So funktioniert EMDR: grundlegende Konzepte

EMDR ist ein Modell der Psychotherapie, das sich auf die Behandlung von Traumata konzentriert. Um die Prinzipien dieser Behandlung zu verstehen, erklären wir in diesem Artikel einige grundlegende Konzepte.
So funktioniert EMDR: grundlegende Konzepte
Ebiezer López

Geschrieben und geprüft von dem Psychologen Ebiezer López.

Letzte Aktualisierung: 20. Juni 2023

Traumatische Ereignisse hinterlassen Abdrücke im Gehirn, die behandelt werden müssen, damit sie keine negativen Auswirkungen auf die Gesundheit haben. In den letzten Jahren hat sich EMDR zu einer der bevorzugten Methoden zur Behandlung von psychischen Traumata entwickelt. Aber es kann manchmal kompliziert sein, diese Technik zu verstehen. Deswegen analysieren wir heute verschiedene grundlegende Konzepte dieser Psychotherapieform.

EMDR (Eye-Movement Desensitization Reprocessing)

Die Technik der Desensibilisierung und Verarbeitung durch Augenbewegung (EMDR) kommt zur Bewältigung von Traumfolgestörungen zum Einsatz. Unter Trauma versteht man eine psychische oder physische Ausnahmesituation, die das Wohlbefinden eines Menschen bedroht: ein Autounfall, sexuelle Gewalt, das Überleben einer Naturkatastrophe usw. Diese Situation macht Betroffene in vielen Fällen anfällig für posttraumatischen Stress.

Diese Therapie nutzt die Augenbewegungen zur Gehirnstimulation, um die Selbstheilungskräfte der betroffenen Person zu aktivieren. Dadurch kann sich die Patientin oder der Patient von den belastenden Gefühlen, die das Trauma verursacht, entkoppeln. Diese Methode reduziert Symptome wie Stress, Hypervigilanz, Depression oder Schuldgefühle.

In der Regel dauert eine EMDR-Sitzung 30 bis 60 Minuten. Die Anzahl der erforderlichen Sitzungen hängt von der Schwere des Traumas und von der betroffenen Person ab. Die Behandlung kann in manchen Fällen bis zu einem Jahr dauern.

So funktioniert EMDR

Ist EMDR wirksam?

Bevor wir uns mit den Grundlagen der EMDR-Behandlung befassen, ist es wichtig über die Wirksamkeit dieser Technik im therapeutischen Kontext zu sprechen. Für manche Menschen mag die Vorstellung, über ihre Traumata zu sprechen, während sie mit den Augen den Fingern des Therapeuten folgen, seltsam erscheinen. Die Forschung deutet jedoch darauf hin, dass diese Praxis unter bestimmten Bedingungen sehr nützlich sein kann.

Wilson et al. (2018) veröffentlichten eine systematische Übersicht über den Einsatz von EMDR bei posttraumatischen Belastungsstörungen. Er stellte fest, dass diese Therapie die Symptome von posttraumatischem Stress reduziert. Sie hilft auch bei anderen Traumafolgestörungen. Andererseits wurde eine Studie durchgeführt, um die Wirksamkeit der Online-EMDR-Behandlung zu untersuchen. Zwar sind weitere Forschungen nötig, doch die Autoren stellten bei dieser Übersichtsarbeit fest, dass die Ergebnisse “vielversprechend” sind. Sie erwähnen, dass EMDR die bevorzugte Option in der Online-Trauma-Psychotherapie zu sein scheint (Lenferink, Meyerbröker & Boelen, 2020).

So funktioniert EMDR: 5 grundlegende Konzepte

Wir analysieren anschließend verschiedene Konzepte, die in einer EMDR-Behandlung grundlegend sind. Diese Therapie integriert Elemente aus der Verhaltenspsychologie, der kognitiven Psychologie, der Psychodynamik und der Familientherapie.

