Menschen mit Trauma, die Stimmen hören

Nicht nur Menschen mit Schizophrenie haben akustische Halluzinationen. Auch traumatisierte Personen hören oft Stimmen in ihrer Gedankenwelt. Erfahre mehr darüber.
Menschen mit Trauma, die Stimmen hören
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 26. April 2023

Wenn Menschen in ihrer Gedankenwelt Stimmen hören, sind diese meistens nicht freundlich. Im Gegenteil: Sie äußern sich aufdringlich, bedrohlich, kritisch und verschwörerisch. Manchmal haben sie sogar den Tonfall eines verstorbenen Verwandten. Oft sind es sogar mehrere, die sich teilweise gleichzeitig bemerkbar machen… Nur wenige Erlebnisse sind so beunruhigend wie akustische Halluzinationen.

Normalerweise bringen wir das Phänomen der Stimmen mit Krankheiten wie Schizophrenie, bipolaren Störungen oder bestimmten Persönlichkeitsstörungen in Verbindung. Diese Erfahrungen sind jedoch häufiger als wir denken, auch Personen ohne psychische Störungen können Stimmen hören.

Für traumatisierte Personen, die sexuell missbraucht wurden, sind Stimmen eine häufige Erfahrung. Die Botschaften sind alles andere als harmlos und können Patienten zu Selbstverletzungen und Isolation anstiften. Erfahre heute mehr über dieses Thema.

Flashbacks, Angstzustände oder Schlafprobleme sind Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung. Manche Betroffene hören jedoch auch Stimmen, die nicht existieren.

Mann mit einem Trauma hört Stimmen
Nicht nur Menschen mit psychotischen Störungen hören Stimmen in ihrer Gedankenwelt, auch traumatisierte Personen machen diese Erfahrung häufig.

Menschen mit Trauma hören Stimmen

Traumatische Erfahrungen in der Kindheit hinterlassen tiefgehende Spuren. Sie können sogar die Entwicklung verschiedener neurologischer Regionen beeinflussen. Missbrauch, Aggression, der Verlust eines geliebten Menschen, das Leben in einem bedrohlichen Umfeld, Mobbing, eine Naturkatastrophe… Es gibt viele Situationen, die den psychologischen Bruch eines Traumas auslösen können. Zu den häufigsten Symptomen zählen Angstzustände, Schlaflosigkeit, Flashbacks, emotionale Höhen und Tiefen sowie Schuld- und Schamgefühle.

Überraschend ist für viele vielleicht, dass traumatische Erfahrungen auch Halluzinationen auslösen können. Verschiedenste wissenschaftliche Studien bestätigen, dass Betroffene oft Stimmen hören.

Stimmen im Kopf verstärken das Leid und den Stress traumatisierter Personen. 

Wann ist das Risiko für akustische Halluzinationen besonders groß?

Die Universität Groningen in den Niederlanden führte eine Studie durch, um den Zusammenhang zwischen Kindheitstrauma und akustischen Halluzinationen zu analysieren. Das Ziel ist, spezifische Therapien zu entwickeln, um Betroffenen zu helfen.

Frauen, die in ihrer Kindheit sexuell missbraucht wurden, haben ein höheres Risiko, Stimmen zu hören. Diese akustischen Halluzinationen führen häufig zu Selbstverletzungen oder Suizidversuchen. Der Leidensdruck ist immens und erzeugt großes Misstrauen gegenüber der Umwelt sowie dysfunktionale Verhaltensweisen, die den emotionalen Schmerz verstärken.

Es ist nötig, über die Stimmen zu sprechen, die viele traumatisierte Menschen erleben

Natürlich hören nicht alle traumatisierte Menschen Stimmen, doch dieses Thema sollte unbedingt mehr Aufmerksamkeit erhalten. Die Medical University of South Carolina hebt in einer Arbeit einen interessanten Punkt hervor: Ein Trauma kann auch sekundäre psychotische Züge haben. Dabei handelt es sich um ganz besondere Fälle, die einzigartige neurobiologische und genetische Merkmale aufweisen. Obwohl es sich also um klinische Fälle handelt, die vor nicht allzu langer Zeit noch recht selten zu sein schienen, werden sie jetzt immer häufiger beschrieben.

Stimmen zu hören, ist ein Phänomen, das noch immer zur Stigmatisierung führt. Wir müssen diese Realität normalisieren und offen darüber sprechen. Schätzungsweise sind mehr als 10 % der Personen mit traumatischen Erfahrungen davon betroffen.

Mann beim Psychologen hört Stimmen in seiner Gedankenwelt
Menschen, die in ihrer Gedankenwelt Stimmen hören, kann eine Psychotherapie helfen.

Stimmen im Kopf: Was tun?

Auf dem pharmazeutischen Markt gibt es verschiedene Medikamente zur Behandlung von Halluzinationen. Bei Menschen mit Trauma, die Stimmen hören, werden Antipsychotika jedoch nicht empfohlen. Es gibt derzeit keine wissenschaftlichen Beweise dafür, dass der Einsatz solcher Psychopharmaka der zweiten Generation hilfreich ist.

Das Wichtigste ist, den Menschen einen Therapieansatz anzubieten, der auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruht. Es gibt mehrere sehr nützliche Therapien für die Behandlung von psychischen Traumata. Dazu gehören die kognitive Verhaltenstherapie und die Eye Movement Desensitisation and Reprocessing Therapy (EMDR). Beide haben sich als wirksam erwiesen.


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