Existenzielle Intelligenz: die große Unbekannte der multiplen Intelligenzen

Howard Gardner entwickelte seine revolutionäre Theorie der multiplen Intelligenzen in den 80er-Jahren. Später ergänzte er sie mit der existenziellen Intelligenz, die wir heute näher betrachten.
Existenzielle Intelligenz: die große Unbekannte der multiplen Intelligenzen
María Alejandra Castro Arbeláez

Geschrieben und geprüft von der Psychologin María Alejandra Castro Arbeláez.

Letzte Aktualisierung: 22. Dezember 2022

In seiner Theorie der multiplen Intelligenzen definiert Howard Gardner die existenzielle Intelligenz, die wir heute näher betrachten. Sie ist eher unbekannt, da sie in früheren Definitionen nicht berücksichtigt wurde. Es handelt sich jedoch um ein höchst interessantes Konzept, das sich auf die Fähigkeit bezieht, philosophische Themen zu betrachten, die sich auf die Existenz der Menschheit konzentrieren.

“Es kommt in Wahrheit nicht darauf an, wie intelligent du bis, sondern welche Intelligenz du hast.” 

Howard Gardner

Die Theorie der multiplen Intelligenzen

Lange Zeit wurde Intelligenz als einfaktoriell angesehen. Noch immer wird sie vielfach mit einem reduktionistischen Indikator, dem IQ, bewertet. Zwar gibt es verschiedene Beurteilungsmöglichkeiten, doch in den meisten Fällen konzentrieren sich die Tests auf logische Fähigkeiten.

Verschiedene Autoren haben sich jedoch für ein umfassenderes Konzept der Intelligenz eingesetzt. Einige Beispiele sind:

  • Daniel Goleman. Mit seinen Werken und Vorträgen machte er den Begriff der emotionalen Intelligenz bekannt. Es handelt sich um die Fähigkeit, die eigenen Emotionen und die anderer zu erkennen und zu steuern.
  • Robert Sternberg. Er sprach von drei Arten von Intelligenz, der analytischen, der kontextbezogenen und der erfahrungsbezogenen.
  • Howard Gardner. Schöpfer der Theorie der multiplen Intelligenzen. Dieser Autor beschreibt verschiedene, unterschiedlich ausgeprägte Intelligenzen oder Fähigkeiten, die miteinander verwandt sind.

Howard Gardner und die existenzielle Intelligenz

Howard Gardner ist ein renommierter Psychologe, der jahrelang an der Universität von Harvard forschte. Seine Arbeit hat verschiedene Modelle der Intelligenz hervorgebracht und die Betrachtungsweise dieses Konstrukts verändert, indem sie pädagogische, soziale und psychologische Bereiche beeinflusste.

Gardner argumentierte zum Beispiel, dass die Intelligenz eines Menschen kaum durch eine Zahl dargestellt werden kann, egal wie standardisiert die Messinstrumente sind. Er teilte dieses Konstrukt in acht Intelligenztypen ein: die sprachlich-linguistische, logisch-mathematische, bildlich-räumliche, musikalisch-rhythmische, körperlich-kinästhetische, interpersonale, intrapersonelle und naturalistische Intelligenz.

Und wo bleibt die existenzielle Intelligenz?

Existenzielle Intelligenz: Was ist das?

Gardner setzte seine Forschungen fort, zögerte jedoch, eine weitere Art aufzunehmen: die existenzielle Intelligenz. Nach dem Boom und der breiten Anerkennung der Theorie der multiplen Intelligenzen haben viele vergessen, dass sich die Theorie weiterentwickelt hat.

In diesem Sinne bezieht sich die existenzielle Intelligenz auf die kognitive Fähigkeit, wichtige menschliche Fragen zu stellen und darüber nachzudenken. Einige Beispiele:

  • Liebe
  • Leben und Tod
  • Gut und Böse
  • Die menschliche Natur
  • Die Qualität der Existenz

Die meisten von uns denken irgendwann über diese oder ähnliche existenzielle Fragen nach. Bei manchen ist diese Intelligenz stärker ausgeprägt, bei anderen schwächer.

