Disenchantment: Mittelalterliche Satire von Matt Groening

Die Matt Groening-Serie "Disenchantment" hatte keinen guten Start. Allerdings war der Hauptgrund wohl der, dass sie im Schatten ihres großen Vorgängers stand. In der zweiten Staffel nimmt die Serie jedoch mehr Gestalt an und Groening zeigt uns sein ganzes Können.
Disenchantment: Mittelalterliche Satire von Matt Groening
Leah Padalino

Geschrieben und geprüft von der Filmkritikerin Leah Padalino.

Letzte Aktualisierung: 25. Oktober 2022

Im vergangenen Jahr erhielt die Serie Disenchantment (auf Deutsch: Entzauberung, Enttäuschung), die auf Netflix zu sehen ist, sehr gemischte Kritiken. Diese Animationsserie wurde von Max Groening geschrieben, dem gefeierten Schöpfer der Simpsons und Futurama. Obwohl sie nicht genau wussten, was sie erwarten würde, warteten seine Fans sehnsüchtig auf sein neuestes Werk.

Die Kritiker nahmen jeden einzelnen Aspekt dieser neuen Serie genau unter die Lupe. Obwohl der Start etwas holprig war, war sich die Kritik doch letztendlich in ihrem Lob über diese Animationsserie einig, die in einer leicht verrückten mittelalterlichen Zeit spielt.

Matt Groening wechselt die Richtung

Disenchantment unterscheidet sich in einem Aspekt von seinen beiden Vorgängern. Die Simpsons spielt ganz offensichtlich in der heutigen Zeit und parodiert die gegenwärtige amerikanische Gesellschaft. Und Futurama inspiriert uns dazu, über die Zukunft nachzudenken.

Disenchantment hingegen nimmt uns mit auf eine Reise in die Vergangenheit. Dabei handelt es sich um eine Vergangenheit mit klaren Anspielungen auf das Mittelalter. Allerdings gibt es auch Fantasy-Elemente, die mythologische Einflüsse haben und voller Aberglauben sind.

In einem Königreich namens Dreamland lebt die Prinzessin Tiabeanie, die von ihren Freunden Bean genannt wird. Die Geschichte beginnt damit, dass sich die junge Prinzessin dazu entscheidet, wegzulaufen und ihren ehelichen Verpflichtungen zu entkommen, nachdem sie zuvor einer Hochzeit zugestimmt hatte. Der Grund dafür? Sie zieht Bier und Abenteuer der Ehe mit einem Prinzen vor, den sie nicht liebt.

Bean wird sich auf eine Reise begeben, während der sie sich auf die Suche nach sich selber begibt und versucht, den gängigen Konventionen zu entfliehen. Dies führt zu unzähligen Katastrophen und verrückten Situationen.

Darüber hinaus wird sie diese Reise aber nicht alleine unternehmen. An ihrer Seite wird Luci sein, ihr persönlicher Dämon, der versuchen wird, sie auf die dunkle Seite zu ziehen. Außerdem wird sie auch von Elfo begleitet, einem kleinen Elfen, der von dem optimistischen und fröhlichen Leben seines Dorfes genug hat. Dieser kleine Elf wird vollkommen und kopfüber in die Dunkelheit und Depression der menschlichen Welt eintauchen.

Der Humor in dieser Animationsserie ist anfänglich nicht ganz nach unserem Geschmack, verbessert sich aber gegen Ende der ersten Staffel. Nachfolgend werden wir dir einige der Hauptideen der zweiten Staffel von Disenchantment vorstellen.

Ein neues Format

Zugegebenermaßen war die Vorstellung, dass Matt Groening eine neue Serie für Netflix geschrieben hat, etwas verwirrend oder irritierend. Es ist schon lange her, dass Die Simpsons und Futurama veröffentlicht wurden und in der Zwischenzeit haben sich das Publikum und die Trends im Animationsbereich sehr stark verändert. Obwohl wir alle nostalgische Erinnerungen an die besten Jahre der Simpsons und Futurama haben, ist die heutige Situation doch eine völlig andere.

