Abstraktes Denken: Was genau ist das und wozu dient es?

Was ist abstraktes Denken? In diesem Artikel werden wir über seine Merkmale und Funktionen sowie über die Unterschiede zu konkretem Denken sprechen. Lies einfach weiter und erfahre mehr darüber!
Abstraktes Denken: Was genau ist das und wozu dient es?

Letzte Aktualisierung: 06. Januar 2021

Vermutlich hast du schon über abstraktes Denken gehört. Aber weißt du wirklich, was sich dahinter eigentlich verbirgt? Grundsätzlich ist dies eine Art des Denkens, die es dir erlaubt, über Dinge zu reflektieren, die im gegenwärtigen Moment und Raum nicht vorhanden sind. Darüber hinaus ermöglicht dir abstraktes Denken, über allgemeine Konzepte und Prinzipien nachzudenken; sowohl in deinem alltäglichen Leben als auch im akademischen oder professionellen Umfeld.

Bietet abstraktes Denken irgendwelche Vorzüge? Nun, eine Studie, die im Jahr 2006 an der Universität von Amsterdam durchgeführt wurde, fand heraus, dass sich Menschen leistungsfähiger fühlen, wenn sie abstrakt denken dürfen. Hieraus wird deutlich, dass abstraktes Denken manchmal dem konkreten Denken vorzuziehen ist, welches restriktiver und einschränkender ist.

Möchtest du mehr über diese Art des Denkens erfahren und wie es sich vom konkreten Denken unterscheidet? Wenn du weiterliest, wirst du außerdem erfahren, wofür abstraktes Denken dienlich ist und welche Vorteile es bietet.

Abstraktes Denken: Was ist das und wozu dient es?

Laut dem Lexikon der Psychologie ist abstraktes Denken die Fähigkeit, wesentliche und gemeinsame Eigenschaften zu erfassen. Es dient dazu, verschiedene Aspekte einer Situation im Blick zu behalten, die Zukunft vorherzusehen und zu planen, symbolisch zu denken und Schlussfolgerungen zu ziehen. Außerdem ist es das Gegenteil von konkretem Denken, welches sich in diesem Fall auf das “wörtliche” Denken über den gegenwärtigen Moment und Raum bezieht.

Wofür ist diese Art des Denkens gut? Wie du siehst, erlaubt dir abstraktes Denken, die Verbindung zwischen unterschiedlichen Ideen, Überzeugungen oder Elementen sowohl der externen als auch der inneren Umgebung zu erkennen. Darüber hinaus hilft es dir, innovativ zu sein, dir Dinge vorzustellen, neue Ideen zu entwickeln, aus vergangenen Erfahrungen zu lernen und über die Zukunft nachzudenken.

Aber das ist noch nicht alles, denn diese Art des Denkens stellt auch eine kognitive Fähigkeit dar. Genauer gesagt, handelt es sich um eine der letzten kognitiven Fähigkeiten, die Menschen auf evolutionärer Ebene erwerben. Nachfolgend wollen wir uns noch ein wenig eingehender mit dem abstrakten Denken befassen.

abstraktes Denken - Mann, dem Blumen aus dem Kopf wachsen

Zunächst einmal werden wir uns einige der Merkmale ansehen, die abstraktes Denken aufweist.

Merkmale

Diese Eigenschaften konzentrieren sich auf Form, Inhalt und Funktionen dieser Art des Denkens:

  • Fokussiert sich auf die Elemente, die momentan nicht vorhanden sind (abstraktes Denken geht über das aktuelle Umfeld hinaus).
  • Es ermöglicht das Vorstellen, Schaffen und Innovieren.
  • Darüber hinaus regt es reflektives und tiefgründiges Denken an.
  • Außerdem hilft dir abstraktes Denken dabei, verschiedene Bedeutungen für jede Situation zu erkennen.
  • Es erlaubt dir, interessante und abstrakte Ideen zu entwickeln.
  • Abstraktes Denken ist ein hypothetisch-deduktives Denken. Mit anderen Worten, es ermöglicht das Aufstellen von Hypothesen, ohne dass diese empirisch überprüft werden müssen.
  • Und es ist flexibel, was bedeutet, dass es Diskussionen anregt.

Beispiele für abstraktes Denken

Um diese Art des Denkens besser zu verstehen, wollen wir dir dies an konkreten Beispielen verdeutlichen: Jemand, der über das hinaus denkt, was genau vor ihm liegt. Anders ausgedrückt. Stelle dir eine Person vor, die über ein bestimmtes Buch nachdenkt. Nun, das ist kein abstraktes Denken. Aber wenn dieser Mensch sich verschiedene Bücher vorstellt, die weder vor ihm liegen oder sich überhaupt im selben Raum befinden, wendet er diese Art des Denkens an.

