Wie das Telefon unser Gehirn verändert hat

Heutzutage ist ein Leben ohne Mobiltelefon nicht mehr denkbar. Doch welche Auswirkungen haben diese Geräte auf unser Gehirn?
Wie das Telefon unser Gehirn verändert hat
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 09. Januar 2024

Das Telefon hat unser Gehirn stark verändert: Unsere Konzentrationsfähigkeit ist deutlich geringer, unser Gedächtnis leidet und zum Teil ist auch das räumliche Orientierungsvermögen eingeschränkt, da wir uns auf das Navigationssystem des Smartphones verlassen, anstatt uns selbst zu bemühen den Weg zu finden. Doch nicht alles ist negativ: Die richtige Nutzung elektronischer Geräte hat auch Vorteile. Wir laden dich heute ein, mehr über dieses Thema zu erfahren.

“Technologie ist ein nützlicher Diener, aber ein gefährlicher Herr.”

Christian Lous Lange

Wie hat das Telefon unser Gehirn verändert?

Schätzungsweise gibt es mehr Telefone als Menschen auf der Welt. Aufgrund dieser weiten Verbreitung interessieren sich Wissenschaftler für die Auswirkungen dieser Geräte auf die psychische Gesundheit. Smartphones sind fast schon ein Teil unseres Körpers. Wir haben sie immer zur Hand, um Informationen abzurufen, Kontakte zu pflegen und unser Gedächtnis zu unterstützen.

Neuroscience hat jahrelang untersucht, wie das Telefon unser Gehirn verändert. In diesem Zusammenhang betonen die Wissenschaftler insbesondere die Veränderung der Aufmerksamkeit von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Vielleicht suchst du nur eine kurze Information, verlierst dich dann jedoch im Netz der Netze und die Zeit entgleitet dir. Wir sehen uns anschließend die problematischen Folgen des Telefons an.

1. Digitale Amnesie

Eine in der Zeitschrift Trends in Cognitive Sciences veröffentlichte Studie skizziert das Konzept “cognitive offloading“. Darunter versteht man Aufgaben, die wir an das Smartphone auslagern, um die kognitiven Anforderungen zu verringern. Du verwendest dein Handy beispielsweise als Terminkalender oder Notizbuch. Auch Telefonnummern merkst du dir nicht mehr selbst, denn sie sind alle in deinem Telefon gespeichert. Durch diese neuen Technologien haben wir immer weniger Vertrauen in unsere eigenen Gedächtnisfähigkeiten.

Warum sollten wir uns darum bemühen, uns an bestimmte Informationen zu erinnern, wenn unser Handy diese Aufgaben perfekt für uns erledigt? Die digitale Amnesie ist das Resultat, wenn du dich mehr auf dein Handy verlässt als auf dein eigenes Gedächtnis. Du verwendest es wie dein zweites Gehirn, um Daten, Ereignisse und Erinnerungen abzurufen.

2. Geringere kognitive Fähigkeiten

Wie oft schaust du am Tag auf dein Handy? Wenn du darüber Buch führen würdest, wäre die Überraschung groß. Das Journal of the Association for Consumer Research hat herausgefunden, dass allein die Nähe des Telefons unsere kognitiven Ressourcen reduziert: Es schränkt unsere Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit ein.

Je größer die Abhängigkeit von einem Smartphone ist, desto mehr Einschränkungen treten auf, auch wenn es darum geht, Entscheidungen zu treffen. Das Gehirn verliert seinen Fokus, kann sich nicht mehr konzentrieren und verliert sich im Nebel des digitalen Universums. Allmählich hört der Verstand auf, so grundlegende Prozesse wie kritisches Denken auszuüben.

Die Nutzung von mobilen Geräten hat zu einer Veränderung der Aufmerksamkeitsspanne geführt. Vielen Menschen fällt es schwer, sich über einen längeren Zeitraum auf eine Aufgabe zu konzentrieren, weil sie ständig durch Benachrichtigungen oder soziale Medien abgelenkt werden.

 3. Schlechtere soziale Interaktionsfähigkeiten

Während Mobiltelefone es dir ermöglichen, mit Menschen auf der ganzen Welt in Kontakt zu treten, haben sie auch die Art und Weise verändert, wie du kommunizierst. Heutzutage haben digitale Interaktionen und Gespräche einen hohen Stellenwert. Text- und Sprachnachrichten fließen im Sekundentakt und bilden eine andere Art von Beziehungen.

