Kognitive Trägheit und soziale Netzwerke

Unser Gehirn versucht, Energie und Ressourcen zu sparen, doch dies kann die Tür zu Manipulation und Falschinformationen öffnen. Du solltest dir Zeit nehmen, Informationen zu analysieren und kritisch zu werten.
Kognitive Trägheit und soziale Netzwerke
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 15. November 2021

Kognitive Trägheit ist ein Phänomen, das wir alle kennen. In diesem Moment steht die Analysefähigkeit auf Standby und der kritische Sinn wird heruntergefahren. Lüge und Manipulation haben in deshalb Situation ein leichtes Spiel.

Psychologen und Neurowissenschaftler wissen, dass der Denkprozess viel Energie konsumiert, da dabei verschiedene kognitive Fähigkeiten wie Aufmerksamkeit, Analyse, Synthese, Vergleich oder Urteilsvermögen aktiv sind. Das Gehirn versucht jedoch, so wenig Energie wie möglich zu konsumieren. Das bedeutet, dass es träger ist, als wir denken.

Unser Denkorgan schaltet auf Autopilot, um Ressourcen und Zeit zu sparen. Allerdings führt die kognitive Trägheit dazu, dass es unaufmerksam ist und viele Dinge als selbstverständlich hinnimmt, ohne sie zu überprüfen. Das Ergebnis kann gefährlich sein, da sich das Gehirn mit Falschinformation zufriedengibt.

Experten sind besonders daran interessiert herauszufinden, warum wir Falschinformationen für richtig halten, ohne sie zu hinterfragen. Die kognitive Trägheit könne eine Teilerklärung sein.

Kognitive Trägheit und soziale Netzwerke: Wie hängen sie zusammen?

Was ist kognitive Trägheit?

Kognitive Trägheit bezeichnet die eingeschränkte mentale Verarbeitung von Informationen. Das hat nichts mit dem IQ zu tun. Mit anderen Worten: Sehr intelligente Menschen können in bestimmten Situationen oder Umständen ihre kognitiven Ressourcen reduzieren. Das kann uns allen passieren.

Wir machen uns unter anderem Stereotype oder Vorurteile zunutze, um Ressourcen zu sparen. Unser Gehirn vereinfacht die Informationen, die wir erhalten, um uns Zeit und Energie zu sparen. Das bedeutet, dass die Realität in vielen Fällen fehlinterpretiert wird, was negative Folgen haben kann.

Ein Beispiel: Vor wenigen Wochen wurde in Twitter eine Nachricht viral, in der Freiwillige gesucht wurden, um die Lava des Vulkans auf der Kanarischen Insel La Palma (Spanien) zu sammeln. Diese Nachricht wurde in Sekundenschnelle von vielen geteilt. Niemand kam es in den Sinn, kritisch zu denken, natürlich handelte es sich um eine Falschmeldung.

Ohne kritisches Denken triumphiert die Unwahrheit

Es ist wichtig zu verstehen, warum wir anfällig dafür sind, Falschmeldungen zu glauben. Das Problem liegt nicht nur bei denen, die den Betrug begehen oder versuchen, die Massen zu manipulieren. In der Tat ist es entscheidend zu wissen, was uns anfällig für diese häufigen Fallen macht, die so viel Schaden anrichten können.

Ein Problem ist sicherlich unsere kognitive Trägheit, die keine Fragen stellt und die Welt so akzeptiert, wie sie auf den ersten Blick scheint. In sozialen Netzwerken wird dies besonders deutlich.

Andererseits ist es interessant, die Ergebnisse einer Studie der Yale University aus dem Jahr 2019 zu kommentieren. Auf die Frage, warum Menschen falsche Schlagzeilen glauben, wurde spekuliert, dass wir vielleicht nur das als wahr, glaubwürdig oder plausibel einstufen, was zu dem passt, was wir bereits denken. Die Ergebnisse konnten dies jedoch nicht bestätigen. Die Wahrheit ist: Wir sind träge und benötigen Energie für analytisches Denken, unabhängig von der Informationsquelle.

Wir verwenden unser Smartphone, um uns abzulenken, auszuruhen oder zu unterhalten. Dabei reisen wir in eine manipulierte Realität, ohne uns darüber bewusst zu sein, da unser Denkorgan Ressourcen spart.

Kognitive Trägheit und soziale Netzwerke: Wie hängen sie zusammen?

Was ist die Lösung? Reversibles Denken statt kognitive Trägheit

Die kognitive Trägheit macht uns blind und öffnet den Weg zu Manipulation und Falschinformationen. Während wir alle die Eigenschaften haben, bestimmte Gefahren zu erkennen, die unser Überleben wahrscheinlicher machen, hat das digitale Zeitalter auch in dieser Hinsicht eine Revolution ausgelöst. Die Feinde befinden sich nicht in der physischen Welt, sondern in der digitalen Parallelwelt.

Wenn du etwas gegen die kognitive Trägheit tun willst, solltest du das reversible Denken nutzen. Dieser Ansatz definiert unsere Fähigkeit, in beide Richtungen zu denken. Das heißt, dass wir durch reversibles Denken Informationen aus mehreren Perspektiven verarbeiten können. Diese Technik hilft uns außerdem, Probleme mit verschiedenen Ansätzen zu lösen, egal wie widersprüchlich sie sein mögen.

Der Schlüssel ist, diese starre Herangehensweise loszuwerden. Kognitive Trägheit ist wie das Überqueren einer Straße, ohne nach rechts und links zu schauen. Lasst uns die Augen öffnen, lasst uns diese dringend nötige Anstrengung unternehmen, um nicht von Manipulation und Lüge überrollt zu werden.

Jean Piaget definierte reversibles Denken als ein Merkmal echter Intelligenz. Sie hilft uns, Informationen mit einer umfassenderen Perspektive zu betrachten und uns nicht mit der erstbesten Version zufriedenzustellen.


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