Das Houdini-Syndrom: Emotional nicht verfügbar sein

Manche Menschen sind in einer Beziehung emotional nicht verfügbar. In der Tat gilt für sie: je größer die Verantwortung, desto größer ist ihr Bedürfnis, sich davon zu befreien. Lies im Folgenden weiter, um mehr zu diesem Thema zu erfahren!
Das Houdini-Syndrom: Emotional nicht verfügbar sein
Francisco Roballo

Geschrieben und geprüft von dem Psychologen Francisco Roballo.

Letzte Aktualisierung: 13. März 2023

Das Houdini-Syndrom bezieht sich auf die Entfesslungskünste des mythischen, in Ungarn geborenen, amerikanischen Eskapisten Harry Houdini. In diesem Artikel erfährst du jedoch mehr über den psychologischen Eskapismus, der durch Vermeidung ausgelöst wird. Dies ist der Fall, wenn Menschen Familienfeiern, Jobs und tägliche Aufgaben meiden.

Das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Egos, Nachgiebigkeit und sogar die Schwierigkeit, sich auszudrücken, ohne dem Partner dabei Schaden zuzufügen, sind in zwischenmenschlichen Beziehungen weit verbreitet. Die Tatsache, dass viele Menschen diesen Beziehungen entfliehen, ist jedoch ein tieferes Symptom des mangelden Engagements moderner Gesellschaften.

In vielen Fällen besteht eine direkte Verbindung. Je größer die Verantwortung, desto größer das Fluchtbedürfnis. Viele Menschen tun sich einfach damit, aber was verursachte dieses Verhalten wirkliche? Warum ist es für diese Menschen so kompliziert, sich wirklich emotional zu engagieren?

Die Konzepte der Familien- und Herdenmentalität sind heutzutage oft verzerrt und begünstigen das Houdini-Syndrom

Emotionales Engagement und das Houdini-Syndrom

Noch nie war emotionales Engagement so gefragt wie heute. Soziale Bindungen waren schon immer ein sehr aktiver Bestandteil der Evolution unserer Spezies.

Engagement kann allerdings auch das Gegenteil bedeuten: Distanz und Ablösung. Gefühle und die Fähigkeit, diese offen zu zeigen, sind unerlässlich, um sich in andere hineinzuversetzen.

Selbst Houdini wäre überrascht

Die Konzepte der Familien- und Herdenmentalität sind heutzutage oft verzerrt. Sie sind Teil einer individualistischen Gesellschaft, in der sich die Jugendbewegungen noch mehr zerstreuen. Dies zeigt sich nicht nur in romantischen Beziehungen, sondern auch in Freundschaften, die sich zu Utilitarismus entwickeln können.

Das Houdini-Syndrom und seine verschiedenen Stadien

Normalerweise besteht das Houdini-Syndrom aus mehreren Stadien. Diese Phasen sind Teil eines Prozesses, der mit einer emotionalen Verpflichtung  beginnt und bis zur völligen Ablehnung reicht. Lass’ uns im Folgenden einen Blick auf die Hauptmerkmale dieser Phasen werfen:

  • Implikationen. Dies ist das Stadium des sentimentalen Booms. Hier spielen Überzeugungsstrategien eine Rolle, um etwas von der anderen Person zu bekommen. Es scheint, als gäbe es keine Grenzen für Liebe oder Freundschaft.
  • Zweifel. Die sehr lockeren Gründe, auf denen die emotionale Bindungen hergestellt wurden, lassen die Menschen an ihren Emotionen zweifeln. Hier beginnen die Dinge auseinanderzufallen. Dies ist ein langsamer Prozess.
  • Flucht. In dieser letzten Phase besteht kein Kontakt. Die andere Person ist aus deinem Leben verschwunden und es findet keine Kommunikation statt.
Wir leben in einer individualistischen Gesellschaft, die nicht unbedingt Beziehungen eingeht

Eine Gesellschaft, die nicht helfen will

Wir leben in einer individualistischen Gesellschaft, die nicht unbedingt Beziehungen eingeht. Die Technologie hat der Gesellschaft ein vollständiges Verständnis der Kommunikation gegeben.

Heutzutage musst du nicht mehr direkt neben jemandem stehen oder sein, um dich aktiv mit ihm in Verbindung zu setzen. Dies erleichtert das Beenden von Beziehungen, da du dich nicht von Angesicht zu Angesicht rechtfertigen musst. Bindungen gehen jetzt über diejenigen hinaus, die sich physisch in deiner Nähe befinden.

Soziale Netzwerke begünstigen das Houdini-Syndrom

In diesem Zusammenhang gibt es heutzutage viele Hilfsmittel, die die sozialen Beziehungen erleichtern. Zum Beispiel Tinder oder Facebook, wo du in kürzester Zeit Menschen aus aller Welt kontaktieren oder einen Partner finden kannst. Menschen werden im Wesentlichen nicht mehr gebraucht. Es gibt eine Volksbank mit vielen anderen Leuten in der Warteschleife.