Die existenzielle Intelligenz und ihre Merkmale

Um diese Art der Intelligenz besser zu verstehen, listen wir die wichtigsten Merkmale auf:

  • Die existenzielle Intelligenz setzte einen hohen Entwicklungsstand in anderen kognitiven Bereichen voraus, z. B. abstraktes und tiefes Denken.
  • Interesse an tiefgreifenden Fragen, wie dem Ursprung des Lebens und dem Zweck unserer Existenz.
  • Die Fähigkeit, uns selbst und andere aus einer tiefen Perspektive zu beobachten.
  • Desinteresse an alltäglichen sozialen Praktiken.
  • Transzendenz des Physischen und Erfahrung der Einheit mit allen Elementen des Universums.
  • Das Eintreten für universelle Werte wie Frieden, Liebe, Weisheit, Güte und Wahrheit.
  • Interesse an spirituellem Wissen und Praktiken.
  • Der Wunsch, anderen zu helfen und zu dienen.
  • Wiederkehrende Praxis der Selbstfürsorge und die Betrachtung des Körpers als Gefäß für die Seele.

Beispiele für existenzielle Intelligenz

Auch im Alltag zeigt sich diese Art von Intelligenz in den folgenden Situationen:

  • Indem du entschlossen und klar, aber gewaltfrei auf persönliche Angriffe reagierst.
  • Wenn du mit einem Konflikt konfrontiert wirst, prüfe die Fakten und möglichen Lösungen aus einer konstruktiven Perspektive.
  • Du handelst solidarisch, respektvoll und friedlich, um das Wohl des Kollektivs zu gewährleisten.
  • Außerdem zeigst du tiefen Respekt vor allen Lebewesen, denn wir sind alle Teil einer Einheit.

Ansatz der existenziellen Intelligenz

Wie bereits erwähnt, hat Gardner nur die Möglichkeit geäußert, dass diese Intelligenz existiert, da er sich nicht sicher war, ob es ein neurologisches Korrelat gibt. Er hat immer noch seine Zweifel, aber er behauptet, von verschiedenen Autoren Botschaften zu erhalten, die ihre Existenz bestätigen und sie mit der spirituellen Intelligenz in Verbindung bringen.

In seinem Buch “Intelligence Reframed: Multiple Intelligences in the 21st Century” plädiert er deshalb dafür, die Definition von Intelligenz zu erweitern, und gibt praktische Ratschläge für die pädagogische Anwendung.

In seinem Blog spielt Howard Gardner (2020) auf die Covid-19-Pandemie an und kommentiert, dass unsere Routinen gestört wurden und die Notwendigkeit entstanden ist, uns selbst und andere zu schützen. Infolgedessen hatten wir mehr Zeit, über das Leben nachzudenken und uns selbst infrage zu stellen.

Diese Dynamik, die durch die Pandemie entstand, ist nicht einzigartig in der Menschheitsgeschichte, aber sie führte dazu, dass dieser Autor die Bedeutung der existenziellen Intelligenz wiederentdeckte, da er begann, sie in seinem eigenen Leben und im Leben nahestehender Menschen zu beobachten.

Strategien zur Entwicklung existenzieller Intelligenz

Du musst kein Philosoph, Theologe oder Akademiker sein, um existenzielle Intelligenz zu entwickeln, denn wir alle können sie nutzen. Hier sind einige Möglichkeiten, dies zu tun:

  • Übe dich in Kontemplation und Meditation, um ein tieferes Verständnis der Dinge und deiner selbst zu erlangen.
  • Führe Gewohnheiten zur Selbstfürsorge ein, z. B. gesunde Ernährung, körperliche Bewegung und Freizeitaktivitäten. Das wird dazu beitragen, dass dein Körper gesund bleibt und somit auch dein Geist stärker wird.
  • Führe tiefgehende Dialoge mit deinem Umfeld, sprich und diskutiere über Themen, wie den Sinn von Leben und Tod. Um deine Antworten zu untermauern, kannst du verschiedene Philosophen lesen und dich mit einer allgemeinen Perspektive identifizieren.
  • Praktiziere Solidarität in deiner Gemeinde und fördere Frieden und Einheit unter den Menschen um dich herum.
  • Entwickle Aufgeschlossenheit, damit du andere Positionen und Realitäten in dein Glaubenssystem integrieren kannst.

Abschließend betonen wir, dass diese Art von Intelligenz helfen kann, uns mit uns selbst und mit anderen verbunden zu fühlen, was zweifellos unser Wohlbefinden steigert. Worauf wartest du also noch, um diese Intelligenz zu entwickeln?


Alle zitierten Quellen wurden von unserem Team gründlich geprüft, um deren Qualität, Verlässlichkeit, Aktualität und Gültigkeit zu gewährleisten. Die Bibliographie dieses Artikels wurde als zuverlässig und akademisch oder wissenschaftlich präzise angesehen.



Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.