Die gemischte Angst- und depressive Störung: Definition, Ursachen und Behandlung

Die gemischte Angst- und depressive Störung: Definition, Ursachen und Behandlung
Francisco Pérez

Geschrieben und geprüft von dem Psychologen Francisco Pérez.

Letzte Aktualisierung: 21. Dezember 2022

Die Koexistenz von depressiver Störung und Angststörung wird häufig beobachtet. Zwei Drittel der Patienten mit Symptomen einer Depression zeigen auch Symptome einer Angststörung. Ein Drittel von ihnen könnte gar die Diagnosekriterien einer Panikstörung erfüllen. Umgekehrt ist es so, dass ein Großteil der Patienten mit Angststörungen depressive Episoden erlebt. Es ist allerdings nicht immer so, dass sich die Angst aus der Depression ergibt oder die Depression aus der Angst: Dann wird zuweilen eine gemischte Angst- und depressive Störung diagnostiziert.

Die Symptome einer gemischten Angst- und depressiven Störung sind die der Angst und Depression, wobei keine von beiden Komponenten die andere überwiegt. Ebenso erreicht keine von beiden eine ausreichende Intensität, um die Diagnose Depression oder Angststörung zu rechtfertigen. Deshalb vertreten viele Experten den Standpunkt, dass die Diagnose “gemischte Angst- und depressive Störung” zu stellen ist, auch wenn dieser Terminus umstritten ist und nicht alle vorhandenen Diaognoseschemata und Klassifikationssysteme ihn nennen. Es ist nicht so, dass das Bestehen der Erkrankung nicht anerkannt würde. Doch manchmal wird sie als eine depressive Erkrankung mit sekundärer Angst oder eben als Angststörung mit sekundären depressiven Episoden verstanden, und nicht als eigene Entität.

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Diese Störung geht mit verhältnismäßig milden Symptomen einher, die häufig gesehen werden. Die Kombination von depressiven und ängstlichen Symptomen verursacht aber dennoch eine erhebliche Verschlechterung der Lebensqualität der betroffenen Person. Einige vorläufige Studien haben allerdings darauf hingewiesen, dass Allgemeinärzte dazu neigen, die gemischte Angst- und depressive Störung zu übersehen. Jedoch ist es möglich, dass diese mangelnde Diagnostik nur das Fehlen eines angemessenen Etiketts für diese Erkrankung widerspiegelt. Und auch wenn zum jetzigen Zeitpunkt keine offiziellen Zahlen zur Epidemiologie der gemischten Angst- und depressiven Störung vorliegen, so geht man doch davon aus, dass sie häufig auftritt.

Deshalb wollen wir uns heute etwas näher mit dieser Störung beschäftigen.

Diagnosekriterien für die gemischte Angst- und depressive Störung

Um eine gemischte Angst- und depressive Störung zu diagnostizieren, müssen Symptome der Angst und der Depression beobachtet werden, die in geringer Intensität vorhanden sind. Zusätzlich müssen körperliche Beschwerden auftreten, wie das Zittern, Herzrasen, Bauchschmerzen, ein trockener Mund. Letztere sind zumindest teilweise auf eine Überaktivität des vegetativen Nervensystems zurückzuführen.

Der diagnostische und statistische Leitfaden psychischer Störungen definiert eine Reihe von Kriterien, die erfüllt sein müssen, um diese Störung zu diagnostizieren, auch wenn das zu Diskussionen in Expertenkreisen geführt hat, in denen man sich nach wie vor ob der Relevanz dieser Erkrankung uneinig ist. Das Grundlegende an dieser Störung ist demnach eine anhaltende oder wiederholt auftretende Dysphorie, die über mindestens einen Monat besteht. Diese Gefühlslage wird von zusätzlichen Symptomen begleitet, die ebenfalls von Dauer sind, einschließlich mindestens vier der nachfolgend genannten:

  • Konzentrationsschwierigkeiten oder Gedächtnisprobleme, Müdigkeit, Antriebslosigkeit, Schlafstörungen.
  • Akute Reizbarkeit.
  • Wiederkehrende und intensive Sorgen.
  • Der Betroffene weint schnell. Oder er hegt Gefühle der Hoffnungslosigkeit und Nutzlosigkeit. Er blickt pessimistisch auf die Zukunft und hat ein schwaches Selbstwertgefühl.
  • Extreme Wachsamkeit, Vorahnung der Gefahr.

Diese Symptome verursachen erhebliches Unbehagen und eine Verschlechterung der Performance in Bezug auf Arbeit, soziale Aktivitäten und andere Tätigkeiten.

Auf der anderen Seite sollte die gemischte Angst- und depressive Störung nicht diagnostiziert werden, wenn die Symptome durch Arzneimittelkonsum, Substanzmissbrauch oder eine andere Erkrankung erklärbar sind. Und auch dann nicht, wenn die Person die Diagnosekriterien für eine schwere depressive Störung, eine Dysthymie, eine Angststörung einschließlich aber nicht beschränkt auf eine generalisierte Angststörung, oder eine affektive Störung erfüllt, selbst wenn sie sich bezüglich dieser in Remission befinden.

