Wie die Kontrollüberzeugung das psychische Wohlbefinden beeinflusst

Machst du dich selbst für deine Erfolge oder Misserfolge verantwortlich oder schiebst du die Schuld anderen zu?
Wie die Kontrollüberzeugung das psychische Wohlbefinden beeinflusst
Laura Ruiz Mitjana

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Laura Ruiz Mitjana.

Letzte Aktualisierung: 03. November 2022

Kontrollierst du deine Schritte oder überlässt du sie dem Zufall? Die Antwort auf diese Frage hat mit der Kontrollüberzeugung zu tun: Es geht darum, inwieweit du das Auftreten eines Ereignisses auf dein eigenes Verhalten oder auf Faktoren außerhalb deiner Kontrolle zurückführst.

Wenn du die Ursachen in Faktoren suchst, die du nicht kontrollieren kannst, neigst du dazu, die “Schuld” oder Verantwortung anderen zuzuweisen. Wenn du deine Handlungen für die Auswirkungen verantwortlich machst, hast du die Möglichkeit, Veränderungen vorzunehmen, um zu deinem Ziel zu kommen. 

Welche Auswirkungen hat die internale oder externale Kontrollüberzeugung auf das psychische Wohlbefinden? Im heutigen Artikel widmen wir uns dieser Frage und du wirst anschließend sehen, dass keines dieser Extreme vorteilhaft ist.

Die Kontrollüberzeugung: Was ist das?

Worauf führst du die Dinge zurück, die dir im Alltag passieren? Wer hat die Kontrolle über dein Leben? Du selbst, die Umstände oder das Schicksal? Der Ausdruck “Kontrollüberzeugung” bezieht sich auf die Zuschreibung von Ereignissen auf äußere oder innere Umstände. Wenn du dich selbst für dein Leben verantwortlich machst, nennt sich dies “internale Kontrollüberzeugung”. Machst du hingegen die Umstände oder andere Personen für dein Schicksal oder dein Glück verantwortlich, handelt es sich um eine “externale Kontrollüberzeugung”.

Es handelt sich um zwei Extreme, denn in Wahrheit hat niemand die komplette interne oder externe Kontrolle über sein Leben. Dies variiert je nach Situation, doch wir haben eine Tendenz in die eine oder andere Richtung.

Der Psychologe Julian B. Rotter definierte das Konzept der Kontrollüberzeugung bereits im Jahr 1954. Eine 2020 von einem Forscherteam der Victoria University in Wellingten durchgeführte Studie bestätigt, dass dieses Konzept mit bestimmten Verhaltensmustern korreliert. So steht die externale Kontrollüberzeugung beispielsweise mit einem größeren Risiko für Straftaten im Zusammenhang.

Mann denkt über seine Kontrollüberzeugung nach
Die externale Kontrollüberzeugung macht uns zu passiven Agenten dessen, was wir erleben.

Ein Beispiel, um dieses psychologische Phänomen zu verstehen

Eine Person mit internaler Kontrollüberzeugung, die mit einem beruflichen Problem konfrontiert ist, macht sich selbst für dieses Problem verantwortlich:

  • “Meine Schüler hören mir nicht zu”
  • “Ich habe mich nicht ausreichend vorbereitet”
  • “Ich bin nicht überzeugend”

Bei einer externalen Kontrollüberzeugung schiebt die Person anderen die Schuld zu:

“Meine Schüler waren müde und lustlos”.

Um herauszufinden, zu welcher Kontrollüberzeugung du tendierst, musst du dich in verschiedenen Situationen beobachten.

Wie beeinflusst die Kontrollüberzeugung das psychologische Wohlbefinden?

Die Kontrollüberzeugung wirkt sich auf dein psychologisches Wohlbefinden aus, auf die Entscheidungen, die du triffst, auf deine Gefühle und auf deine Gedanken. Wenn du dich selbst verantwortlich machst, kannst du proaktive Maßnahmen ergreifen, um dich zu verbessern und deine Ziele zu erreichen. Schiebst du anderen die Schuld zu, bist du nur ein passiver Akteur oder Zuschauer, der seinem Schicksal ausgesetzt ist.

Doch wir können nicht immer von Verallgemeinerungen ausgehen, denn es gibt Situationen, in denen ein externer Standpunkt unvermeidlich ist und in denen wir uns in Akzeptanz üben müssen.

“Es gibt zwei Möglichkeiten im Leben: die Bedingungen zu akzeptieren, wie sie sind, oder die Verantwortung zu übernehmen, sie zu ändern.”

Denis Waitley

Erlernte Hilflosigkeit und externale Kontrollüberzeugung

Wir können die Frage der Passivität und der externalen Kontrollüberzeugung mit einem sehr interessanten Konzept in der Psychologie verknüpfen: mit der erlernten Hilflosigkeit. In bestimmten Situationen kann die Passivität zu erlernter Hilflosigkeit führen. Charakteristische Gedanken sind: “Ich kann eh nichts tun. Die Situation hängt nicht von mir, sondern von den Umständen ab, deshalb gebe ich mich selbst auf.”

Übermäßige Verantwortung und internale Kontrollüberzeugung

Wenn du zu viel von dir forderst und übermäßig große Verantwortung übernimmst, läufst du Gefahr, dich überfordert und unzufrieden zu fühlen. Du musst nicht alles kontrollieren, dies führt nur zu Schuldgefühlen. Du gibst dir die Schuld, wenn du etwas nicht verändern kannst, obwohl das vielleicht gar nicht in deiner Macht liegt.

Ausgewogenheit und Flexibilität

Keine Kontrollüberzeugung ist besser als die andere, der Schlüssel liegt in der Ausgewogenheit und FlexibilitätDu musst akzeptieren, dass du nicht alles kontrollieren und verändern kannst, es gibt unvorhergesehene Dinge, die niemand voraussehen kann. Es ist wichtig, die Kontrollüberzeugung an die Situation anzupassen und realistisch zu sein.

“Bleibe bei deinen Entscheidungen, aber bleibe flexibel in deinem Vorgehen.”

Anthony Robbins

Frau denkt über Kontrollüberzeugung nach
Der internale Kontrollüberzeugung ermöglicht proaktive Reaktionen.

Eine Übung, um Gleichgewicht zu erreichen

Mit einer einfachen Übung, kannst du an einer angemessenen Kontrollüberzeugung arbeiten, um flexibel, kritisch und realistisch zu reagieren. Mache hierfür zwei Spalten auf einem Blatt Papier. In der ersten schreibst du die Dinge auf, die von dir abhängen und die du ändern kannst und in der zweiten jene, die nicht in deiner Kontrolle liegen.

Mit den Informationen in der ersten Spalte kannst du beginnen, die Verhaltensweisen zu definieren, mit denen du Veränderungen erzielen kannst. Die Informationen in der zweiten Spalte laden dich zur Akzeptanz ein. Arbeite daran, denn du kannst wenig tun. Du kannst dich mit dieser Übung selbst besser kennenlernen und dein Wohlbefinden fördern.


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  • Tyler, N., Heffernan, R. & Fortune, C. (2020). Reorienting Locus of Control in Individuals Who Have Offended Through Strengths-Based Interventions: Personal Agency and the Good Lives Model, Front. Psychol. https://doi.org/10.3389/fpsyg.2020.553240

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