Die Kunst, sich zu verlieren, um sich wiederzufinden

Hast du dich jemals in deinem Leben verloren gefühlt? Das ist ein beängstigender Moment. Doch inmitten dieser Ungewissheit kannst du außergewöhnliche Wege finden, die dich glücklich machen.
Die Kunst, sich zu verlieren, um sich wiederzufinden
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 18. Oktober 2022

Die Kunst, sich zu verlieren, erfordert Offenheit für die Ungewissheit, für das Unbekannte, das außerhalb unserer Sicherheitszone liegt. In dieser Welt, in der wir von Technologien, Internet und Informationen überflutet werden, möchten wir alles unter Kontrolle haben.

Und wo liegt das Problem? Wir schreiben unser Leben auf liniertes Papier, planen jedes Ereignis und jede Entscheidung im Voraus, fragen Siri oder Alexa und erstellen unendlich viele To-do-Listen, die uns daran erinnern, was wir tun müssen.

Unerwartetes hat kein Platz in unserem Leben: Wir haben Angst vor dem Unbekannten, ärgern uns, wenn das wirkliche Leben von unserem Skript abweicht. Wir sind zu Automaten der Vorhersehbarkeit geworden, und das ist nicht immer gut. Wie Rainer Maria Rilke zu Recht sagte, ist Ungewissheit kein Hindernis, sie kann eine Quelle des Lebens sein; der beste Weg zu Inspiration und Selbstentdeckung.

Manchmal lohnt es sich, sich zu verlieren, um sich selbst wiederzufinden, um eine Tür zum Unerwarteten zu öffnen.

Wenn wir uns verloren fühlen, sind wir mehr denn je an die Gegenwart, an das Hier und Jetzt gebunden. Dann sind wir in der Lage, uns auf das Geheimnisvolle und die Ungewissheit einzulassen, um zu entdecken, was uns umgibt, und eine neue Entscheidungen zu treffen, neue Wege zu gehen.

Die Kunst, sich zu verlieren, um sich wieder zu finden
Nur wenn wir uns verlieren, beginnen wir, die Welt mit anderen Augen zu sehen.

Die Kunst, sich zu verlieren, um den wahren Weg zu finden

Wir alle kennen diese Momente, in denen wir plötzlich innehalten und uns eine ganz bestimmte Frage stellen: “Was mache ich mit meinem Leben? Sich verloren zu fühlen, ist eine absolut stressige Erfahrung. Wir wissen nicht, ob wir weitergehen oder alles aufgeben und völlig neu anfangen sollen.

Dieses überwältigende Gefühl des Nichtwissens und der Ungewissheit ist eine Realität, die von vielen erforscht wurde. Rebecca Solnit zum Beispiel ist eine bekannte amerikanische Schriftstellerin, die 2005 das interessante Buch “Die Kunst, sich zu verlieren: ein Wegweiser” veröffentlichte. Darin erkundet sie, die berauschende Erfahrung, zu wandern, sich zu verlieren und das Unbekannte zu umarmen.

Es genügt, sich an eine Aussage des Schriftstellers, Dichters und Philosophen Henry David Thoreau zu erinnern: Wir finden uns nur, wenn wir den Mut hatten, uns zu verlieren. Wir müssen das Leben mit dem Staunen und der Neugier eines Kindes betrachten, das sich danach sehnt, die ihm auferlegten Grenzen herauszufordern und zu erfahren, was sich hinter verschlossenen Türen verbirgt…

Das Leben jenseits der alltäglichen Grenzen

Die Kunst, sich zu verlieren, bedeutet, sich zu trauen, über die Grenzen hinauszugehen, die uns jeden Tag umgeben, und das Unbekannte zu entdecken; das Fremde zu umarmen; für einen Tag dem sicheren Weg entkommen und das Unerwartete wagen. In diesen Momenten, in denen wir uns wirklich verloren fühlen, gibt sich der wahre Überlebensgeist zu erkennen.

In diesem beunruhigenden Moment fühlen wir uns mehr mit der Gegenwart verbunden als je zuvor. Wir schauen uns mit mehr Perspektive und Interesse um und stellen uns eine entscheidende Frage: Wie geht es weiter? Der Philosoph Walter Benjamin sagte, dass wir nur dann ausreichend in uns eintauchen können, um bewusste Entscheidungen zu treffen, wenn wir uns selbst verlieren.

“Lass die Tür zum Unbekannten offen, die Tür zur Dunkelheit. Da kommen die wichtigsten Dinge her, du selbst kamst von dort und wirst dahin gehen.”

Rebecca Solnit

Die Kunst, sich zu verlieren, um die Ungewissheit zu akzeptieren

Der Philosoph und Professor Joan-Carles Mélich erklärt etwas Interessantes in seinem Buch “La sabiduría de lo incierto”. Unruhe, Ungewissheit und Vorläufigkeit sind Realitäten, die schon immer Teil der menschlichen Existenz waren. Aber das gefällt uns alles nicht. Wir sind Geschöpfe, die allergisch auf das Ungewisse, das Andersartige und sogar auf das Fremde reagieren.

Er lädt uns auch dazu ein, an den Grenzen des Ungewissen zu verweilen, denn dort findet das authentische Leben statt und wir finden den Sinn des Lebens oft, indem wir nachdenken, uns selbst entdecken und unseren Geist erweitern. Denn während andere es vorziehen, sich in der Mitte (und im Vorhersehbaren) zu positionieren, lernen nur diejenigen, die sich in der Kunst des Verirrens üben, sich selbst zu denken.

Manchmal offenbaren Momente der Unsicherheit große Wahrheiten.

Frau übt sich in der Kunst, sich zu verlieren
Manchmal lohnt es sich, über das Bekannte und Gewöhnliche hinauszugehen und Ideen, Ziele, Gedanken zu relativieren…

Die Notwendigkeit, unsere sicheren Räume zu verlassen

Sich zu verirren bedeutet nicht, sich ohne Kompass in einen Wald zu wagen. Es geht nicht darum, alleine einen Berg zu besteigen. Die Kunst, sich zu verlieren, besteht darin, unsere Grenzen zu überwinden, um zu erfahren, was jenseits unseres Alltags liegt. Es geht darum, nicht mehr davon besessen zu sein, alles unter Kontrolle haben zu wollen, um zu wissen, was auf der anderen Seite des Vorhersehbaren liegt.

Es bedeutet, dass wir uns für das Ungewisse, das Neue öffnen können, für das, was unsere Fantasie anregt und uns neue Perspektiven ermöglicht. Manchmal passieren die wichtigsten Dinge in den Momenten, in denen wir nicht so recht wissen, was wir mit unserem Leben anfangen sollen und uns verloren fühlen.

Es gibt keinen Fahrplan für unser Leben und auch Google hat nicht immer Antworten auf all unsere Zweifel. Es lohnt sich, unseren Instinkten zu vertrauen und hinauszugehen, um das Ungewisse zu erforschen. Denn wie Rebecca Solnit selbst sagt: “Wer noch nie verloren war, hat noch nicht angefangen zu leben.”


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  • Mélich, Joan-Carles (2019) La sabiduría de lo incierto. Planeta
  • Solnit, Rebecca (2019)  Una guía sobre el arte de saber perderse. Capitán Swin
  • Solnit, Rebecca (2015) Wanderlust, el arte de saber caminar. Capitán Swin
  • Solnit, Rebecca (2018) Esperanza en la oscuridad. Capitán Swin

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