Mein Partner schreit mich im Streit an: Was kann ich tun?
Der schwarze Brüllaffe ist vermutlich das Tier, das am lautesten schreit. Er ist fünf Kilometer durch den dichten südamerikanischen Dschungel hörbar, doch dies hat mehrere Gründe: Er schützt durch sein Geschrei sein Territorium und warnt gleichzeitig seine Gruppe vor möglichen Gefahren und Bedrohungen. In der Tierwelt hat alles einen Zweck und eine Bedeutung. Auch Menschen schreien, um Angst, Wut, Empörung oder Überraschung auszudrücken oder vor Gefahr zu warnen. Es gibt jedoch auch viele Momente, in denen ein solches Verhalten unangebracht ist. Dies ist unter anderem der Fall, wenn dich dein Partner beim Streiten anschreit.
Es gibt Menschen, die nicht wissen, wie sie ihre Argumente vorbringen können, ohne ihre Stimme zu erheben. Doch damit erreichen sie nur, ihr Gegenüber zu destabilisieren, zu verletzen und zu erniedrigen. Wenn du das in deiner Beziehung immer wieder erlebst, benötigst du Strategien, mit denen du darauf reagieren kannst. In vielen Fällen sind jedoch drastische Entscheidungen nötig.
Im Streit jemanden anzuschreien, bedeutet, dass diese Person ihre Emotionen nicht kontrollieren kann und damit meistens jene Menschen trifft, die es am wenigsten verdient haben.
Kommunikation und Emotionen: Wenn der Verstand zusammenbricht
Wenn dein Partner im Streit schreit, solltest du das keinesfalls als normal akzeptieren. Dieses Verhalten löst Stress, Angst oder Empörung aus, kommt jedoch trotzdem sehr häufig vor. Denn bei Konflikten sind viele nicht in der Lage, sich zu beherrschen und zu kontrollieren. Ihre Emotionen sind intensiv und sie reagieren entsprechend übertrieben. Schreien ist eine Form der emotionalen Katharsis – und oft nur schwer zu regulieren.
Forschungen der Universität Zürich haben ergeben, dass es mindestens sechs Schreiarten gibt, die Gefühlen Luft machen. Wir lassen uns dabei von unseren Emotionen leiten und schalten unser Gehirn kurzzeitig aus.
Dies wird zum Problem, wenn du dein Leben mit einer Person teilst, die im Streit ständig schreit und damit jede Kommunikation unmöglich macht. Es handelt sich um eine Form der Misshandlung, die du nicht zulassen solltest.
Hinter der gewalttätigen Kommunikation können sich Erziehungsprobleme oder posttraumatische Belastungsstörungen verbergen.
Warum schreit mich mein Partner im Streit an?
“Kannst du mit mir reden, ohne zu schreien?” Du hast diesen Satz vielleicht schon unzählige Male ausgesprochen, ohne damit Resultate zu erzielen. Personen, die mit Schreien reagieren, übernehmen oft nicht die Verantwortung für ihr Verhalten, sondern schieben diese anderen zu. Sie sehen darin außerdem oft kein Problem. Es gibt verschiedene Gründe, warum ihnen diese zerstörerische Dynamik nicht bewusst ist:
- Vielleicht sind Betroffene in einer Familie aufgewachsen, in der dieses Verhalten normal ist.
- Gewalttätige Eltern erreichen mit ihrem Verhalten, dass ihre Kinder einen Zustand der Hypervigilanz entwickeln. Sie rasten schnell aus, da sie unverarbeitete Traumata mit sich herumtragen. Dahinter kann sich eine posttraumatische Belastungsstörung verbergen, welche die Tendenz stark emotionaler Reaktionen fördert.
- Betroffene weisen meist eine geringe Frustrationstoleranz auf. Sie empfinden Meinungsverschiedenheiten als bedrohlich und reagieren mit Gewalt.
- Auch für viele psychische Probleme ist das emotionale Missmanagement charakteristisch, unter anderem bei einer Borderline-Persönlichkeitsstörung.