1. Trauma

Der theoretische Rahmen des EMDR betrachtet das Trauma als Information, die durch eine belastende Erfahrung entsteht und auf dysfunktionale Weise gespeichert wird. Die betroffene Person erlebt die Erinnerung an das traumatische Ereignis so, wie sie es zum Zeitpunkt des Vorfalls wahrgenommen hat. Es handelt sich um eine Art lebendige Erinnerung.

Deshalb kommt es zu einer intensiven emotionalen Aktivierung von Angst und Stress, wenn der Patient ähnlichen Situationen ausgesetzt ist. Die EMDR-Behandlung zielt darauf ab, dem Patienten zu helfen, diese Erfahrung aufzuarbeiten, um sie zu desensibilisieren und in die normalen Erinnerungen zu integrieren.

2. Bilaterale Stimulation

In einer EMDR-Sitzung bittet der Therapeut die traumatisierte Person, ihre Erfahrungen zu erzählen, während sie mit den Augen den Fingern des Therapeuten folgt, um beide Gehirnhälften gleichzeitig zu stimulieren. Dieser Prozess wird als bilaterale Stimulation bezeichnet und ist die Grundlage der Therapie. Genauso kann die Stimulation auch durch Geräusche oder körperliche Berührung erfolgen.

3. Adaptive Informationsverarbeitung (AIP)

Das AIP-Modell (Adaptive Information Processing Model) von Francine Shapiro ist ein grundlegendes Element in der EMDR-Behandlung. Dieser Ansatz geht davon aus, dass die Verarbeitung negativer Erfahrungen gestört ist. Deshalb wird das belastende Erlebnis fragmentiert gespeichert und nicht richtig verarbeitet. Im Alltag können bestimmte Auslöser (Trigger), wie Bilder, Geräusche, Gerüche oder Körpererfahrungen, die traumatische Erfahrung aktivieren.

4. Beobachterrolle

Wie bereits erwähnt, ist die Verarbeitung von traumatischen Erlebnissen gestört, die Erinnerung wird gewissermaßen “live” gespeichert. Die Beobachterrolle ist deshalb wichtig, wenn die betroffene Person das Trauma in der Therapie noch einmal erlebt. Für sie ist es so, als wären sie wieder in dieser Zeit und an diesem Ort, sie erlebt die Erfahrung noch einmal.

Die EMDR-Behandlung hilft der Person, sich selbst aus einer Beobachterperspektive zu betrachten, anstatt in die Opferrolle zu schlüpfen. Sie kann sich also selbst aus der Ferne beobachten, während sie das Trauma noch einmal durchlebt.

5. Desensibilisierung

Auch der fortschreitende Verlust der Reaktivität ist eine grundlegende Realität. Ein Beispiel dafür ist eine Person, die einen Verkehrsunfall hatte und deshalb an einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet. In der Folge ist für diese Person der Gedanke an ein Fahrzeug oder das Hören einer Autohupe ein Auslöser, der Angst verursacht. 

Die EMDR-Behandlung soll verhindern, dass diese Reize die emotionale Aktivierung der Angst auslösen. Dies wird als Desensibilisierung bezeichnet und geschieht durch die Aufarbeitung des Erlebnisses.

EMDR Therapie

EMDR: die Debatte

Die American Psychological Association (APA) erkennt EMDR als evidenzbasierte Behandlung für posttraumatische Belastungsstörungen an. Sie betont jedoch, dass die verfügbaren Beweise auf wissenschaftlicher Ebene noch immer diskutiert werden. Einige Kritiker dieses Modells halten es nur für eine weitere Form der Expositionstherapie. In der Praxis ist diese Methode jedoch sehr hilfreich.


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  • Lenferink, L. I. M., Meyerbröker, K., & Boelen, P. A. (2020). PTSD treatment in times of COVID-19: a systematic review of the effects of online EMDR. Psychiatry research, 293, 113438.
  • Wilson, G., Farrell, D., Barron, I., Hutchins, J., Whybrow, D., & Kiernan, M. D. (2018). The use of eye-movement desensitization reprocessing (EMDR) therapy in treating post-traumatic stress disorder—a systematic narrative review. Frontiers in psychology, 9, 923.

Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.