Der Elefantenmensch: Ein Drama über die Würde des Menschen
Der Elefantenmensch ist ein Schwarz-Weiß-Film über die Würde des Menschen und die Verletzlichkeit, die sich unter einem deformierten Körper verbirgt. In diesem legendären Film von David Lynch entdecken wir die wahre Geschichte von Joseph Merrick, einem jungen Mann, der am Proteus-Syndrom leidet. Nachdem er einen Teil seines Lebens in der Zirkuswelt verbracht hatte, fand er in seinen letzten Jahren im London Hospital Ruhe.
Die Geschichte erzählt, dass Merrick die Seele eines Künstlers und das Herz eines Dichters hatte. Er hatte nur eine brauchbare Hand, und obwohl sie so klein war wie die eines 10-jährigen Jungen, legte er stets großes handwerkliches Geschick an den Tag. Er war so talentiert, dass er faszinierende Konstruktionen aus Papier, Pappe und Stöcken erschaffen konnte. Er schenkte diese kleinen Werke all denen, die nett zu ihm waren.
„Es stimmt, dass mein Aussehen sehr seltsam ist,
aber mir die Schuld dafür zu geben, bedeutet, Gott die Schuld zu geben;
wenn ich mich selbst neu erschaffen könnte,
würde ich alles versuchen, um euch zu gefallen.
Wenn ich von Pol zu Pol gehen
oder den Ozean mit meinen Armen umarmen könnte,
würde ich darum bitten, mich an meiner Seele zu messen;
die Seele ist das Maß des Menschen.“
Joseph Merrick
Als Mel Brooks David Lynch das Drehbuch für diese Geschichte anvertraute, wusste er genau, wonach er suchte. Die Geschichte von Joseph Merrick verdiente es, auf eine besondere, andere Weise auf die Leinwand gebracht zu werden. Außerdem sollte sie eine Hommage sein. Seine Zartheit, Kunstfertigkeit und Intelligenz sollten diesen von Deformationen geprägten Körper in den Schatten stellen. Seine Menschlichkeit sollte die Gesellschaft überstrahlen, die manchmal verabscheuungswürdig und grotesk auftritt, immer darauf bedacht, mit dem Finger auf das zu zeigen, was anders und fremd ist.
Das Ergebnis übertraf alle Erwartungen. Der Film erwies sich als ein herzerwärmender Kinostreifen in Schwarzweiß, als eine unvergessliche Inszenierung, in der Freundlichkeit stärker ist als Verachtung und „Ungeheuerlichkeit“. Der Elefantenmensch erhielt 1981 acht Nominierungen für den Oscar und obwohl er keinen gewann, hatte die Geschichte selbst ihn bereits zum Kult und zu einem unvergesslichen kinematografischen Juwel gemacht.
Der Elefantenmensch: Ich bin kein Tier, ich bin ein Mensch
David Lynch entschied sehr früh, dass die Geschichte von in Schwarzweiß auf die Leinwand gebracht werden sollte. Nur so konnte der Einfluss der viktorianischen Unterwelt, die das Leben von Joseph Merrick prägte, gezeigt werden. Nur so war es möglich, den Blick des Publikums auf Empfindungen, Ängste und Gefühle zu lenken, die die Existenz dieses jungen Briten prägten, der seit seiner Geburt unter schweren Missbildungen gelitten hatte.
Diese monochrome Fotografie war sehr nützlich, um zum Beispiel die Zirkusunterwelt zu beleuchten, in der der “Elefantenmensch” ausgestellt wurde. Die Freakshow war die einzige Einnahmequelle für Menschen mit Missbildungen, und Joseph Merrick war in den 1880er Jahren in ganz Europa sehr erfolgreich. Er litt an einer Variante dieser Krankheit, die heute noch als der schwerste bekannte Fall des Proteus-Syndroms gilt. Er beschrieb sich selbst wie folgt:
“Mein Schädel hat einen Umfang von 91,44 cm, mit einer großen, fleischigen Beule auf dem Hinterkopf, in der Größe einer Frühstückstasse. Der andere Teil ist, um ihn irgendwie zu beschreiben, eine Ansammlung von Hügeln und Tälern, als ob sie geknetet worden wäre, während mein Gesicht ein Bild ist, das sich niemand vorstellen kann. Meine rechte Hand hat fast die Größe und Form eines Elefantenvorderbeins und hat einen Umfang von mehr als 30 cm am Handgelenk und 12 cm an einem der Finger. Der andere Arm ist mit seiner Hand nicht größer als der eines zehnjährigen Mädchens, wenn auch gut proportioniert. Meine Beine und Füße, wie auch mein Körper, sind mit dicker, massiger Haut bedeckt, ähnlich der eines Elefanten und fast in der gleichen Farbe. Tatsächlich würde niemand, der mich nicht gesehen hat, glauben, dass so etwas existieren könnte.”