Darüber hinaus kannst du auch an die Bücher denken, von denen du das Gefühl hast, sie würden dich repräsentieren, an die Bücher, die du gelesen hast oder an jene, die du besonders gerne magst usw. Wie du siehst, spielt die Vorstellungskraft beim abstrakten Denken eine sehr große Rolle. Wenn ein Künstler über die besten Farben für sein Gemälde oder ein Musiker über den besten Schlussakkord für seine Symphonie nachdenkt, dann wenden auch sie abstraktes Denken an.

Sehen wir uns noch einige weitere Beispiele an. Ein Komponist, der seine Ideen nutzt, um den Text für ein Lied zu schreiben oder ein Mathematiker, der Zahlen analysiert, um daraus eine Schlussfolgerung zu ziehen (auf die gleiche Weise, wie ein Physiker aus seinen Daten wichtige Zusammenhänge ableitetet). Ob du es glaubst oder nicht, aber du wendest täglich abstraktes Denken an, wenn du bestimmte Situationen analysierst, bei denen du auch über den gegenwärtigen Moment hinaus denkst.

Wann entsteht diese Fähigkeit? Piagets Hypothese

Der Schweizer Epistemologe und Biologe Jean Piaget (1896-1980) sprach zu seiner Zeit von abstrakten Gedanken. Er entwickelte eine Hypothese, die besagte, dass sich die Fähigkeit nachzudenken, abstrakt zu denken und Schlussfolgerungen zu ziehen, im letzten Entwicklungsstadium des Menschen (Stadium der formal-operationalen Intelligenz) ausbildet. Tatsächlich nannte Piaget abstraktes Denken „formales Denken“, weil es zu dieser Evolutionsstufe gehörte.

Das Stadium der formal-operationalen Intelligenz beginnt im Alter zwischen 11 und 15 Jahren und dauert bis in das Erwachsenenalter. Nachfolgende Elemente sind in dieser Phase wesentlich:

  • Hypothetisches Denken
  • Abstrakte Argumentation
  • Systematische Problemlösung
  • Abstraktes Denken

Laut Piaget hängt diese Art des Denkens eng mit Logik und der Fähigkeit zur Problemlösung zusammen. Dies ist eines der charakteristischen Merkmale des Menschen, die uns von anderen Lebewesen unterscheiden.

Wie kannst du abstraktes Denken anwenden?

Kannst du diese Art des Denkens in deinem täglichen Leben anwenden? Und wenn ja, in welchen Bereichen? Nun, abstraktes Denken kann für deine Persönlichkeitsentwicklung und in so abstrakten Bereichen wie Spiritualität enorm hilfreich sein.

Darüber hinaus ist es natürlich auch in Bereichen wie der Mathematik oder Naturwissenschaften sehr nützlich, da analytisches Denken auch abstraktes Denken erfordert. Um ein bestimmtes Thema oder Wissensgebiet zu verstehen, musst du dazu in der Lage sein, es auch mit dem realen Leben zu verknüpfen, damit es praktischer und greifbarer wird.

abstraktes Denken - Mann denkt nach

Abstraktes Denken und konkretes Denken: Unterschiede

Zu Beginn des Artikels haben wir erwähnt, dass konkretes Denken das Gegenteil von abstraktem Denken ist. Aber inwiefern unterscheiden sich diese beiden Arten des Denkens? Abstraktes Denken ermöglicht dir, mentale Informationen zu verarbeiten, zu beschreiben und zu manipulieren. Beim konkreten Denken erfolgt dasselbe, allerdings mit Objekten in der physischen Welt.

Außerdem haben wir bereits gesagt, dass abstraktes Denken hypothetisch-deduktiv ist. Das bedeutet, dass es möglich ist, Hypothesen aufzustellen, ohne diese empirisch überprüfen zu müssen. Demgegenüber kann Wissen beim konkreten Denken nur durch direkte Erfahrung mit dem fraglichen Phänomen formuliert werden (dies wäre eine Form des induktiven Denkens).

Abstraktes Denken bewegt sich vom Allgemeinen zum Spezifischen, was beispielsweise die Formulierung von Gesetzen und Theorien ermöglicht. Im Gegensatz dazu bewegt sich konkretes Denken vom Spezifischen zum Allgemeinen. Abschließend lässt sich feststellen, dass abstraktes Denken Reflexionen und Debatten ermöglicht, da es ein flexibles Denken ist, während konkretes Denken diese Variationen nicht erlaubt, da es auf dem Greifbaren und Offensichtlichen basiert.

Wie du siehst, ist abstraktes Denken überall zu finden. Außerdem bietet es bemerkenswerte Vorteile, wenn es darum geht, andere Arten des Denkens wie Reflexion oder Argumentation anzuregen. Es gibt mehrere Arten des Denkens: konvergentes, divergentes, praktisches, theoretisches und wörtliches Denken. Aber welche ist die beste? Alle und keine. Die beste Art wird immer die sein, die sich optimal an die Aufgabe anpasst, die du erledigen möchtest. Das erklärt, warum Flexibilität eine große Tugend der menschlichen Kognition ist.


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