- Zusätzlich gibt es Menschen, die ein sehr geringes Maß an Empathie aufweisen. Sie sind es gewohnt, ihre Wut an anderen auszulassen. Schreien wird zum Mittel, um andere zu entwerten und die eigene Macht durchzusetzen.
Aggressives Verhalten im Streit führt zu intensivem Stress. Deshalb sind Selbstregulierungsstrategien nötig, um dieser Situation zu entkommen.
Was kann ich tun, wenn mein Partner im Streit immer lauter wird?
Wenn dich dein Partner während des Streits anschreit, steckt die Beziehung offensichtlich in einer Krise. Es handelt sich um eine Form der psychischen Aggression, die du nicht dulden solltest. Verliert dein Partner die Beherrschung nur im Streit und ist ein respektvolles Zusammenleben noch möglich, können folgende Ratschläge helfen.
1. Schreien macht die Kommunikation unmöglich
Beginnt dein Partner mitten im Streit zu schreien, solltest du diese Dynamik unterbrechen. Ahme ihn nicht nach, indem du noch lauter wirst, sondern schweige und distanziere dich.
2. Frage deinen Partner nach den Gründen für sein Verhalten
“Wurdest du von deinen Eltern so behandelt? Wie fühlst du dich dabei? Empfindest du eine Meinungsverschiedenheit als Bedrohung?” Versuche, die Gründe für diese Reaktion herauszufinden und deinem Partner so bewusst zu machen, dass das Schreien keinen Sinn ergibt. Es handelt sich hierbei um eine Selbsterkenntnisübung.
3. Versuche, Veränderungen zu bewirken und ermutige deinen Partner zur Empathie
Gelegentliche Meinungsverschiedenheiten sind in einer Beziehung ganz normal. Wenn jedoch Geschrei im Streit die Kommunikation konstant unmöglich macht, muss diese Dynamik verändert werden. Erkläre deinem Partner, wie du dich fühlst, damit er Mitgefühl entwickelt. Teile ihm offen mit, dass du so nicht weitermachen kannst und Veränderungen benötigst. Ermutige deinen Partner, eine Therapie zu machen, wenn er seine Emotionen nicht kontrollieren kann.
4. Wenn du keine Veränderung siehst, triff eine Entscheidung
Wenn dich dein Partner im Streit ständig anschreit und keine Veränderungen deutlich werden, musst du eine Entscheidung treffen. Natürlich ist es nicht einfach, Verhaltensmuster, die in den meisten Fällen schon seit der Kindheit verankert sind, zu ändern. Doch wenn sich dein Partner nicht einmal bemüht, ist die Beziehung zerstörerisch. Du solltest darüber nachdenken, was du in deinem Leben willst und welche Konsequenzen du ziehen solltest.
Alle zitierten Quellen wurden von unserem Team gründlich geprüft, um deren Qualität, Verlässlichkeit, Aktualität und Gültigkeit zu gewährleisten. Die Bibliographie dieses Artikels wurde als zuverlässig und akademisch oder wissenschaftlich präzise angesehen.
- Amaladas, S. (2022). Facilitating listening for understanding through the use of stories. Journal of Leadership Studies, 15(4), 46–51. https://doi.org/10.1002/jls.21795
- Holz, N., Larrouy-Maestri, P., & Poeppel, D. (2022). The variably intense vocalizations of affect and emotion (VIVAE) corpus prompts new perspective on nonspeech perception. Emotion, 22(1), 213–225. doi: 10.1002/jls.21795
- Holz, N., Larrouy-Maestri, P., & Poeppel, D. (2021). The paradoxical role of emotional intensity in the perception of vocal affect. Scientific Reports, 11(1), 9663. https://doi.org/10.1038/s41598-021-88431-0
- Frühholz S, Dietziker J, Staib M, Trost W. Neurocognitive processing efficiency for discriminating human non-alarm rather than alarm scream calls. PLoS Biol. 2021 Apr 13;19(4):e3000751. doi: 10.1371/journal.pbio.3000751. PMID: 33848299; PMCID: PMC8043411.