas zu Einsatz, um die kalorische Nahrungsaufnahme zu reduzieren und die Entscheidungsfindung zu unterstützen.”

Tinuke Oluyomi Daniel

Wie kann das episodische Zukunftsdenken Risikoverhalten verhindern?

Die Therapeutin oder der Therapeut trainiert die betroffene Person, damit sie lernt, sich in zukünftige Situationen hineinzuversetzen. Sie visualisiert und beschreibt dabei Orte, Zeiträume, Ereignisse und die anwesenden Personen. Je realer und anschaulicher diese Zukunftsvisionen sind, desto wirksamer und positiver sind die Ergebnisse. Im Training verwendet die Person immer kurze und präzise Sätze, um positive Zukunftsszenarien zu beschreiben: “In drei Tagen gehe ich mit meiner Freundin klettern.” Sie schreibt diese Sätze auf und visualisiert die Situation einige Minuten lang.

Danach bewertet die Person diese Zukunftsprojektion: Konnte sie ein realistisches, lebhaftes und glaubwürdiges Bild schaffen? Zusätzliche Fragen sind unter anderem: Hatte die Person Spaß bei der Visualisierung? Fühlte sie sich wohl dabei? Hatte sie das Risikoverhalten, das sie ablegen möchte, vor Augen oder war es unwichtig?

“Gesundheit ist der wahre Reichtum.”

Mahatma Gandhi

Mann schreibt seine Visualisierung auf, um Risikoverhalten zu verhindern.
Das episodische Zukunftsdenken ist eine nützliche Technik, die unter anderem in der kognitiven Verhaltenstherapie zum Einsatz kommt.

Fazit

Das episodische Zukunftsdenken ist eine interessante Technik, um Risikoverhalten zu reduzieren. Klinische Vorteile konnten unter anderem bei Substanzkonsum (Voss et al., 2022) und bei Diabeteserkrankungen  (Epstein et al., 2022) nachgewiesen werden. Diese Methode hilft impulsiven Menschen, bessere Entscheidungen zu treffen. Deshalb ist sie auch für fettleibige Menschen interessant, die damit angeregt werden, sich mehr körperlich zu betätigen. Das episodische Zukunftsdenken kann als eigenständige Technik oder innerhalb einer spezifischen Therapie zum Einsatz kommen.

“Diese Technik zeigt vielversprechende Ergebnisse bei der Verringerung impulsiver Entscheidungen und der Verbesserung gesundheitsbezogener Verhaltensweisen.”

Gema Aonso-Diego


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  • Aonso-Diego, G., Secades-Villa, R., González-Roz, A. (2022). Pensamiento episódico futuro para la prevención y el tratamiento de conductas de riesgo para la salud. Papeles del psicólogo. https://www.papelesdelpsicologo.es/pii?pii=3005
  • Cha, C. B., Robinaugh, D. J., Schacter, D. L., Altheimer, G., Marx, B. P., Keane, T. M., Kearns, J. C., y Nock, M. K. (2022). Examining multiple features of episodic future thinking and episodic memory among suicidal adults. Suicide y Life-Threatening Behavior, 52(3), 356-372. https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/sltb.12826
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