Gibt es gegen Neid ein Gegengift?

Neid hat einen bitteren Geschmack: Er fördert Unglück und Leid. Doch es gibt ein Gegenmittel, das du täglich praktizieren kannst. Finde heraus, wovon wir sprechen.
Gibt es gegen Neid ein Gegengift?
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 05. April 2023

Der spanische Schriftsteller Francisco de Quevedo erwähnte, dass Neid so dürr und gelb ist, weil er beißt, aber nicht isst. Wir sprechen über eine Empfindung, die enorme Schäden verursachen kann. Neid hat es immer schon gegeben: Wir finden bereits in der Bibel zahlreiche Geschichten über dieses Thema. In unserer digitalisierten Welt können die Ausmaße jedoch besonders drastisch sein, denn das Internet bietet den perfekten Nährboden für Vergleiche. Millionen von Menschen surfen täglich durch das Netz der Netze, um das Leben anderer zu beobachten – Neid ist dabei keine Seltenheit.

Neidische Personen schaden sich selbst und anderen. Sie haben ständig das Gefühl, zu wenig zu haben, nicht gut genug zu sein und im Vergleich mit anderen schlechter abzuschneiden. “Warum habe ich nicht auch das Glück, im Homeoffice gutes Geld zu machen und die Welt von einem Wohnwagen aus zu entdecken?”, “Ich möchte auch so talentiert sein oder so gut aussehen”, “Warum andere und ich nicht?”… Diese und ähnliche Fragen bestimmen das mentale Narrativ. Neid ist ein Gift, das schnell zu Hass und Unzufriedenheit führt. 

Gibt es gegen Neid ein Gegengift? 

„Denn wo Neid und Streit ist, da sind Unordnung und lauter böse Dinge.“

Jakobus 3,16

Frau empfindet ihren Kollegen gegenüber Neid
Neid ist ein besonders häufiges Phänomen am Arbeitsplatz.

Neid ist kontraproduktiv und beeinträchtigt die psychische Gesundheit

Neid zeigt sich durch Wut und Unbehagen. Dieses Gefühl entsteht, wenn eine andere Person etwas besitzt, das wir selbst gerne hätten: Aussehen, Erfolg, Status, ein Auto oder eine Haus… Wir dürfen diese Empfindung nicht mit Eifersucht verwechseln, die durch die Angst entsteht, eine geliebte Person zu verlieren.

Lange Zeit war von “gutem” und “schlechtem” Neid die Rede, doch in Wahrheit ist dieses Gefühl immer auf ein instabiles Selbstwertgefühl zurückzuführen. Dies konnte unter anderem in einer Forschung der New York University gezeigt werden. Es handelt sich um ein weit verbreitetes Gefühl, das jedoch sehr kontraproduktiv ist. Die Konsequenzen sind ständige Unzufriedenheit und auch (selbst-)schädigende Verhaltensweisen.

Im digitalen Raum sorgt Neid besonders häufig für Unbehagen und Konflikte: TikTok oder Instagram sind Schaufenster, dies zum Vergleich einladen. Nicht selten kommt es dadurch zu psychischen Problemen. Eine Studie der Universität Chongqing in China sowie andere Forschungsarbeiten  konnten einen Zusammenhang zwischen der Nutzung sozialer Netzwerke, Neid und Stimmungsstörungen feststellen.

Hinter Neid stecken oft Scham und mangelndes Selbstwertgefühl. Es ist ein ständiges Gefühl, nicht mithalten zu können und zu denken, dass andere immer mehr Glück haben als wir selbst.

Das wahre Gegenmittel gegen Neid: Sei so, wie du bist!

Wir erkennen Neider schnell, sind uns jedoch oft nicht bewusst, dass wir selbst auch rasch neidisch sind. Soziale Vergleiche nähren Neid und das Gefühl der Minderwertigkeit. Hass und Missgunst sind die Folgen. Viele jungen Menschen verbringen viel Zeit in sozialen Netzen und wünschen sich, so zu sein wie die YouTuber, Instagrammer und Co., denen sie folgen. Depressionen, die Ablehnung des eigenen Körpers oder der eigenen Existenz sind häufige Konsequenzen.

Gegenmittel gegen Neid sind gesunde Selbstliebe und Selbstakzeptanz: Sei so, wie du bist! Das kann eine Herausforderung sein, doch du kannst daran arbeiten. Folgende Schritte helfen dir dabei:

1. Denke über deine Identität nach

Wenn du nicht weißt, wer du bist, übernimmst du die Identität anderer: Du imitierst, du lässt dich hinreißen, du machst dir abstrakte Vorstellungen von Glück, Erfolg oder Schönheit. Wenn du selbst keine Werte, Prinzipien, Ziele und Überzeugungen hast, lässt du dich treiben und fühlst dich schlecht, wenn du die Ziele anderer nicht erreichst. Überlege dir Folgendes, um dein Gegenmittel gegen Neid zu entwickeln:

  • Worin du gut bist?
  • Beschreibe deine Werte und Prinzipien.
  • Mach dir klar, was deine Leidenschaften sind, was du magst.
  • Denke an deine vergangenen Erfolge.
  • Frag die, die dich am meisten lieben, was das Beste an dir ist.
  • Blicke in die Zukunft und stelle dir vor, was du willst, was deine Träume sind.

2. Denke darüber nach, was dich einzigartig macht und schätze es

Vielleicht konzentrierst du dich so sehr auf den Vergleich mit anderen, dass du dir deiner Einzigartigkeit nicht bewusst bist. Jeder Mensch ist außergewöhnlich, auch du. Welche Potenziale und Eigenschaften hast du? Selbstakzeptanz ist eine Übung in Mut, die dich von anderen abhebt. Habe keine Angst!

Neid ist das Gegenteil von Selbsterkenntnis und Selbstwertgefühl. Denn je weniger du dich selbst schätzt und je weniger du dich kennst, desto mehr schaust du auf andere. Du wirst dich immer im Nachteil fühlen.

3. Kümmere dich um dein Selbstwertgefühl, indem du soziale Vergleiche vermeidest

Das Gegenmittel gegen Neid entwickelst du, indem du dich täglich um dein Selbstwertgefühl kümmerst. Vermeide den Vergleich mit anderen und konzentriere dich auf dich selbst. Schränke die Zeit in sozialen Netzwerken ein und orientiere dich an Menschen, die dich inspirieren. Sie können dir Werkzeuge an die Hand geben, mit denen du dein persönliches Wachstum fördern kannst. Es lohnt sich nicht, andere wegen ihres scheinbar idealen Lebens zu beneiden, das keinesfalls der Realität entspricht.

Frau blickt in den Spiegel und praktiziert Selbstliebe statt Neid
Ein gutes Selbstwertgefühl ist Balsam, um nicht mehr neidisch auf andere zu sein.

Schlussbetrachtung

Das Gegenmittel gegen Neid ist universell. Wir neigen dazu, unsere Aufmerksamkeit auf das zu richten, was uns fehlt, anstatt auf das, was wir haben. Andererseits besteht die Gefahr, dass wir uns zu sehr von äußeren Zwängen leiten lassen, von kulturellen Codes, die Leid erzeugen, indem sie unerreichbare Standards setzen, die nicht glücklich machen. Es lohnt sich, daran zu denken: Je mehr du dich selbst kennst, je mehr du dich traust, du selbst zu sein, desto weniger wirst du dich mit anderen vergleichen.


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  • Liu, C., Ma, J. Social media addiction and burnout: The mediating roles of envy and social media use anxiety. Curr Psychol 39, 1883–1891 (2020). https://doi.org/10.1007/s12144-018-9998-0

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