Gefühlsangebot und -nachfrage

Schnelle soziale Bindungen verändern die Ekstase der Liebe und Freundschaften halten weniger lange an. Sobald diese Bindungen abgeschlossen sind, kehren wir zum sozialen Markt zurück, um die Ekstase der Neuheit zu entdecken. So gibt es jetzt eine Art Gefühlsangebot und -nachfrage mit der Neuheit als gemeinsamen Nenner. In diesem Markt herrscht Oberflächlichkeit. Ein markantes Social-Media-Profil ist dabei unerlässlich.

Jugendliebe

Das Houdini-Syndrom kann aus deiner Jugend stammen. Viele Beziehungsexperten glauben, dass eine mögliche Ursache darin besteht, dass du im Teenageralter wenig bis gar keine emotionale Bildung erfährst. Jugendliche werden ständig mit Stereotypen darüber bombardiert, wie Beziehungen sein sollten.

Fluchtreaktion

Auch wenn es bestimmte Personen gibt, die sich mit diesem Syndrom identifizieren, sind seine Auswirkungen und Merkmale ein Produkt sozialer Phänomene. Das Syndrom kann auf viele Arten gezeigt werden und hängt von vielen Faktoren ab, wie zum Beispiel der Persönlichkeit der Person.

Wie kannst du das Houdini-Syndrom erkennen?

Um das Houdini-Syndrom zu analysieren, solltest du dich zunächst selbst analysieren. Oft beklagen sich die Leute darüber, aber sie sehen andere Menschen als Plan B an.

Die emotionale Beteiligung führt zu Selbstsucht. Wie kannst du also einen Fluchtkünstler erkennen? Durch ihre Unfähigkeit, sich über ihre eigenen Interessen hinaus zu engagieren.

Emotionale Schwäche

Hier ist das Dilemma. Kannst du dich wirklich voll einbringen? Wenn du dich oberflächlich engagierst, kannst du nicht damit rechnen, starke und dauerhafte Bindungen zu bilden, wenn du diese als ein Risiko siehst. Daher ist das Ausnutzen von anderen Menschen und das darauffolgende Wegrennen von ihnen ein klares Symptom für emotionale Schwäche. Und Schwäche kann auf viele Arten ausgedrückt werden.

  • Vermeidungsverhalten. Dies trifft auf Menschen zu, die sich nicht festlegen, aber Beziehungen auch nicht direkt beenden können. So vermeiden sie nach und nach den Kontakt mit Menschen, indem sie sich Ausreden ausdenken.
  • Verweigerung. Diese Menschen können eine Art emotionale Blockade aufzeigen. Sie neigen dazu, Probleme damit zu haben, ihre Gefühle aufrichtig auszudrücken.
  • Selbstsucht. Diesen Menschen fällt es schwer, Aktivitäten außerhalb ihrer Interessen zu planen.
Leute müssen keine Entfesslungskünstler sein, um in das Profil des Houdini-Syndromszu passen.

Es ist nicht alles verloren

Leute müssen keine Entfesslungskünstler sein, um in das in diesem Artikel definierte Profil zu passen. Analysiere einfach dein eigenes Verhalten und wenn du ein Merkmal feststellst, das diesem ähnlich ist, versuche es zu beheben, bevor es systematisch wird. Einige Hinweise dafür sind:

  • Stelle dich deinen Ängsten. Es ist wahr, dass du ein Risiko eingehst, wenn du dich emotional festlegst. Vertrauen, Empathie und Gefühle scheinen hier eine Rolle zu spielen. Habe keine Angst, nach deinen Vorstellungen zu handeln.
  • Selbstachtung. Du solltest dich nicht als etwas verkaufen, was du nicht bist. Die Menschen, die mit dir zusammen sein wollen, werden dich für dein wirkliches Ich lieben und deswegen bei dir bleiben.
  • Pass auf andere auf. Verantwortung ist wichtig und mit den Gefühlen anderer zu spielen, ist etwas, was ein Entfesslungskünstler tun würde. Ehrlich zu sein ist ein Weg, um andere zu schützen.

Das Sprichwort „Liebe und Hass liegen nah beieinander“ wurde zu „Liebe und Hass sind nur eine SMS entfernt“. Obwohl du bei Menschen aus deiner Vergangenheit möglicherweise einen Houdini-Patienten identifizierst, solltest du dennoch objektiv sein. Individualismus und die Geschwindigkeit, mit der sich alles ändert, sind auch Teil moderner Beziehungen. In gewisser Weise verlangen sie mehr nach besseren sozialen Qualitäten.


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Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.