Was ist symbolisches Denken und welche Merkmale weist es auf?

Was versteht man unter symbolischem Denken? Was hat es mit Sprache, dem Zeichnen oder Spielen zu tun? Finde es in diesem Artikel heraus!
Was ist symbolisches Denken und welche Merkmale weist es auf?

Letzte Aktualisierung: 01. Mai 2021

Weißt du, was symbolisches Denken ist? Weißt du, wie es sich zeigt? Mithilfe des symbolischen Denkens wird es Menschen möglich, über vergangene Ereignisse zu sprechen sowie Hypothesen darüber aufzustellen, was in der Zukunft passieren könnte. Mit anderen Worten: Symbolisches Denken ermöglicht uns, die aktuelle Situation zu verlassen, um eine andere Realität “hervorzurufen” – sei es eine vergangene oder zukünftige Wirklichkeit.

Diese Art des Denkens erlaubt uns demnach, durch Erinnerungen und das Aufstellen von Hypothesen über das hinauszugehen, was unsere Sinne im gegenwärtigen Moment erfassen. Im heutigen Artikel werden wir die Wesensmerkmale des symbolischen Denkens näher erläutern und dir ein paar Beispiele für seine verschiedenen Erscheinungsformen geben.

“Das Böse existiert nicht wirklich. Es ist nur ein abstraktes Konzept, das wir benutzen, um beschissenes Verhalten zu beschreiben. Es ist eine Idee, ein Konzept, ein Gedanke, keine Sache.”

Oliver Markus Malloy

Was ist symbolisches Denken?

Man könnte symbolisches Denken als die Fähigkeit definieren, über die gegenwärtige Situation nachzudenken. Anders gesagt: Es ist eine Form des Denkens, die es uns erlaubt, uns gemäß unserer persönlichen Erfahrungen die Realität eines gegebenen Umfelds vorzustellen.

Der Schweizer Psychologe Jean Piaget (1896 – 1980) hat viel zur Erforschung des symbolischen Denkens beigetragen. Er widmete sich der Definition und Erklärung der verschiedenen Stufen der kognitiven Entwicklung, die ein Kind durchläuft. Ihm zufolge impliziert symbolisches Denken, Signifikanten zu verwenden, um auf Bedeutungen zu verweisen.

Der Schweizer Psychologe Jean Piaget hat das Thema symbolisches Denken erforscht.
Jean Piaget

Die präoperationale Phase der Entwicklung nach Piaget

Nach Piagets Schema ist das symbolische Denken Teil der präoperationalen Phase in der kindlichen Entwicklung. Hierbei handelt es sich um ein umfassendes Konzept, bei dem das Kind drei Stufen durchläuft:

  • Vorbegriffliches oder symbolisches Denken (2-4 Jahre) und anschauliches Denken (4-7 Jahre)
  • Kognitiver Egozentrismus (das Kind kann sich noch nicht von seiner eigenen Sichtweise lösen)
  • Präkonzeptionelles, prälogisches Denken.

Piagets Modell des symbolischen Denkens lässt sich also in die präoperationale Phase der Entwicklung eines Kindes einordnen (2 – 7 Jahre).

Manifestationen des symbolischen Denkens

Nach Piaget treten in der Entwicklung des Kindes eine Reihe von Manifestationen auf, die diesen Prozess in der Phase der Bildung und Festigung des symbolischen Denkens ermöglichen. Diese Manifestationen sind:

  • Aufgeschobene Nachahmung
  • Symbolspiel
  • Verbales “Hervorrufen” von nicht-gegenwärtigen Ereignissen
  • Zeichnungen
  • Visualisierung

Anders formuliert: Das symbolische Denken ist vorhanden, aber zunächst noch verborgen und verfestigt sich allmählich durch all diese Erscheinungsformen.

Ein Kind spielt mit einem Dinosaurier.

Wie drücken Menschen symbolisches Denken aus?

Wir haben gerade einige Beispiele aus dem Stufen-Modell von Jean Piaget gesehen, an denen sich erkennen lässt, wie sich das symbolische Denken bei Kindern im Alter von 2 – 7 Jahren entwickelt. Aber jetzt werden wir tiefer in die  Materie eindringen. Einige der wichtigsten Manifestationen dieser Art des Denkens sind die folgenden:

Symbolisches Denken: Sprache

Die Sprache ist eine der wichtigsten Manifestationen des symbolischen Denkens, da sie auf Symbolisierung beruht. Was meinen wir damit? Es bedeutet, dass die verbalen Schlüssel, mit denen wir die Realität beschreiben, nicht das sind, worauf sie hinweisen, sondern eine Übersetzung in abstrakte Begriffe.

