Wie TikTok das Gehirn beeinflusst

TikTok ist eine extrem aufmerksamkeitsstarke und unterhaltsame Anwendung, die jedoch ernste Auswirkungen auf die psychische Gesundheit haben kann.
Wie TikTok das Gehirn beeinflusst
Elena Sanz

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Elena Sanz.

Letzte Aktualisierung: 09. April 2023

TikTok hat sich insbesondere bei jungen Menschen zu einem der beliebtesten sozialen Netzwerke entwickelt. Kinder, Jugendliche (und sogar Erwachsene) können stundenlang durch diese kurzen, perfekt für sie ausgewählten Videos scrollen. Dies scheint eine interessante Form der Unterhaltung zu sein, die jedoch erhebliche Risiken verbirgt. Wir schauen uns heute an, wie TikTok das Gehirn beeinflusst.

Die neuen Generationen sind Digital Natives: Technologie ist ein fester Bestandteil ihres Lebens. Das Internet ist der Ort, an dem sie Wissen, soziale Kontakte und Unterhaltung finden, und jeden Tag gibt es neue Plattformen zu entdecken und zu genießen. TikTok hat eine Formel gefunden, die fesselt und anzieht. Deshalb ist es wichtig, sich der Risiken bewusst zu sein und dieses soziale Netzwerk in Maßen zu nutzen.

Die Zauberformel von TikTok

TikTok bietet zwar nichts, was es nicht schon auf anderen digitalen Plattformen gibt, aber dieses soziale Netzwerk kombiniert eine Reihe von Funktionen, die es besonders attraktiv machen:

  • Es bietet kurze Videos. Die audiovisuellen Inhalte der Plattform bestehen aus Clips, die zwischen ein paar Sekunden und ein paar Minuten dauern. Auf diese Weise werden die Informationen gebündelt und auf eine prägnante und aufmerksamkeitsstarke Weise präsentiert.
  • Es zeigt jedem Nutzer vollständig personalisierte Inhalte. Das liegt an einem Algorithmus, der mit großer Präzision die Interessen jeder Person erfasst, um ihr die Inhalte anzubieten, die sie am meisten ansprechen.
  • Die kurzen Videos folgen in einer unendlichen Folge aufeinander, während der Nutzer den Bildschirm scrollt. Das schafft eine ständige Verstärkung: Auch wenn wir nicht jeden Clip mögen, vermittelt es den Eindruck, dass “gleich um die Ecke” tolle Inhalte kommen, die wir nicht verpassen dürfen.

So wirkt TikTok auf das Gehirn und aktiviert das Belohnungssystem dank der Dopaminausschüttungen, die beim Ansehen der Videos erfolgen. Das sorgt nicht nur für unmittelbares Vergnügen, die Nutzung der App wird zu einer wünschenswerten Aktivität oder auch zu einer Abhängigkeit.

Frau sieht TikTok
TikTok erzeugt eine intermittierende Verstärkung, die zur wiederholten Nutzung der App anregt.

So wirkt sich TikTok auf das Gehirn aus

Wenn man es mit Bedacht und in Maßen nutzt, bietet diese soziale Plattform großartige Unterhaltungsmöglichkeiten. Sie birgt jedoch auch eine Reihe von Risiken, die vorwiegend (aber nicht nur) Kinder und Jugendliche betreffen:

TikTok verringert die Aufmerksamkeit und Konzentration und beeinträchtigt das Gedächtnis

Gesundheitsexperten, Eltern und Pädagogen haben festgestellt, dass es für Kinder immer schwieriger wird, über längere Zeiträume aufmerksam zu sein und sich zu konzentrieren. Soziale Medien, Bildschirme und vor allem Apps wie TikTok spielen dabei zweifellos eine Rolle.

Wir sollten bedenken, dass junge Menschen in einer besonders verletzlichen Phase sind. Der präfrontale Kortex (der für Impulskontrolle, Gedächtnis und Aufmerksamkeit zuständig ist) ist bis zum Alter von etwa 25 Jahren in Entwicklung. Diese Art von Stimulation (bei der Inhalte und sofortige Befriedigung angeboten werden) kann sich negativ auf die Entwicklung dieser kognitiven Fähigkeiten auswirken.

Negative Auswirkungen auf die Geduld

Die TikTok-Nutzung macht uns ungeduldig und erschwert es, die Belohnung hinauszuzögern. So gewöhnen wir uns daran, schnell und einfach Verstärkung zu bekommen, und verlieren das Interesse an allem, was Zeit und Mühe kostet. Leider sind im wirklichen Leben Geduld, Ausdauer und die Fähigkeit, Belohnungen aufzuschieben, dringend erforderlich.

Kann zu sozialen und emotionalen Entwicklungsproblemen führen

Wie bei anderen sozialen Netzwerken auch kann eine übermäßige Nutzung schädlich für echte menschliche Interaktionen sein. Virtuelle Kontakte sind nicht mit dem direkten menschlichen Umgang zu vergleichen, der gegenseitige Unterstützung und das Wohlbefinden fördert. Immer häufiger vernachlässigen wir diese Aspekte, da wir mehr Zeit in der virtuellen Welt verbringen.

Ferner sind junge Menschen unangemessenen, ungenauen und verzerrten Inhalten ausgesetzt. Kinder und Jugendliche vergleichen ihre eigene Situation oft mit dem “idealen Leben” und der “perfekten Figur”, die sie in den Netzwerken sehen. Sie sind sich nicht der Lügen, der Voreingenommenheit oder der Verwendung von Filtern bewusst, die vielfach zum Einsatz kommen. Das kann zu Problemen mit dem Selbstwertgefühl und zu psychischen Störungen führen.

Es ist sogar möglich, dass der Algorithmus beginnende oder bestehende psychische Probleme fördert. TikTok zeigt nicht nur angenehme und ansprechende Inhalte, sondern auch Videos, die mit den Ängsten und Sorgen der einzelnen Personen zu tun haben. Daher kann es sein, dass Personen mit Depressionen oder einer Essstörung mehr mit Inhalten konfrontiert wird, die mit ihrer Krankheit zu tun haben.

TikTok kann süchtig machen

Schließlich wirkt sich TikTok auch durch Suchtverhalten auf das Gehirn aus. Die Unmittelbarkeit der Inhalte und die Genauigkeit des Algorithmus, der spezifische Videos präsentiert, verleiten viele, stundenlang mit dieser App zu verbringen. Sie vernachlässigen andere Aktivitäten und Bereiche und sind nicht fähig, ihr Verhalten zu stoppen.

Junge schaut Videos auf TikTok
TikTok kann süchtig machen.

TikTok: Kontrolliere dich in sozialen Netzen

Obwohl dieses soziale Netzwerk (wie so viele andere) Risiken und Nachteile hat, sollte es nicht grundsätzlich verteufelt werden. Es ist möglich, bestimmte Inhalte zu genießen, solange gesunde Grenzen eingehalten werden. Beschränke die Nutzungszeit, achte auf die Inhalte, die du konsumierst und vergiss nicht, die negativen Einflüsse dieses Netzwerks zu kontrollieren.

Wenn du Teenager hast, die TikTok nutzen, setze Grenzen, beaufsichtige sie und sei wachsam. Erkläre ihnen die Risiken und gib ihnen Richtlinien für eine angemessene Nutzung zur Hand. Du solltest sie jedoch insbesondere ermutigen, ein erfülltes und abwechslungsreiches Leben außerhalb der virtuellen Welt zu führen.


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