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Was löst die gemischte Angst- und depressiven Störung aus?

Einige Wissenschaftler sind der Meinung, dass Symptome der Angst und der Depression in direktem Zusammenhang mit identifizierten Ursachen stünden.

Zum einen haben sie neuroendokrine Ursachen für diese Erkrankungen identifiziert. Diese beinhalten:

  • Eine verminderte Sekretion von Kortisol trotz Ausschüttung des adrenokortikotropen Hormons
  • Einen geringeren Spiegel schilddrüsenstimulierender Hormone
  • Eine verringerte Ausschüttung des Wachstumshormons nach Administration von Clonidin
  • Eine geringe Wirkung von Thyreoliberin auf die Sekretion von Prolaktin

Darüber hinaus haben mehrere Forscher Ergebnisse präsentiert, die die Hyperaktivität des noradrenergen Systems bei manchen Patienten als pathogenetisch relevanten Faktor für depressive und Angststörungen nahelegen. Im Besonderen hat man herausgefunden, dass diese Patienten, die eine Krise der Angst erfahren, hohe Konzentrationen des primären Noradrenalinnetaboliten in Zerebrospinalflüssigkeit, Blut und Urin aufweisen. Wie bei anderen Angst- und depressiven Störungen, könnten aber auch Serotonin, γ-Aminobuttersäure und andere Neurotransmitter an der Entstehung der gemischten Angst- und depressiven Störung beteiligt sein, denn man hat festgestellt, dass serotonerge Medikamente wie Fluoxetin und Clomipramin in der Behandlung solcher Erkrankungen nützlich sind.

Zu guter Letzt wurde eine genetische Komponente diskutiert, d. h. die Prädisposition zur Entwicklung der gemischten Angst- und depressiven Störung könnte erblich sein.

Verlauf, Behandlung und Prognose

Per definitionem überwiegt weder die Depression noch die Angst, wenn es sich um eine gemischte Angst- und depressiven Störung handelt. Während des Krankheitsverlaufs können jedoch Phasen durchlaufen werden, in denen die ängstlichen oder depressiven Symptome prädominieren. Beide Komponenten der Störung neigen dazu, ohne eine angemessene psychologische Behandlung chronisch zu werden. Darüber hinaus kann keine Prognose gestellt werden.

Es gibt nur wenige Studien zur Therapie der gemischten Angst- und depressiven Störung. Deswegen tendieren Kliniker dazu, Behandlungen entsprechend der Symptome, ihres Ausmaßes und ihrer eigenen Erfahrung mit bestimmten Methoden anzubieten. Was die Psychotherapie betrifft, wird beispielsweise auf die kognitive Verhaltenstherapie zurückgegriffen. Hierbei geht es vor allen Dingen darum, den Grad der Aktivierung des Patienten zu reduzieren. Dies wird durch Atem- und Entspannungstechniken ((zum Beispiel die Zwerchfellatmung, Muskelentspannung, autogenes Training, Achtsamkeit, usw.) erreicht. Noch immer nutzen manche Kliniker aber auch weniger strukturierte psychotherapeutische Ansätze, wie die Introspektion.

Die Pharmakotherpaie der gemischten Angst- und depressiven Störung erfolgt für gewöhnlich mit Anxiolytika, Antidepressiva oder beidem. Erste Analysen deuten darauf hin, dass unter den angstlösenden Medikamenten die Verwendung von Benzodiazepinen am besten geeignet sei. Substanzen wie Busprion, die wohl auf Serotonin- und Dopaminrezeptoren wirken, sind vielleicht auch geeignet – und machen nicht abhängig. Als Antidepressiva können Serotoninergika eingesetzt werden.

Medikamente

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es notwendig ist, die Gemütslage des Patienten zu verbessern. Dies kann man auf verschiedenen Wegen erreichen. So kann der Therapeut den Patienten dazu ermuntern, angenehme Tätigkeiten durchzuführen. Diese können ihm bereits bekannt sein oder er kann sie neu erlernen. Gleichzeitig ist psychologische Bildung zu betreiben. Es ist wichtig, dass der Patient erfährt, was mit ihm passiert und warum. Er eignet sich dabei grundlegenden Vorstellungen zu Angst und Depression an, mit denen er seine Erfahrung normalisieren kann. Darüber hinaus ist es oft notwendig, an speziellen Überzeugungen und Gedanken zu arbeiten, die das Problem nähren.

Wie du sehen kannst, hat die gemischte Angst- und depressive Störung in einigen Diagnosesystemen zwar keinen festen Platz, doch aber eine Identität. Sie ist zudem weitverbreitet. Es handelt sich um eine Störung, die behandelt werden kann. Und wenn sie nicht rechtzeitig behandelt wird, kann sie chronisch werden und die Lebensqualität Betroffener dauerhaft beeinträchtigen.


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