Wenn wir es anders ausdrücken, meinen wir damit Folgendes: Menschen benutzen Sprache, um die Wirklichkeit durch Symbole – in diesem Fall Wörter – darzustellen. Genau dasselbe passiert beim symbolischen Denken. Wir stellen also etwas außerhalb unseres Verstandes dar, aber dieser Prozess geht vorher durch den Filter des Verstandes selbst.

In ähnlicher Weise wird das symbolische Denken aktiviert, wenn wir zum Beispiel lesen. Symbolisches Denken macht es uns möglich, sich die Szenarien und Charaktere vorzustellen, die wir durch das Lesen kennenlernen. Auch hier ist es ein Weg, durch unsere Vorstellungskraft eine Wirklichkeit “hervorzurufen”, die nicht unsere eigene ist.

Dazu kommt, dass das ganze Universum, das in Romanen oder Texten jeglicher Art festgehalten wird, zuvor im Kopf eines anderen Menschen entstanden ist. Auch darum geht es beim symbolischen Denken.

Symbolisches Denken: Das Symbolspiel

Eine weitere Erscheinungsform des symbolischen Denkens ist das Symbolspiel. Diesem kommt in den ersten Lebensphasen eine besondere Bedeutung zu, wenn die kognitive Entwicklung eines Kindes im vollen Gang ist. So sind Symbolspiele im besonderen wichtig für die Entwicklung der ersten sozialen Beziehungen und auch den Erwerb der dazugehörigen Gewohnheiten einer bestimmten Gesellschaft.

Durch das Symbolspiel, das hauptsächlich auf symbolischem Denken basiert, stellen Kinder durch ihr eigenes Spiel und die verschiedenen Spielzeuge oder Gegenstände Aufgaben, Charaktere, die Verwendung von Gegenständen und Rollen dar. Darüber hinaus schreiben sie unbelebten Gegenständen Eigenschaften zu. So wird beispielsweise eine Banane als Telefon benutzt.

Das Symbolspiel kommt zustande, weil das Kind bereits über bestimmte kognitive Ressourcen wie Abstraktion, Analogie (das Gleichsetzen zweier Objekte aufgrund gemeinsamer Eigenschaften) und symbolisches Denken selbst verfügt.

Nach Jean Piaget tritt das Symbolspiel auf, wenn das Kind einen Sinn für permanente Objekte entwickelt hat. Das heißt im Alter von ungefähr zwei Jahren verstehen Kinder erstmals, dass ein Objekt auch dann noch existiert, wenn es sich nicht mehr in ihrem unmittelbaren Blickfeld befindet. Es ist eine Tatsache, dass Menschen nie aufhören zu spielen. Wenn menschliche Wesen spielen, ist dies fast immer mit einer Lernerfahrung verbunden.

Symbolisches Denken bei Kindern.

Symbolisches Denken: Zeichnen und Malen

Sowohl Kinder als auch Erwachsene stellen eine (oder mehrere) Realitäten durch Zeichnen grafisch dar. Dazu kommt, dass ihnen diese Realität selten direkt vor Augen steht, wenn sie zeichnen. Das heißt, sie formen das, was sie hervorrufen wollen, durch Symbole. Zeichnen ist also die Fähigkeit, mithilfe von Signifikanten auf Bedeutungen zu verweisen, die auf symbolischem Denken beruhen.

In gewisser Weise erlaubt also sowohl das Zeichnen als auch das Malen den Menschen, etwas in der Außenwelt darzustellen oder auch die eigenen Ideen abzubilden. Ganz offensichtlich geht es bei der Symbolisierung um genau das.

Schauen wir uns die Ebene der menschlichen Kultur und Gesellschaft an, stellen wir fest, dass Höhlenmalereien und Hieroglyphen einen großen Teil der menschlichen Erinnerungen beinhalten. Das heißt, es steckt ein großer Teil der menschlichen Geschichte in diesen Manifestationen.

Darüber hinaus erlaubten Farbzeichnungen vielen Gesellschaften, das Siegel ihrer Identität zu übermitteln und festzuhalten. Damit konnten sie verewigen, welche unverwechselbaren Eigenschaften sie besaßen und welches Vermächtnis sie über ihr körperliches Dasein hinaus weitergeben konnten. Flaggen oder deren Abbildungen sind dafür klare Beispiele.


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  • Cellenieror, G. (1978) El Pensamiento de Piaget, estudio y antología de textos. Ediciones Península, Barcelona.
  • Landy, D. y Goldstone, R.L. (2007). How Abstract Is Symbolic Thought? Journal of Experimental Psychology, 33(4): 720-733.

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