Inmitten des brutalen und demütigenden Szenarios der Zirkuswelt lernen wir plötzlich eine emotionale und mitfühlende Sichtweise kennen, die das Leben von Joseph Merrick verändert. Die Rede ist von Dr. Frederick Treves, der meisterhaft von Anthony Hopkins gespielt wird. Ein Mensch, der dazu in der Lage ist, den Menschen unter der Haut des „Monsters“ zu sehen, jemand, der von den Schreien eines jungen Mannes bewegt wird, der verlangt, als Mensch und nicht als Tier gesehen zu werden.
Der Elefantenmensch wird gleich zweimal öffentlich zur Schau gestellt
Obwohl Dr. Treves dem jungen Merrick sehr nahe steht, spürt der Zuschauer, dass er auch ein großes wissenschaftliches Interesse an ihm hat. Er stellt ihn führenden Pathologen, Ärzten und Chirurgen vor, seinen Kollegen, und setzt alles daran, dass dieser Elefantenmensch ein Leben lang im London Hospital bleibt.
Nachdem er dort ein Zimmer bekommen hatte, schafft es der junge Merrick endlich, allen zu zeigen, was unter all den Unebenheiten und der dicken Haut steckt. Die Wissenschaftler sind zunächst davon überzeugt, dass solch ein Körper zweifellos mit einem tiefgreifenden intellektuellen Defizit einhergehen müsse. Doch bald darauf entdecken sie etwas, das mittlerweile bis ins Detail dokumentiert ist: Joseph Merrick war hochintelligent.
Er las und schrieb ohne Unterbrechung, er verfasste Gedichte, war ein Bücherwurm und hatte eine Vision von der Welt, die sowohl unschuldig als auch hoffnungsvoll war. Der Schatten seiner Kindheit, in der er unter Spott und Misshandlung zu leiden hatte, aber auch seine dunklen Jahre in der Welt des Showbusiness und des Zirkus, hatten keine Spuren in seinem Herzen hinterlassen oder es gar zu Stein werden lassen. Wie er selbst erklärte, hätte er seine Hoffnung und seinen Optimismus aus der Liebe geschöpft. Aus der Liebe, die seine Mutter ihm entgegenbrachte. Eine schöne junge Frau, die in ihm die Liebe für Bücher weckte, leider aber sehr früh verstarb.
Interessanterweise hat das London Hospital zwar Geld gesammelt, um es Merrick zu erleichtern, ein Leben in der Institution zu führen und so die öffentliche Zurschaustellung, der er ausgesetzt war, zu vermeiden, aber am Ende hat man dort eine für viele unverzeihliche Tat begangen. Der Elefantenmensch starb am Morgen des 11. April 1890 im Alter von 27 Jahren im Schlaf.
Man weiß, dass der junge Mann gläubig und dass es einer seiner Wünsche war, in der Nähe seiner Mutter begraben zu werden. Das wissenschaftliche Interesse an ihm war jedoch größer als der Respekt ihm gegenüber und die Verteidigung seiner Würde. Das pathologische Museum des London Medical College stellte jahrzehntelang sein Skelett aus. Mittlerweile wurden seine Überreste entfernt (aber sie werden immer noch untersucht) und durch seine Habseligkeiten ersetzt: sein Sessel, seine handgeschriebenen Briefe sowie der Hut mitsamt dem Stoffschleier, der sein Gesicht und seinen Kopf bedeckte.
Wenn es eine Sache gibt, die dieser Film erreicht hat, dann, uns ein authentisches Portrait der Menschlichkeit aufzuzeigen, dass in dem deformierten Körper von Joseph Merrick zu finden war. Die Musik, die Fotografie, die geführte Regie – alle zusammen schufen eine mehr als perfekte Leinwanddarbietung voller Menschlichkeit, in der man eine Seele entdecken konnte, die sich von den Erniedrigungen und Misshandlungen nicht hat unterkriegen lassen.
Der Elefantenmensch, wie Joseph Merrick zeitlebens genannt wurde, verlor zu keinem Zeitpunkt seine Zartheit, seine höflichen Manieren und sein Vertrauen in andere. Ironischerweise wurde er nach seinem Tod leider erneut zum Opfer der Zurschaustellung: der Zurschaustellung in der wissenschaftlichen Welt.