Emotionale Invalidierung: "Deine Gefühle sind irrational und ungültig!"
Emotionale Invalidierung bedeutet, dass das soziale Umfeld die Emotionen einer Person entwertet und für ungültig oder irrational erklärt. Das Opfer der emotionalen Entkräftigung kann ernste psychologische Folgen erleiden, denn es wird für seine emotionalen Reaktionen getadelt, lächerlich gemacht, kritisiert oder bestraft.
Das Umfeld kann das emotionale Erleben und Verhalten der Person nicht verstehen oder begründen. Die betroffene Person spaltet in der Folge ihre Gefühle ab oder lässt diese nicht zu. Sie ist nicht in der Lage, negative Emotionen zu managen und invalidiert sich schließlich selbst: Sie glaubt, dass ihre Empfindungen unzulässig sind, und entscheidet sich unbewusst für die Selbstentwertung.
Charakteristische Aussagen für die emotionale Invalidierung sind:
- “Das ist doch übertrieben, das ist kein Grund zu weinen.”
- “Sei nicht kindisch, es gibt keinen Grund, Angst zu haben.”
- “Das war es, es ist nichts passiert.”
- “Ich habe schon Schlimmeres erlebt.”
- “Denk nicht darüber nach, sei positiver.”
- “Du willst nur Aufmerksamkeit.”
- “Hör auf, dich zu bemitleiden, geh raus und habe Spaß.”
Wir sind uns meist nicht darüber bewusst, wie verletzend diese Kommentare sein können. Sie lassen der Person keinen Spielraum für Gefühle und bringen sie dazu, diese zu blockieren und zu verleugnen. Auch wenn die Bemerkungen gut gemeint sind und motivieren sollen, erreichen sie genau die gegenteilige Wirkung.
Die emotionale Invalidierung und ihre Folgen
In der Kindheit wirkt sich die emotionale Invalidierung besonders belastend aus, insbesondere wenn die Eltern oder die engsten Bezugspersonen dafür verantwortlich sind. Doch auch spätere Beziehungen (Freundschaften, Gleichaltrige, Romanzen …) können zutiefst schädliche Folgen haben. Wir nennen anschließend die häufigsten Konsequenzen der emotionalen Entwertung.
Fehlendes Emotionsmanagement
Der richtige Umgang mit den Emotionen muss gelernt sein. Wenn dies aufgrund der emotionalen Entwertung in der Kindheit nicht möglich ist, tun sich die betroffenen Personen auch im Erwachsenenalter mit ihren Gefühlen schwer. Sie sind schnell überfordert und reagieren unangemessen. Außerdem gibt es einen Zusammenhang zwischen der emotionalen Invalidierung in der Kindheit und der Borderline-Persönlichkeitsstörung.
Ständige Selbstzweifel
Gefühle sind ein natürlicher Kompass: Sie steuern unser Verhalten und unsere Beziehungen zu anderen. Wir identifizieren damit, was uns motiviert oder Angst macht. Wenn wir jedoch nicht richtig mit unseren Gefühlen umzugehen wissen, können wir deren Botschaft nicht entziffern.
Die emotionale Invalidierung lässt dich glauben, dass deine Gefühle immer falsch oder unangemessen sind. Deshalb dienen Emotionen dir nicht als Richtschnur und du verlierst durch ständige Selbstzweifel schließlich deine Identität.
Schamgefühle
Wir alle benötigen Aufmerksamkeit und die emotionale Verbindung zu anderen Menschen. Durch die Entwertung fühlst du dich jedoch lächerlich und schämst dich, obwohl du das Bedürfnis hast, soziale Kontakte zu pflegen. Es ist dir unangenehm, deine Gefühle auszudrücken, aber du möchtest, dass andere sie fühlen.
Du neigst deshalb vielleicht zum Rückzug in deine Schneckenhöhle, versuchst deine Emotionen zu verbergen und dies macht es schwierig, eine gesunde, tiefgehende Beziehung aufzubauen.
Mangelndes Einfühlungsvermögen
Die emotionale Invalidierung in der Kindheit führt dazu, dass es dir schwerfällt, Empathie zu entwickeln, da du dafür keine Vorbilder hast. Viele Menschen, die an dieser Situation leiden, verhalten sich im Erwachsenenalter auf dieselbe Weise, denn sie haben diese Reaktion in ihrer Kindheit gelernt.
Reduzierte Lernfähigkeit
Alle Emotionen haben Funktionen, die uns durch Lernprozesse führen. Die Wut fordert uns auf, uns zu verteidigen, die Traurigkeit drängt uns zur Selbstpflege und Angst macht uns vorsichtig. Wenn du dich jedoch von deinen Gefühlen abkoppelst, wirst du in den verschiedenen Umgebungen nicht angemessen reagieren können. Du machst folglich immer wieder dieselben Fehler.
Aus demselben Grund fällt es dir vermutlich schwer, Entscheidungen zu treffen. Du denkst lange nach, fasst jedoch keinen Entschluss, da du dir nicht erlaubst, auf deine Gefühle zu hören.
Konfliktive Beziehungen
Die Folgen der emotionalen Invalidierung betreffen nicht nur dich selbst, sondern auch andere Menschen in deinem Leben. Niemand fühlt sich gerne allein, wir alle wünschen uns Verständnis und Respekt. Wenn du jedoch nicht dazu fähig bist, deine Gefühle auszudrücken und dich in andere einzufühlen, werden sich diese distanzieren, da sie dich nicht verstehen. Die emotionale Entwertung führt häufig zu konfliktiven Beziehungen.
Die emotionale Invalidierung gefährdet dein Wohlbefinden
Kinder, die in einem gesunden familiären Umfeld mit einer respektvollen Erziehung aufwachsen, erkennen im Erwachsenenalter Verhaltensweisen, die auf die emotionale Entwertung ausgerichtet sind, sehr schnell. Sie können Grenzen setzen und sich so schützen. Personen, die diese negative Erfahrung gemacht haben, sehen die Gefahr jedoch oft nicht und sind deshalb gefährdet. Beobachte deine Beziehung: Ist diese durch gegenseitiges Einfühlungsvermögen, Respekt und Bestätigung gekennzeichnet? Wenn nicht, solltest du dich darum bemühen oder Entscheidungen treffen.
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