Können Babys im Mutterleib die Gefühle ihrer Mütter spüren?

Werdende Mütter sollten nicht nur auf ihre Ernährung, sondern auch auf ihre Gefühle achten, die sich auf ihr Baby auswirken.
Können Babys im Mutterleib die Gefühle ihrer Mütter spüren?
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 24. April 2023

Seit Jahrzehnten gibt uns die Wissenschaft eine klare Antwort: Ja. Aber es gibt Nuancen. Babys im Mutterleib verstehen nicht und können nicht wissen, was Traurigkeit, Freude oder Angst sind. Allerdings reagieren sie empfindlich auf “Hormonbäder”, die durch Stress oder Angst ausgelöst werden.

Wir hören immer wieder, dass die 32. Woche eine entscheidende Phase für den Fötus darstellt. Die Babys im Mutterleib verhalten sich in diesem Alter fast wie Neugeborene und sind empfindlich für alles, was um sie herum passiert. Sie träumen sogar und haben ihre eigenen REM-Phasen. Die Eltern zögern nicht, den Fötus von außen mit Musik, netten Worten, Streicheleinheiten und sogar mit Licht auf dem Bauch der Mutter zu stimulieren.

Diese Praktiken sollen die Intelligenz und die kognitiven Fähigkeiten fördern. Die Bedeutung des mütterlichen Wohlbefindens als entscheidende Variable für die fötale Neuroentwicklung wird jedoch oft vernachlässigt. Denn die emotionale Verbindung zwischen Baby und Mutter ist so intensiv, dass alles, was die Mutter fühlt, auch Auswirkungen auf das Baby im Mutterleib hat, so wie die Nahrung, die es über die Nabelschnur erhält.

Das Baby im Mutterleib spürt die Emotionen seiner Mutter. 

Können Babys im Mutterleib die Gefühle ihrer Mütter spüren?
Das Leben des Fötus in seinem mütterlichen Universum ist nicht so geschützt, wie wir denken. Das Baby kann auch Stress und andere negative Emotionen erleben.

Ja, Babys spüren die Emotionen ihrer Mütter im Mutterleib

In der Schwangerschaft achten Frauen oft verstärkt auf ihre Ernährung und ihren Lebensstil. Dem emotionalen Wohlbefinden wird jedoch nicht immer die gleiche Aufmerksamkeit geschenkt wie der Ernährung. So kann sich beispielsweise auch die Arbeit in einem stressigen Umfeld auf die Entwicklung des Fötus auswirken.

Die perinatale Periode, also die Zeit von der 28. Schwangerschaftswoche bis zum siebten Lebenstag außerhalb des Mutterleibs, ist entscheidend für das Baby: Die psychologische Verfassung der Mutter ist in dieser Phase grundlegend für dessen Entwicklung. 

Forschungen der Universität von Kalifornien versuchen, uns wachzurütteln: Faktoren wie chronischer Stress, Diskriminierung oder depressive Symptome der Mutter werden mit einem niedrigeren Geburtsgewicht der Babys und Entwicklungsproblemen in Verbindung gebracht. Es stimmt also, dass Babys die Gefühle ihrer Mütter schon im Mutterleib spüren können. Und nicht nur das: Babys können auch biologisch beeinträchtigt werden, wenn die Mutter unter lang anhaltenden Stresssituationen leidet.

Die Emotionen erreichen nicht die Plazenta des Babys, die Struktur, die das Baby mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Aber die Hormone der Mutter beeinflussen das im Mutterleib heranwachsende Kind.

Die Botschaften, die ein Baby von seiner Mutter im Mutterleib erhält

Es gibt wunderbare Bilder davon, was ein Fötus erlebt, wenn seine Mutter lacht. Die Gebärmutter bewegt sich und dann scheint das Baby in diesem kleinen, faszinierenden und sicheren Universum zu schwingen. Beide genießen diese intensive, fröhliche und dynamische Situation, die eine große Anzahl von Hormonen produziert, welche mit dem Gefühl des Wohlbefindens verbunden sind – unter anderem Serotonin und Endorphine.

Die Emotionen der Mutter erreichen das Kind über das endokrine System. Alles, was die Mutter fühlt, wirkt sich auf den Fötus aus. Die Verbindung zwischen den beiden ist sehr intensiv und geht weit über die Nabelschnur hinaus. Das ist wunderbar, doch es gibt auch Risiken: Nicht alle Botschaften, die das Baby erhält, sind positiv. Es stimmt zwar, dass die Schwangerschaft selbst oft eine ganze Reihe widersprüchlicher Emotionen hervorruft, aber die werdende Mutter kann auch Traurigkeit, Angst oder Dauerstress erleben.

Unbehandelte Depressionen in der Schwangerschaft

Was passiert, wenn die Mutter an einer Depression leidet, mit der sie nicht umgehen kann? Das ist ein Thema, über das wir viel zu wenig sprechen. Denn depressive Störungen während der Schwangerschaft kommen sehr häufig vor.

Untersuchungen des California Institute of Psychology and Behavioural Neuroscience warnen davor, dass Stimmungsstörungen während der Schwangerschaft oft unbehandelt bleiben. Dadurch erhöht sich das Risiko einer Früh- oder Totgeburt. Perinatale Komplikationen sind in diesen Fällen keine Seltenheit.

Mutter macht Yoga, während sich das Baby im Mutterleib entspannt
Die emotionale Fürsorge ist ein wichtiger Aspekt, den werdende Mütter nicht vergessen sollten.

Die Bedeutung der emotionalen Fürsorge während der Schwangerschaft

Es ist gut, während der Schwangerschaft auf die Ernährung zu achten. Pläne schmieden, das Babyzimmer dekorieren und sogar ein längerer Mutterschaftsurlaub als üblich sind ebenfalls empfehlenswerte Vorbereitungen. Wir dürfen aber auch die psychologischen Aspekte der Schwangerschaft selbst nicht vernachlässigen. Diese sind nicht immer einfach.

  • Jede Frau geht mit ihrer Schwangerschaft auf ihre eigene Art und Weise um. Es ist nicht immer eine einfache oder unglaublich glückliche Zeit.
  • Neben der Schwangerschaft gibt es immer wieder Faktoren, die das emotionale Wohlbefinden einer Frau beeinflussen. Die Arbeit, das familiäre Umfeld oder die Beziehung sind oft Quellen von Angst und Stress.
  • Auch die Schwangerschaft selbst kann Stimmungsschwankungen fördern.
  • Es ist wichtig, dass die Frau immer Unterstützung hat, Menschen, mit denen sie sprechen kann und denen sie ehrlich sagen kann, wie sie sich gerade fühlt.

Psychologinnen und Psychologen aus der Prä- und Perinatalpsychologie kennen sich in diesem Bereich besonders gut aus. Du solltest dir nach Bedarf unbedingt helfen lassen.


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