Informatisches Denken oder Computational Thinking - Was ist das?

Informatisches Denken bedeutet zu wissen, wie man Probleme auf innovativere Weise lösen kann. Dabei werden neue Technologien genutzt, um Antworten auf die Bedürfnisse der Menschheit in einer zunehmend komplexer werdenden Welt zu finden.
Informatisches Denken oder Computational Thinking - Was ist das?
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 13. März 2023

Informatisches Denken (auch als Computational Thinking bezeichnet) ist eine Fähigkeit, die in Zukunft viele Türen eröffnen kann. Zu wissen, wie man Probleme formuliert, Informationen logisch organisiert oder abstrakt denkt, sind grundlegende Prozesse, die diesen wertvollen kognitiven Ansatz ausmachen.

In einer zunehmend komplexer werdenden Welt müssen wir zweifelsohne wissen, wie wir mit den Herausforderungen unserer Umgebung umgehen können.

Bedeutet informatisches Denken demzufolge, dass wir lernen müssen, wie Maschinen zu denken? Nicht wirklich. Denn es umfasst auch viele Bereiche, die künstliche Intelligenz zum heutigen Zeitpunkt nicht bewältigen oder erfassen kann. Beim informatischen Denken spielt auch laterales Denken eine Rolle und ebenso das Wissen, wie man mit emotionalen Variablen umgeht und vor allem das Verständnis für menschliches Verhalten.

Natürlich lässt der Begriff “informatisch” beinahe automatisch an die Welt der Logarithmen, Chips und Routinen hochkomplexer Computer denken. Allerdings strebt dieser Ansatz jedoch etwas ganz anderes an. Diese Perspektive versucht, allen Problemen zu begegnen, die sich in den nächsten Jahren ergeben könnten, indem Technologie und Menschlichkeit, Bedürfnisse mit Antworten und Herausforderungen mit innovativen Vorschlägen vereint werden.

Mit dieser Thematik wollen wir uns nachfolgend etwas eingehender befassen.

Informatisches Denken - Gehirn - Verknüpfungen

Informatisches Denken: Definition, Merkmale und Zweck

Computational Thinking ist ein Begriff, der ursprünglich aus den Theorien von Seymour Papert stammt, einem Pionier auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz und Erfinder der Programmiersprache Logo (1968).

Im Jahr 1995 wies er auf die Notwendigkeit hin, das Bildungssystem neu zu gestalten und Computer und Programmiersprachen in den Lehrplan aufzunehmen. Er sah also bereits damals den großen Bedarf an Menschen voraus, die im Umgang mit Computern ausgebildet sind.

Dr. Papert legte in den 1990er Jahren den Grundstein für diesen Ansatz. Aber nach seinem Tod entwickelte Dr. Jeannette Wing diese Idee noch wesentlich weiter. Die Elektroingenieurin und Informatikerin und ehemalige Leiterin der Forschung bei Microsoft erklärte in ihrer Forschungsarbeit, dass informatisches Denken alle Aktivitäts- und Tätigkeitsbereiche beeinflussen werde. Eine ihrer wichtigsten Veröffentlichungen war “Computational thinking and thinking about computing” (auf Deutsch: Informatisches Denken und Gedanken über Informatik).

Darüber hinaus bekräftigt sie die Bedeutung von Paperts Vorschlag und weist erneut darauf hin, dass diese neue Kompetenz in die schulischen Lehrpläne integriert werden muss. Informatisches Denken ist eine wesentliche Fähigkeit, die in Zukunft viele Bereiche wie Ingenieur-, Geistes- und Naturwissenschaften unterstützen wird. Daher wollen wir uns nachfolgend genauer damit befassen, was informatisches Denken ausmacht.

Was genau ist informatisches Denken?

Computational Thinking oder informatisches Denken ist ein anspruchsvoller kognitiver Prozess, der wissenschaftliches Denken bei der Problemlösung ermöglicht. Obwohl Computer und neue Technologien unser Leben in vielen Bereichen vereinfachen, da sie vielfältige Herausforderungen lösen, müssen wir ihnen dennoch einen Schritt voraus sein.

Darüber hinaus betont Dr. Jeannette Wing, dass wir verstehen müssen, wie Maschinen “denken”, um ihre Operationen in der Zukunft zu verbessern. Wir müssen wissen, wie sich natürliche Prozesse mit künstlichen kombinieren lassen. Außerdem müssen wir lernen, wie wir unsere Intuition und laterales Denken mit den kognitiven Prozessen verbinden können, die wir aus der Nutzung von Computern generieren.

Die Merkmale des informatischen Denkens

Diese Perspektive besteht in der Entwicklung einer Reihe exekutiver Funktionen. Tatsächlich benutzt du sie bereits in deinem täglichen Leben, aber du bist dir dessen gar nicht bewusst. Infolgedessen nutzt du auch nicht alle Vorteile, die damit verbunden sind.

Letztendlich gibt es nichts Bereichernderes als zu “lernen, besser zu denken”. Dank dieser Fähigkeit wirst du in der Lage sein, deine täglichen Herausforderungen auf innovativere Weise zu lösen.