Das Gehirn ist ein soziales Organ, das darauf ausgelegt ist, Bindungen aufzubauen. Präsenz und Nähe sind notwendig, um die emotionale Bindung und das Einfühlungsvermögen zu stärken. Doch immer mehr Jugendliche haben schlechte sozial-emotionale Fähigkeiten. Außerdem sehen wir oft, dass Mobilgeräte verwendet werden, um kleine Kinder zu beruhigen und abzulenken.

Ein Artikel in der Zeitschrift Pediatrics, fragt sich, ob diese frühe Nutzung von Handys oder Tablets die internen Selbstregulierungsmechanismen des Gehirns beeinträchtigt. Derzeit gibt es keine schlüssigen Daten darüber, doch das Risiko ist vorhanden.

4. Schlafstörungen

Das Telefon hat unser Gehirn verändert und ist für eine schlechtere Schlafqualität verantwortlich. Das blaue Licht der Bildschirme stört unsere Nachtruhe. Eine in Proceeding of the National Academy of Sciences veröffentlichte Studie beschreibt folgenden Prozess:

  • Das blaue Licht unterbricht den zirkadianen Rhythmus und erhöht unsere Wachsamkeit.
  • Es unterdrückt die Produktion von Melatonin (Schlafhormon), deshalb kommt es zu Einschlafproblemen.
  • Es chronifiziert schlechten Schlaf aufgrund von biologischen Effekten.
  • Eine schlechte Schlafqualität wirkt sich negativ auf unsere körperliche und psychische Gesundheit aus.

Welche Vorteile hat das Telefon?

Es stimmt, dass die Abhängigkeit von diesen technischen Hilfsmitteln die Gesundheit und Leistungsfähigkeit des Gehirns beeinträchtigen kann. Handys haben, wie alle anderen elektronischen Geräte, unser Leben revolutioniert und auch unzählige Vorteile, die wir täglich nutzen:

  • Unterhaltung: Musik, Videos, E-Books, Spiele, Online-Serien und Filme… Das Telefon unterhält, baut Stress ab und weckt positive Gefühle in uns.
  • Lernen: Das Smartphone stellt uns neue Lernwerkzeuge, Online-Ressourcen und Bildungsinhalte zur Verfügung.
  • Produktivität: Handys sind nützliche Werkzeuge für Arbeit und Studium. Du kannst schnell auf alle Informationen zugreifen, E-Mails abrufen, Videokonferenzen abhalten und wichtige Dokumente überall einsehen.
  • Zugang zu Informationen: Das Smartphone bietet sofortigen Zugang zu einer Fülle von Online-Daten. Du kannst in Sekundenschnelle nach Antworten auf Fragen suchen, jederzeit Nachrichten abrufen, Wegbeschreibungen finden und dich über eine Vielzahl von Themen informieren.
  • Soziale Verbindungen: Schnelle und effiziente Kommunikation durch Anrufe, SMS, E-Mails, Messaging-Apps und soziale Netzwerke sind ein klarer Vorteil. Das haben wir während der Pandemie gesehen. Mit Freunden und Familie in Kontakt zu bleiben, war noch nie so einfach. Natürlich ist das Smartphone auch ein Werkzeug, um neue Menschen kennenzulernen oder sich zu verlieben.

Verantwortungsvolle Nutzung

Mobiltelefone sind Werkzeuge mit unbestreitbarem Potenzial, die wir zu nutzen wissen müssen. Und das sollten wir schon als Kinder lernen. Eine übermäßige Nutzung und Abhängigkeit verarmt deine kognitiven Ressourcen und verändert deine Gefühle. Ein Ratschlag, den wir dir geben können, ist deshalb, dein Handy nicht für Aufgaben zu benutzen, die dein Gehirn perfekt selbst erledigen kann.

Es sollte nicht zu deinem Expertenfreund werden, der für dich denkt und stundenlang deine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt. Nutze es, um dein Wissen und deine Produktivität zu steigern. Kombiniere das digitale und das analoge Leben und bewahre dein Handy in der Nacht oder sogar ein ganzes Wochenende lang in einer Schublade auf. Technologie sollte dein Verbündeter sein und nicht eine Ressource, die deine neurologischen Funktionen einschränkt.


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