Die 97 bisher unbekannten Bereiche des Gehirns

Das Human Connectome-Projekt hat 97 bisher unbekannte Bereiche des Gehirns identifiziert. Natürlich gibt es noch so viel mehr über das erstaunliche menschliche Gehirn zu lernen. Lies hier mehr darüber.
Die 97 bisher unbekannten Bereiche des Gehirns
Gema Sánchez Cuevas

Geprüft und freigegeben von der Psychologe Gema Sánchez Cuevas.

Geschrieben von Edith Sánchez

Letzte Aktualisierung: 08. Mai 2023

Das Gehirn ist nach wie vor ein faszinierendes Forschungsthema. Je mehr wir lernen, desto mehr Fragen und Überraschungen tauchen auf. Zum Beispiel haben Forscher der University of Washington eine neue Karte des Gehirns erstellt, die 97 bisher unbekannte Bereiche des Gehirns zeigt.

Eine solche Gehirnkarte ist eine grafische Darstellung des Gehirns. Wissenschaftler verwenden verschiedene bildgebende Verfahren, um die unterschiedlichen Bereiche des Gehirns und ihre jeweilige Aktivität darzustellen. Zu Diagnosezwecken kann die Kartierung zeigen, ob ein Gehirn gesund ist oder Anomalien aufweist.

Die Forscher der University of Washington arbeiteten dabei jedoch nicht alleine, sondern mit anderen Profis zusammen. Wissenschaftlern aus St. Louis, Missouri, Oxford, London, Minneapolis und Nijmegen kamen für das Projekt zusammen, um eine andere Art von Gehirnkarte zu erstellen.

Ihr Ziel war es, mithilfe modernster Technologie alle Bereiche der Großhirnrinde zu identifizieren. Infolgedessen entdeckten sie bisher unbekannte Bereiche des Gehirns.

„Die Leute fragen mich oft, wieso ich mich für das Gehirn interessiere. Meine rhetorische Antwort lautet: “Wie kann jemand NICHT daran interessiert sein?” Es ist alles, was man als “menschliche Natur” bezeichnet, und auch das Bewusstsein entsteht daraus.”

Vilayanur S. Ramachandran

Ein schwebendes Gehirn.

Forschungsmethoden

Um diese bisher unbekannten Bereiche des Gehirns zu identifizieren, rekrutierten die Wissenschaftler 210 Freiwillige. Alle waren jung und bei bester Gesundheit. Ziel war es, gesunde Gehirne zu untersuchen.

Die Forscher verwendeten die neueste verfügbare Technologie, beispielsweise Software, mit der sich Besonderheiten und Kontraste in verschiedenen Bereichen des Gehirns identifizieren lassen. Im einfachsten Sinne ausgedrückt, erkannten sie den digitalen Fußabdruck jedes Bereichs.

Die Studie umfasste auch Daten aus der Obduktionsforschung. Wissenschaftler untersuchten einige Teile dieser Gehirne mit leistungsstarken Mikroskopen, um ihre Ergebnisse zu verstärken, zu verifizieren oder festzunageln. Das Fachmagazin Nature Communications veröffentlichte die vollständige Studie, welche die 97 bisher unbekannten Bereiche des Gehirns zeigt.

Die Neurologie und bisher unbekannte Bereiche des Gehirns

Die Neurologie ist ein relativ neues Gebiet, das es erst seit etwas mehr als einem Jahrhundert gibt. Von Anfang an stellten Neurologen die Theorie auf, dass die Großhirnrinde in verschiedene Zonen oder „Module“ unterteilt war und jede Zone eine andere, spezialisierte Funktion hatte. Die Kartierung war anfangs äußerst schwierig, da die Technologie ungenau war.

Die erste Person, die das Gehirn abbildete, war der deutsche Wissenschaftler Korbinian Brodmann im Jahr 1909. Seine Arbeit zeigte, dass es 51 verschiedene Bereiche des Gehirns gibt. Die Karte von Brodmann ist bis heute aktuell und weitgehend unverändert.

Nachfolgende Neurologen ergänzten Brodmanns Forschung mit Daten aus Hirnverletzungsfällen. Verletzungen, Schlaganfälle oder Tumore ermöglichten es Wissenschaftlern zu testen, ob sie die motorische Funktion, die Sehfunktion usw. beeinflussten oder nicht. Danach wurden mit der Hirnkartierung bis jetzt keine größeren Fortschritte erzielt.

Matthew Glasser und David Van Essen sind die Wissenschaftler, die für diese neue Art der Kartierung verantwortlich sind. Sie haben ihre Karte nach drei Kriterien entworfen: Funktion, lokale Mikroarchitektur und Konnektivität. Diese würden die Unterschiede zwischen den verschiedenen Bereichen des Gehirns bestimmen.

Ein beleuchtetes blaues Gehirn.

Welche neuen Informationen bringt dieses Projekt auf den Tisch?

Zum einen konnten Wissenschaftler bestätigen, dass jede Hemisphäre der Großhirnrinde 180 kortikale Bereiche enthält. Darunter befinden sich 97 bisher unbekannte Bereiche des Gehirns. Die neue Karte ermöglicht es Wissenschaftlern, diese Regionen mit bemerkenswerter Klarheit zu sehen. Es ist fast so, als würde man sich eine Karte mit den politischen Grenzen der Staaten auf der Welt ansehen.

Die Studie heißt The Human Connectome Project. Das National Institutes of Health in den USA finanziert diese Studie. Denn sie ist noch lange nicht vorbei, da die Forscher ihre Ergebnisse noch nicht vollständig interpretiert haben. Außerdem fangen Wissenschaftler gerade erst an, Hypothesen über die Funktion dieser bisher unbekannten Bereiche des Gehirns aufzustellen.

Eine der Regionen mit der Bezeichnung 55b hat bereits heute die Aufmerksamkeit der Forscher auf sich gezogen. Dies liegt daran, dass sie aufleuchtet, wenn eine Person eine Geschichte hört. Ein weiterer Bereich, der besonders ungewöhnlich ist, ist POS2. Wissenschaftler beobachten, dass sich sein Muster von allen anderen stark unterscheidet, und glauben, dass es hochspezialisierte Funktionen steuern könnte.

In Wirklichkeit hat das Human Connectome-Projekt noch kaum an der Oberfläche dieses komplexen Themas geschabt. Es gibt noch so viel mehr zu entdecken. Der gesamte präfrontale Kortex, der für die höchste intellektuelle Funktion des Menschen verantwortlich ist, wurde kaum erforscht. Hoffentlich wird dieser erste Schritt die Tür für viele weitere Jahre der Forschung öffnen. Welche Überraschungen über das Gehirn werden wir wohl als nächstes entdecken?


Alle zitierten Quellen wurden von unserem Team gründlich geprüft, um deren Qualität, Verlässlichkeit, Aktualität und Gültigkeit zu gewährleisten. Die Bibliographie dieses Artikels wurde als zuverlässig und akademisch oder wissenschaftlich präzise angesehen.


  • Casino, G. (2012). Conectoma Humano, el gran proyecto de la neurociencia. Alfa, (17), 16-19.

Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.