Impulsivität und Denkfallen erkennen und vermeiden
In sozialen Netzwerken können wir die Impulsivität vieler Nutzerinnen und Nutzer beobachten, die auf Inhalte oft emotional und ohne zu hinterfragen reagieren. Ein Bruchteil einer Sekunde reicht aus, um Veröffentlichungen mit einem “Like” oder “Dislike” zu bewerten und Inhalte in den eigenen Netzwerken zu teilen.
Voreilige Schlüsse haben jedoch Konsequenzen: Viele schenken Falschinformationen Glauben und teilen diese durch ihre impulsive, unüberlegte Reaktion. Impulsivität kennzeichnet nicht nur hyperaktive, ungeduldige Kinder oder Erwachsene. Es handelt sich um eine Eigenschaft, die insbesondere Personen mit einer geringen Frustrationstoleranz sehr gut kennen. Sie bereuen ihre unreflektierte Reaktion in vielen Fällen.
Die Tendenz hin zur Impulsivität ist steigend: Immer mehr Menschen tun sich schwer dabei, Situationen oder Informationen zu analysieren und zu überdenken, bevor sie reagieren. Deshalb schauen wir uns heute dieses Thema etwas genauer an.
Impulsivität entsteht durch fehlende Selbstkontrolle und ein schlechtes emotionales Management. Es können auch Veränderungen bestimmter Neurotransmitter beobachtet werden.
Impulsivität und Denkfallen
Wenn du ein Produkt auf einer der vielen Online-Plattformen kaufst, liest du vermutlich die Bewertungen anderer Nutzer, um dich über die Qualität und Zufriedenheit zu informieren. Dies gibt dir das Gefühl, einen überlegten Kauf zu tätigen, doch die wichtigste Frage stellen sich viele selten: “Brauchst du dieses Produkt wirklich?”
Die Impulsivität ist tückisch: Sie lässt dich in Denkfallen tappen und wird von der unmittelbaren Belohnung geleitet. Du entscheidest schnell und erwartest dir ein sofortiges, befriedigendes Ergebnis. Es bleibt kein Raum zum Nachdenken oder Analysieren und dies ist eine allgemeine Tendenz in unserer schnelllebigen Gesellschaft. In der Folge haben immer mehr Menschen das Gefühl, ihr Leben nicht unter Kontrolle zu haben.
Unsere schnelllebige Gesellschaft und die digitale Welt bringen uns dazu, immer impulsiver und unüberlegter zu handeln.
Impulsivität: Was geht im Gehirn vor?
Eine Forschungsstudie der Universität von Kalifornien weist darauf hin, dass Impulsivität nicht unbedingt ein Persönlichkeitsmerkmal sein muss, sondern auch mit neuralen Veränderungen zusammenhängen kann. In Labor- und Tiermodellen konnte gezeigt werden, dass ein spezifisches Peptid dafür verantwortlich sein könnte.
Es handelt sich um das Melanin-konzentrierende Hormon (MCH). Dieser Neurotransmitter wird im Hypothalamus produziert und kann bei Veränderungen die Impulsivität begünstigen. Es gibt also eine neurologische Grundlage für dieses Verhalten.
Die Folgen der Impulsivität
Impulsive Menschen handeln im Autopilot, sie haben nicht selbst die Zügel in der Hand und nutzen die Filter der Vernunft, Zurückhaltung und Reflexion nicht.
- Die Impulsivität lässt viele glauben, dass sie effektive und rasche Entscheidungen treffen. In Wahrheit haben sie selten die Kontrolle über ihre Gedanken und Handlungen.
- Sie lassen sich von unmittelbaren Verstärkungen und Resultaten leiten. Nur das Hier und Jetzt zählt, langfristige Ergebnisse sind nicht von Interesse.
- Schnelle Urteile sind für impulsive Menschen charakteristisch, sie lassen sich nicht von objektiven, rationalen oder logischen Faktoren leiten, da sie sich nicht die Zeit nehmen, um über ihre Entscheidungen nachzudenken.
- Die Impulsivität hält sich an das Gesetz des geringsten Aufwands. Sie spart Ressourcen, da die Handlungen oder Situationen nicht im Detail analysiert werden.
Das Ziel der neuen Technologien: Sie sollen für uns denken
Wie bereits anfangs erwähnt, ist die Tendenz hin zur Impulsivität steigend. Der Grund dafür könnte darin liegen, dass wir uns durch neue Technologien, die unser Leben immer erleichtern sollen, daran gewöhnen, nicht mehr selbst zu denken. Wir müssen nicht mehr nachdenken, analysieren oder vergleichen, denn in wenigen Sekunden erhalten wir alles, was wir benötigen.
Algorithmen sind unsere externen Neuronen, sie sagen voraus, was wir mögen und brauchen und zeigen es uns, sobald wir ein soziales Netzwerk öffnen. Warum sich die Mühe machen? Nachrichten, Daten, die kürzesten Wegbeschreibungen… Du musst keine Informationen analysieren oder aufbewahren, du hast alles unmittelbar zur Hand. Wir akzeptieren das, ohne die Konsequenzen abzuwägen.
In der digitalen Welt geht alles schnell und einfach, aber in der realen Welt gilt es, größere Sorgfalt und Aufmerksamkeit walten zu lassen. Das ist schwierig, denn wir haben uns daran gewöhnt, schnell und impulsiv zu denken. Kritisches, analytisches und langsames Denken erfordert eine Anstrengung, die wir nicht gewohnt sind.
Schnelles Denken und voreilige Urteile machen uns unglücklich
Menschen, die voreilige Schlüsse ziehen, sind anfälliger für Fehler, Versagen und Bedauern. Automatisch zu denken und in Lichtgeschwindigkeit zu entscheiden, ist keine Superkraft, sondern ein Handicap. Das ist etwas, das wir mit der Zeit entdecken. Eines Tages fühlen wir uns frustriert, ängstlich und unglücklich.
Wenn du dich von deiner Impulsivität leiten lässt, solltest du dein Denken verlangsamen, bewusst steuern und dich von der oberflächlichen Welt der digitalen Netzwerke distanzieren. Tauche tiefer ein, sei kritisch, neugierig und umsichtig.
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- Diniz, G. B., & Bittencourt, J. C. (2017). The Melanin-Concentrating Hormone as an Integrative Peptide Driving Motivated Behaviors. Frontiers in systems neuroscience, 11, 32. https://doi.org/10.3389/fnsys.2017.00032
- Noble, E.E., Wang, Z., Liu, C.M. et al. Hypothalamus-hippocampus circuitry regulates impulsivity via melanin-concentrating hormone. Nat Commun 10, 4923 (2019). https://doi.org/10.1038/s41467-019-12895-y