Weniger ist mehr: Übe dich in Bescheidenheit!

Bescheidenheit ist in unserer oberflächlichen Welt Mangelware. Doch sie führt dich bewusst zum Ziel.
Weniger ist mehr: Übe dich in Bescheidenheit!
Cristian Muñoz Escobar

Geschrieben und geprüft von dem Psychologen Cristian Muñoz Escobar.

Letzte Aktualisierung: 10. April 2023

Unsere Erziehung wird durch das soziale, kulturelle und sprachliche Umfeld, in dem wir leben, geprägt und hat einen großen Einfluss auf unseren Charakter, die Art und Weise, wie wir andere behandeln und wie wir Entscheidungen treffen. Es gibt jedoch keine Garantie für Tugenden wie Bescheidenheit. Wir sprechen von der Fähigkeit, sich im positiven Sinne mit wenig zu begnügen, denn weniger ist oft mehr. Übe dich in Bescheidenheit!

Genügsamkeit gibt dir das Gefühl des Friedens, denn du entscheidest gleichzeitig, wie du dich in der Welt positionierst und wovon du dich leiten oder bestimmen lässt. Philosophie und Religion betrachten diese Tugend aus unterschiedlichen Perspektiven, die meisten stimmen jedoch darin überein, dass Bescheidenheit eine Tugend ist, mit der sich jene, die sie praktizieren, für die Folgen ihrer Handlungen verantwortlich machen.

Eine oft vernachlässigte Tugend

Frau übt sich in Bescheidenheit
Bescheidene Menschen haben kein Problem damit, ihre Fehler anzuerkennen und Verantwortung dafür zu übernehmen.

Die Tugend der Bescheidenheit äußert sich durch Selbstkenntnis. Bescheidene Menschen kennen ihre eigenen Schwächen und handeln entsprechend. In ihrem Leben gibt es keinen Platz für falschen Stolz, denn sie akzeptieren Grenzen und Unterschiede.

So erklärte Kant, dass Bescheidenheit eine zentrale Tugend ist, durch die wir eine richtige Perspektive auf die Ethik erhalten. Der Buddhismus hingegen sieht in der Bescheidenheit zusammen mit der Selbsterkenntnis ein Bollwerk für die Befreiung des Menschen vom Leiden; Buddha begann seine Geschichte damit, dass er seine Bequemlichkeiten aufgab, um sein authentisches Selbst zu erkennen. Ein Paradigma der Demut und des Bewusstseins, wer wir sind, ist das Meisterwerk “Siddhartha” von Hermann Hesse.

Bescheidene Menschen kennen ihre Fehler und sind die besten Gesprächspartner, denn sie vergessen sich selbst, da sie ausgezeichnete Zuhörer sind. Sie sind ruhig und bringen ihre Argumente vor, ohne ihren Standpunkt aufzuzwingen. Bescheidenheit geht meist mit Verständnis und Respekt einher. Diese Menschen wissen mit Leid umzugehen und leugnen Schmerzen nie, lassen sich jedoch auch nicht zum Märtyrer von Widrigkeiten machen.

“Menschen mit wahrem Verdienst sind weder stolz noch überheblich, sondern bescheiden, weil ihre Vorstellung von wahrem Wert so hoch ist, dass sie ihr weder genügen noch gleichkommen können, und sie sind sich jederzeit der Entfernung bewusst, die sie von diesem Ideal trennt.”

Immanuel Kant

Weniger ist mehr: Übe dich in Bescheidenheit!

Der bescheidene Mensch ist in der Lage, auf seinem Weg die Antworten zu finden, die ihn interessieren, ohne dabei die Eigenschaften seines materiellen Ökosystems und seiner psychischen Realität aus den Augen zu verlieren. Er ist sich der Grenzen seines Verständnisses bewusst, um die komplexe und unendliche Weite der Welt zu erkennen.

Wenn du also in deinem täglichen Leben etwas mehr Bescheidenheit kultivieren willst, folge diesen Tipps:

1. Vermeide es, andere zu beurteilen

Würde, eine wesentliche Komponente der Bescheidenheit, wird nicht an akademischen Titeln oder beruflichen Leistungen gemessen. Wenn du bescheidener sein willst, behandle andere ohne Vorurteile und ohne den Filter von Stereotypen, damit du klar erkennen kannst, dass auch andere Würde besitzen.

Um dieses Ziel zu erreichen, solltest du nicht vorschnell Annahmen und Erwartungen über andere aufstellen, sondern dir vor Augen halten, dass es immer unterschiedliche Perspektiven gibt.

2. Übe dich in Bescheidenheit: Schaffe authentische Bindungen

Wahrer Reichtum wird an der Qualität der Gefühle gemessen, nicht am Wert materieller Dinge.

Ein bescheidener Mensch legt Wert darauf, authentische Bindungen zu schaffen, die mit den Fäden der Empathie, Großzügigkeit und Ehrlichkeit gewebt sind. Am Ende werden wahre Bindungen in den dunklen Momenten des Scheiterns und des Leids gemessen, nicht in Triumphen, Freuden oder selbstgefälligem Überfluss.

3. Denke daran, dass du nicht mehr bist als andere

Dieser Leitsatz ist eng mit dem vorherigen verknüpft. Du bist du, aber nicht mehr als andere und natürlich auch nicht weniger. Wir sind alle einzigartig. Vergleiche sind zwar unvermeidlich, doch wir dürfen dabei die Linie des Respekts nicht überschreiten.

4. Sei einfühlsam

Manchmal ist es wichtiger, zu verstehen, als Recht zu haben. Es gibt keine absolute Wahrheit, sondern nur Standpunkte, Ursachen und Handlungen, die durch Erfahrung überprüfbar sind.

Wenn du deinen eigenen Standpunkt bereits verstehst (sofern du dir deiner selbst bewusst bist), warum machst du dir dann nicht die Freude, den Standpunkt deines Gegenübers zu verstehen? Empathie ermöglicht es dir, von anderen zu lernen, zu wissen, wer du bist und wer die andere Person ist.

sich in Gesprächen in Bescheidenheit üben
Empathie hilft dir, andere Perspektiven kennenzulernen und dich von deinem Ego zu distanzieren.

5. Übe dich in Bescheidenheit und Großzügigkeit

Teilen bedeutet, der anderen Person einen Wert zu geben, der weit über materielle Dinge hinausgeht. Großzügigkeit ist der Ausdruck eines guten Herzens und damit belohnst du dich selbst. 

Mit diesen Tipps kannst du dich in Bescheidenheit üben und anderen mit Respekt und aufrichtigem Interesse begegnen. Setze dich so für dich und andere ein. Vergiss nicht: Der bescheidene Mensch ist aktiv, ruhig und besonnen. Er ist immer bereit zu lernen, leugnet seine Unwissenheit nicht und respektiert Gegenseitigkeit, ohne in Naivität zu verfallen.


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  • Kant, I. (2013). Lecciones de ética. Editorial Planeta.
  • Lucas, K.; Groot, K. & Towle, A. (2013). El desarrollo de humildad cultural mediante el aprendizaje servicio crítico. Ciencia y Enfermería, XIX (2), 35-46. https://acortar.link/cnLHaL
  • Maceiras, M. (2008). Humilde dignidad cotidiana. Anales del Seminario de Historia de la Filosofía, 25( ),99-106. https://acortar.link/nUBPb8

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