Informatisches Denken basiert auf vier Grundachsen:

  • Zergliedern. Um Probleme oder Aufgaben besser zu verstehen, werden sie zunächst in kleinere Teile zerlegt.
  • Wissen, wie man Muster erkennt. Jedes Phänomen, jede Erfahrung, jeder Reiz, jedes Problem oder jeder Umstand bildet normalerweise ein internes Schema und reagiert auf ein Muster, das sich identifizieren lässt.
  • Abstraktes Denken. Zu dieser Art des Denkens ist ausschließlich der Mensch fähig. Dank dieser Kompetenz kannst du originelle Ideen entwickeln oder sogar Situationen oder Szenarien antizipieren, um zu wissen, wie du dich unter bestimmten Umständen verhalten würdest.
  • Algorithmen. Ein Algorithmus ist ein Plan, eine Abfolge von Schritten oder ein Diagramm, das dir ermöglicht, ein Problem Schritt für Schritt zu lösen. Aufgrund dessen kannst du eine Reihe klarer und einfacher Instruktionen erarbeiten, um auf ein bestimmtes Ereignis zu reagieren. Eine Reihe von Aspekten definieren den Algorithmus. Sie haben beispielsweise immer eine endliche Anzahl von Schritten und verfolgen ein bestimmtes und spezifisches (eindeutiges und nicht mehrdeutiges) Ziel.

Die einzelnen Schritte

Neben all den Faktoren und Variablen, die informatisches Denken definieren und über die wir bereits gesprochen haben, gibt es noch einen weiteren relevanten Aspekt, den du verstehen musst. Es ist gleichermaßen wichtig, dass du die Reihenfolge kennst, in der dieses Denken normalerweise abläuft.

  • Analyse. Bevor du ein Problem löst, musst du es zunächst gründlich analysieren.
  • Abstraktion. Der zweite Schritt besteht darin, zu wissen, wie du das Problem formulierst. Was genau passiert? Gibt es ein Muster? Welche Strategie kannst du entwickeln? Welche deiner bisherigen Erfahrungen in Bezug auf diese Situation kommen dir in den Kopf und wie kannst du sie nutzen?
  • Formulierung der Lösung oder des Lösungsvorschlags. Nach der mentalen Formulierung deiner Strategie, die du befolgen willst, ist es an der Zeit, diese anzuwenden und zu testen.
  • Evaluation. Nach der Durchführung folgt die Evaluation. Hast du das gewünschte Ergebnis erzielt oder kannst du es in irgendeiner Art und Weise verbessern?
  • Generalisierung und Transfer. Nachdem du den Erfolg deiner erzielten Ergebnisse evaluiert hast, kannst du das Entwickelte anschließend auch auf andere Bereiche anwenden.
Informatisches Denken - Schulkind

Denken lernen – daher ist es so wichtig

Der Psychologe und Nobelpreisträger Daniel Kahneman gehört zu den weltweit wichtigsten Denkern. Er weist darauf hin, dass heutzutage viele Menschen Entscheidungen treffen, ohne überhaupt darüber nachzudenken. Stattdessen entscheiden sie sich dafür, ihren Impulsen zu folgen. Darüber hinaus gibt es auch zahlreiche Menschen, die wählen, ohne überhaupt zu wissen, wofür sie ihre Stimme abgeben.

Es gibt wohl nichts Entscheidenderes und Vorteilhafteres als neuen Generationen das Denken beizubringen. Daher müssen wir Menschen dabei unterstützen, eine kritischere Sichtweise auf Dinge einzunehmen oder zu wissen, wie sie die Realität aus einer analytischeren und reflektierenderen Perspektive betrachten können.

Informatisches Denken ist der Anstoß für die Zukunft. Nicht nur, weil es uns dabei hilft, Probleme intelligenter zu lösen, sondern auch, weil es uns dazu befähigt, der künstlichen Intelligenz einen Schritt voraus zu sein. Und das ist sehr wichtig, um sicherzustellen, dass die Technologie stets im Dienste der Menschheit steht. Das dürfen wir keinesfalls vergessen!


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  • Berrocoso, Jesús Valverde; Sánchez, María Rosa Fernández; Arroyo, María del Carmen Garrido (23 de octubre de 2015). «El pensamiento computacional y las nuevas ecologías del aprendizaje». Revista de Educación a Distancia 0 (46).
  • Wing, J. M. (2008). “Computational thinking and thinking about computing”. Philosophical Transactions of the Royal Society A: Mathematical, Physical and Engineering Sciences. 366 (1881): 3717–3725. Bibcode:2008RSPTA.366.3717W. doi:10.1098/rsta.2008.0118.
  •  Wing, Jeannette (2014). “Computational Thinking Benefits Society”. 40th Anniversary Blog of Social Issues in Computing.
  •  Wing, Jeannette M. (March 2011). “Research Notebook: Computational Thinking—What and Why?”. The LINK. The Magazine of Carnegie Mellon University’s School of Computer Science. Carnegie Mellon University, School of Computer Science.

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