Crush: Wie verarbeitet das Gehirn eine unerreichbare Liebe?
Platon verstand die nach ihm benannte platonische Liebe als die reinste Form der Liebe, die keine sexuelle Lust erfordert. Heute fasst man unter dem Begriff auch die Schwärmerei für eine unerreichbare Persönlichkeit zusammen – wenn eine berühmte Person als besonders attraktiv empfunden wird und Schmetterlinge im Bauch erzeugt, obwohl sie für immer unerreichbar bleibt. Durchgesetzt hat sich dafür auch der englische Ausdruck “Crush” oder “Celebrity Crush”. Wir gehen heute der Frage nach, was im Gehirn passiert, wenn jemand eine solche unerreichbare Liebe durchlebt.
“Crush” und Halo-Effekt
Wenn du dich in eine bekannte Persönlichkeit, in deinen “Crush”, verliebst, ist die Anziehungskraft meist sehr groß, auch wenn sie nicht auf Gegenseitigkeit beruht. Die Attraktion und Sehnsucht nach dieser Person kann durch den Halo-Effekt erklärt werden: Diese kognitive Verzerrung bringt uns dazu, aufgrund der bekannten Eigenschaften der Person wiederum andere, unbekannte Merkmale abzuleiten und dadurch ein Gesamtbild zu kreieren.
Ein Beispiel: Du findest einen Promi körperlich unglaublich attraktiv, da er deinem Prototyp entspricht. Daraus schließt du, dass er auch sympathisch, intelligent und lustig ist, weil dir das ebenfalls gefällt. Deshalb verliebst du dich in ihn.
Die Idealisierung der Verliebtheit
Wie bereits erwähnt, ist die fehlende Gegenseitigkeit für diese Art von Dynamik charakteristisch. Du weißt, dass dein Schwarm immer unerreichbar bleiben wird, er ahnt nicht einmal etwas von deiner Existenz. Deshalb kannst du auch nicht überprüfen, ob die Eigenschaften, die du deinem “Crush” zuschreibst, tatsächlich zutreffen. Du hältst dich an einem idealisierten Bild fest, das du selbst mit den wenigen Puzzleteilen, die dir zur Verfügung stehen, zusammensetzt.
Wäre es eine konventionelle Beziehung, würdest du im Laufe der Zeit mehr über die andere Person erfahren und die Idealisierung würde nachlassen. Doch dies ist nicht der Fall, deshalb lebst du in deiner mentalen Fantasie, die du dir selbst erschaffen hast – eine Illusion, die du weiterhin nährst.
Die Wirkung der Dopaminausschüttung
Doch was passiert im Gehirn, wenn du deinen “Crush” siehst oder an deine platonische Liebe denkst? Das Gehirn belohnt dich mit Dopamin: Dieser Neutrotransmitter steuert unter anderem die emotionale Reaktion, er ist der Botenstoff des Glücks. Und weil er dich fleißig mit Zufriedenheit belohnt, setzt du die Dynamik deiner platonischen Liebe auch weiter fort.
Das Gefühl zu schweben gefällt dir, Logik und Objektivität haben in diesem Zustand keinen Platz. Du erlebst dieses Verliebtsein lustvoll und intensiv. Du wirst “süchtig” nach einer unerreichbaren Person.
Auch Oxytocin spielt in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle. Dieser Botenstoff ist auch als Bindungshormon bekannt und sorgt für Liebe und Treue. Du wünschst – und hoffst –, die angehimmelte Person eines Tages zu treffen, obwohl das in der Regel nicht passiert.
Dein “Crush” ermöglicht dir wertvolle Lektionen
Dieser Prozess hält jedoch nicht ewig an. In der Tat dauert er normalerweise nicht länger als ein Jahr. Wenn es keine Gegenseitigkeit und keinen Fortschritt in der Liebe gibt, schwindet das Verlangen und das Interesse in den meisten Fällen, bis der “Crush” in Vergessenheit gerät. Doch du kannst wertvolle Lektionen aus deiner Schwärmerei ziehen: Dein Gehirn aktiviert unangenehme Gefühle wie Schmerz, Frust oder Scham und analysiert, wie es diese negativen Folgen in Zukunft vermeiden kann.
In den meisten Fällen präsentiert sich die erste platonische Liebe in der Pubertät und wird mit großer Intensität erlebt. Durch die kognitive und emotionale Reifung, die diese und andere Erfahrungen ermöglichen, wird die Wahrscheinlichkeit allerdings geringer, sich erneut in eine unerreichbare Persönlichkeit zu verlieben.
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