Familienstreit durch transgenerationale Wunden?
In manchen Familien stehen Streit und Zwist dem Tagesprogramm: angefeindete Geschwister, Großeltern, die nicht mit ihren Kindern sprechen, distanzierte Tanten oder Onkel… Zwietracht und Unstimmigkeiten scheinen vorprogrammiert zu sein. Die seelischen Wunden der Eltern prägen ihre Kinder und können zu Depressionen, Albträumen, Trauer, Hilflosigkeit oder posttraumatischen Belastungsstörungen führen. Transgenerationale Wunden hinterlassen tiefe Spuren: Das emotionale Vermächtnis der Eltern prägt unsichtbare Verhaltensmuster und unerklärlichen seelischen Schmerz.
Traumata, Gewalt und Missbrauch können auch für die nächsten Generationen sehr belastend sein. Erfahre mehr über dieses Thema.
Familienstreit: mögliche Ursachen und Auslöser
Die Familie ist ein komplexes Konstrukt. In manchen Kernfamilien stehen Streit und Differenzen auf der Tagesordnung, zum Teil ist auch die Großfamilie (Großeltern, Onkel und Tanten, Cousins und Cousinen…) daran beteiligt. Jedes Treffen kann zu einem Desaster werden. Für Kinder ist der ständige Familienstreit eine schwierige Erfahrung, die tiefe Spuren hinterlässt. Manche Kinder kennen ihre Großeltern nicht, andere verinnerlichen Wortgefechte und Zwistigkeiten und entwickeln dysfunktionale Verhaltensmuster.
Wie entstehen diese konfliktreichen Situationen? Welche Ursachen und Auslöser verbergen sich dahinter?
Ungelöste transgenerationale Traumata
Howard Stein, Historiker und emeritierter Professor an der Universität von Oklahoma, weist darauf hin, dass sich vergangene Traumata (gewaltsame Todesfälle, Katastrophen, Unfälle, Missbrauch, Übergriffe…) auf die Familiendynamik auswirken können, wenn sie nicht verarbeitet werden. Diese Erlebnisse können die Psyche der Nachkommen stark belasten.
Der Blick in die Familiengeschichte kann oft erklären, warum manche Menschen an Panikattacken, Berührungsängsten oder anderen psychischen Problemen leiden, ohne selbst ein Trauma erlebt zu haben. Ungelöste transgenerationale Traumata können auch zu Spannungen und Familienstreit führen. Experten sprechen in diesem Fall von einer indirekten oder sekundären Traumatisierung.
Ressentiments in der Familie
Warum streiten manche Eltern ständig? Manchmal sind Ressentiments dafür verantwortlich, die auf vergangene Ereignisse zurückzuführen sind. Familienstreit entsteht oft durch Meinungsverschiedenheiten zwischen Großeltern und Eltern oder anderen Familienmitgliedern. Groll, Erbitterung und Feindseligkeit führen zu ständigen Spannungen, der Stolz der Beteiligten macht Vergebung oft unmöglich.
Eine Studie der Hope University (Michigan) sowie andere Forschungsarbeiten zeigen, dass Groll und Ressentiments Beziehungen verzerrt und Konflikte fördert. Außerdem wissen wir, dass diese Emotion ernsthafte Auswirkungen auf die Gesundheit hat.
Transgenerationale Wunden belasten den Alltag
Faktoren wie Missbrauch, Aggression und gewalttätiges Verhalten können in manchen Fällen Familienstreit erklären. Die daraus resultierenden seelischen Wunden können an die nächsten Generationen weitergegeben werden. Dysfunktionale Verhaltensmuster und Familiendynamiken wiederholen sich, das Leid lässt nicht nach.
Verschiedene Studien machen deutlich, dass Gewalt zwar von sozialen, erzieherischen und kulturellen Faktoren abhängt, jedoch auch biologische und genetische Aspekte eine Rolle spielen. Wissenschaftler haben einen Zusammenhang zwischen AHDS und aggressivem Verhalten festgestellt, das von den Eltern auf die Kinder übertragen werden kann. Schwere Depressionen sind häufige Folgen.
Hinter den Auseinandersetzungen in der Familie, den Streitereien, Spannungen und ständigen Vorwürfen können sich also psychische Störungen oder Traumata verbergen, die innerhalb der Familie weitergegeben werden. Eine Psychotherapie hilft betroffenen, vergangene Erlebnisse oder transgenerationale Wunden zu verarbeiten und ihr Wohlbefinden zu verbessern.
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- Yanli Zhang-James, Noèlia Fernàndez-Castillo, Jonathan L Hess, Karim Malki, Stephen J Glatt, Bru Cormand, Stephen V Faraone. An integrated analysis of genes and functional pathways for aggression in human and rodent models. Molecular Psychiatry, 2018; DOI: 10.1038/s41380-018-0068-7