Viele Menschen haben Futurama missverstanden und das hat letztendlich dazu geführt, dass die Verantwortlichen diese Serie eingestellt haben. Darüber hinaus sind auch die glorreichen Tage der Simpsons längstens vorüber. Obwohl Serien wie Family Guy (Seth McFarlane, 1999) damals etwas im Schatten von Groenings Werken standen, führten diese Serien dennoch dazu, dass auch Groening seine Serien verändern musste. Allerdings funktionierten diese Veränderungen nicht wirklich gut bei einem Klassiker wie den Simpsons.

Warum also Netflix? Dies bedeutet eine neue Produktion und mehr Freiraum für die Autoren. Allerdings kann dies sowohl gut als auch schlecht sein. Außerdem gibt es eine klare Tendenz zur Serialisierung. Und genau darin liegt eines der Probleme von Disenchantment.

Disenchantment ist eher eine Serie

Disenchantment besteht nicht aus kurzen und eigenständigen Episoden, sondern ist vielmehr eine gewöhnliche Serie. Die Handlung entwickelt sich fortlaufend und enthält Cliffhanger, die die Zuschauer neugierig machen sollen, wie es weitergeht. Darüber hinaus ist der Humor teilweise recht flach und etwas einfach.

Das Problem ist, dass Disenchantment nicht vorgibt, ernsthafte Unterhaltung zu sein, sondern Comedy. Und in der Comedy ist weniger mehr. Je kürzer und konzentrierter die Inhalte dargeboten werden, desto besser sind sie. Der Zuschauer will nicht unbedingt voller Spannung an den Bildschirm gefesselt sein. Er sehnt sich vielmehr danach, einfach lachen zu können.

Allerdings wird der Humor beinahe etwas absurd. Dies war weder bei den Simpsons noch bei Futurama ein Problem. Das liegt daran, dass in diesen beiden Serien eine Balance zwischen Kritik und Absurdität bestand. In dieser mittelalterlichen Serie überschattet der Nonsens aber die Kritik, die außerdem nicht genügend aktuell und auch nicht bissig genug ist.

Vergleiche mit dem großen Vorgänger

Vergleiche sind unvermeidlich, aber nicht immer vorteilhaft. Wenn Disenchantment nicht im Schatten seiner großen Vorgänger stehen würde, hätte diese Serie vielleicht nicht so große Schwierigkeiten gehabt, das Publikum zu überzeugen. Zur Verteidigung können wir aber sagen, dass es diesem neuen Format gelingt, den Zuschauern einen Streich zu spielen, obwohl es den Zuschauer verunsichert oder irritiert.

Wenn du einige Folgen der Serie anschaust, wirst du ein komplexeres und unterhaltsameres Panorama entdecken, mit einigen Episoden, die den Erwartungen durchaus gerecht werden. Darüber hinaus sollten wir uns auch daran erinnern, dass Die Simpsons uns ebenfalls nicht von der ersten Folge an restlos begeistert haben. Die Zuschauer verliebten sich erst nach und nach in diese Serie.

Die Charaktere sind gut aufgebaut und die Anspielungen auf andere Serien, besonders auf Game of Thrones, erschaffen eine Geschichte, hinter der sich sehr viel mehr verbirgt, als du zunächst bemerken wirst. Obwohl du Disenchantment vermutlich nicht von der ersten Folge an mögen wirst, wirst du vermutlich dennoch im Verlauf der Serie zunehmend von ihr begeistert sein. In der zweiten Staffel wiederholt sich diese Formel und alles wird letztendlich einen Sinn ergeben.

