Ich-Syntonie vs. Ich-Dystonie: Lebst du im Einklang mit dir selbst?
Wenn du dich mit deinen Gedanken, Impulsen, Emotionen und Verhaltensweisen identifizierst – selbst wenn du an einer psychischen Störung leidest –, sprechen Psychologen von einer Ich-Syntonie. Von einer Ich-Dystonie ist dagegen die Rede, wenn ein Patient seine Gedanken oder Verhaltensweisen nicht kontrollieren kann und diese als Zwang empfindet.
Die Ich-Syntonie kann auf den ersten Blick als positiv interpretiert werden, doch es handelt sich um ein komplexes Phänomen. Auch wenn bestimmte Verhaltensweisen für die Person selbst kein Problem darstellen, können sie für das Umfeld unangenehm werden. Andererseits lehnen Betroffene oft bestimmte Verhaltensmuster strikt ab, obwohl diese nicht zwangsweise negativ sind.
Eine differenzierte Analyse dieser Aspekte ist in der persönlichen Entwicklung daher vorteilhaft. Erfahre heute mehr über dieses Thema.
Ich-Syntonie vs. Ich-Dystonie
Die Ich-Syntonie präsentiert uns ein harmonisches Bild, denn die Gedanken, Gefühle und Verhaltensweise entsprechen der Selbwahrnehmung. Sie verursachen kein Unbehagen oder innere Konflikte bei einer Person. Das klingt erstmal gut. Dass das Konzept aber komplexer ist, zeigt folgendes Beispiel: Eine Person mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung fühlt sich bei der Vorstellung von Grandiosität und ihrem unempathischen Verhalten durchaus wohl. Selbst wenn sie anderen Schmerz zufügt oder Probleme in ihren Beziehungen verursacht, identifiziert sie sich mit ihren Gedanken und Einstellungen. Ihr Selbstbild ist kongruent, sie lebt mit ihren Werten und Idealen – sie ist zufrieden, während andere Menschen in ihrem Umfeld darunter leiden.
Bei der Ich-Dystonie hingegen, liegt eine Dissonanz vor: Die Gedanken, Emotionen und Verhaltensweisen stehen im Widerspruch zum Selbstbild einer Person. Sie entsprechen nicht den Werten und Zielen und werden deshalb als Zwang empfunden. Zwei Beispiele: Eine homosexuelle Person, die ihre Orientierung mit Scham und Schuldgefühlen erlebt oder eine Person mit Sozialphobie, die aufgrund ihrer Schüchternheit und ihres Vermeidungsverhaltens stark leidet. In den meisten Fällen leidet nur die Person selbst darunter – nicht aber das Umfeld.
Ausgeprägte Ich-Dystonie: Zwangsstörung
Eines der deutlichsten Beispiele für eine Ich-Dystonie ist die Zwangsstörung. Betroffene haben oft aufdringliche Gedanken, die ihren Werten so sehr widersprechen, dass diese intensive Angst auslösen. Eine Mutter mit einer Zwangsstörung, die ihre Kinder über alles liebt, kann zum Beispiel beim Brotschneiden den Gedanken haben, dass sie ihre Kinder mit dem Messer angreifen wird. Eine Person, die ihren Partner liebt, wird vielleicht von dem zwanghaften Gedanken heimgesucht, dass sie nichts mehr fühlt und in Wahrheit ihren Partner nicht mehr liebt. Diese Gedanken sind so unsicher, so konträr zur Wahrheit und zum Wesen dieser Menschen, dass unkontrollierbare Angst entsteht.
Ich-Syntonie und Veränderungen
Ich-Syntonie und Ich-Dystonie sind zwei Begriffe, die in der Psychologie häufig verwendet werden, um bestimmte Symptome zu kategorisieren. Die Art und Weise, wie wir unsere Einstellungen wahrnehmen, interpretieren und bewerten, ist tatsächlich entscheidend, wenn wir Veränderungen anstreben.
Wenn du mit deinem Verhalten und deinem Wesen im Einklang stehst und glücklich bist, wird dir nicht in den Sinn kommen, etwas ändern zu müssen. Ist jedoch eine Dissonanz vorhanden, strebst du vermutlich nach Veränderungen, um dein Wohlbefinden zu fördern. Doch in manchen Situationen muss auch eine egozentrische Eigenschaft oder ein Symptom geändert werden: Denn auch wenn die Person selbst keinen Konflikt vermutet und sich nicht unwohl fühlt, sie kann einem anderen Menschen schaden. Ein Beispiel dafür ist eine Person mit vermeidendem Bindungsverhalten, die ihre Beziehung unbewusst zerstört, indem sie ihr “Unabhängigkeitsbedürfnis” als normal und legitim einstuft.
In anderen Fällen ist das Ziel jedoch nicht, das Verhalten zu ändern, sondern vielmehr die Bewertung der störenden Gedanken oder Verhaltensweisen. Eine Person, die sich selbst hart verurteilt und wegen ihrer Schüchternheit ablehnt, kann zum Beispiel aufhören, diese Eigenschaft als ego-dystonisch zu empfinden, indem sie weniger hohe Ansprüche an sich selbst stellt und eine flexiblere Denkweise annimmt.
Selbstreflexion
Wenn du dich besser kennenlernen und an dir arbeiten willst, kannst du deine ego-syntonen und ego-dystonen Eigenschaften analysieren. Bebobachte deine Gedanken, Emotionen und Verhaltensweisen und frage dich, ob sie deiner Identität und Selbstwahrnehmung entsprechen oder nicht. Haben sie positiven oder negativen Einfluss auf dich? Glaubst du, dich in gewissen Aspekten verändern zu müssen oder solltest du vielleicht deine Bewertungs- und Interpretationsweisen überprüfen?
In diesem Prozess ist es hilfreich, professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Eine qualifizierte Person kann dir dabei helfen, dich besser kennenzulernen, Veränderungen zu erzielen und an deinen Einstellungen zu arbeiten.
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