Disenchantment: neue Themen und mehr Kritik

Wenn es etwas gab, das die Vorgänger von Disenchantment charakterisierte, dann war es die Tatsache, dass sie Kritik enthielten, die auf Parodie beruhte. Die karikierten Realitäten der Gegenwart und der Zukunft waren charakteristisch für die Animationen von Matt Groening und machten diese zu Klassikern. Disenchantment hingegen parodiert nicht nur die Vergangenheit, sondern auch die Gegenwart, denn diese Serie muss sich auch an die heutigen Anforderungen anpassen.

Daher ist es auch nicht überraschend, dass die Hauptfigur eine Frau ist. Eine Prinzessin, die von der Zeit, in der sie lebt, enttäuscht ist und beschließt, ihr Leben selber in die Hand zu nehmen, wenn auch auf katastrophale Weise.

Ungleichheit wird ebenfalls thematisiert

Bean ist keine Märchenprinzessin. Sie ist keine Prinzessin, die die exemplarischen Werte des Mittelalters verkörpert. Sie ist vielmehr eine völlige Katastrophe. Alles, was sie unternimmt, läuft schief und sie verbreitet Chaos, wohin sie auch geht. Darüber hinaus hat sie ein Alkoholproblem und ist nicht hübsch.

Gemeinsam mit ihren Gefährten Elfo und Luci bildet sie ein Trio, das uns zeitweise an Fry, Bender und Leela aus Futurama erinnert. Dieses Trio landet immer wieder in den verrücktesten Situationen.

Die Kritik an der Ungleichbehandlung von Frauen wird von Beginn an deutlich und Bean widersetzt sich allen Regeln und folgt ihren Instinkten. In der zweiten Staffel erleben wir eine echte Parodie auf mittelalterliche Gesellschaften, aber auch auf einige modernere.

Disenchantment - Szene

Ein König, der lächerlich gemacht wird

Die Serie verspottet die Figur des Königs und zeigt ihn als Marionette, die von seinen Beratern zu deren Vorteil ausgenutzt wird. Darunter finden wir einen Kult, der auf die Kirche anspielt. Weder der König noch das Volk scheinen sehr wichtig zu sein.

Jeder im Palast arbeitet nur für die eigenen Interessen, während der König reichhaltige Mahlzeiten genießt und gleichzeitig völlig ahnungslos darüber ist, was in seinem Königreich vor sich geht.

Aberglaube und Religion vermischen sich in dem Kult, der das Dreamland beherrscht. Außerdem gibt es einige Charaktere, die nicht an die Wissenschaft, sondern an Magie glauben. Sie verurteilen die Hexerei und kontrollieren die öffentliche Meinung ganz nach ihrem Belieben. Daher sind es auch die königlichen Berater, die die eigentliche Macht im Dreamland innehaben. Während sie selbst religiöse und sexuelle Rituale durchführen, geben sie gleichzeitig die Regeln der Gesellschaft vor.

Die erste Staffel von Disenchantment war so etwas wie eine Vorspeise. Sie stellte das Dreamland und die dort herrschenden Regeln vor. Die zweite Staffel wirkt dagegen etwas reifer. Sie greift die Themen der ersten Staffel wieder auf und beleuchtet sie auf tiefer gehende Art und Weise. Außerdem teilt sie einige Schläge aus und überrascht mit Kritik, die mehr mit unserer heutigen Welt und unserer Geschichte zu tun hat.

Disenchantment: Wie endet die Staffel?

Die Serie verabschiedet sich auch in der zweiten Staffel mit einem spannenden Ende, das uns neugierig auf die weiteren Abenteuer von Bean, Elf und Luci macht. Sie tut dies, ohne dabei das sorgfältig gewählte Designformat aufzugeben, das dem Steampunk sehr nahe kommt.

Offensichtlich kann sich Disenchantment mit seiner karikierten und verrückten Vision unserer Vergangenheit allmählich etablieren. Vielleicht gelingt es auch dieser Serie, einen so wichtigen Platz in unseren Erinnerungen einzunehmen wie ihre Vorgänger.


Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.