Was du nicht zu einer traumatisierten Person sagen solltest

Menschen mit einer traumatischen Erfahrung benötigen zusätzlich zu einer Therapie Unterstützung von Familie und Freunden. Besonders wichtig sind Verständnis und Geduld.
Was du nicht zu einer traumatisierten Person sagen solltest
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 17. Dezember 2022

Der Ausdruck “Trauma” (Wunde) stammt aus dem Griechischen und wurde ab ca. 1880 verwendet, um eine seelische Verletzung zu beschreiben. Es handelt sich jedoch um eine klinische Realität, die bereits in den Schriften Herodots über die Schlacht von Marathon im Jahr 490 vor Christus erwähnt wurde. Der berühmte Schriftsteller und Geograf erzählte die Geschichte eines athenischen Speerkämpfers, der ohne ersichtlichen Grund plötzlich sein Augenlicht verlor. Später fand er heraus, dass der Mann negative Erinnerungen an einen Krieg mit sich trug – er sprach also von einer traumatisierten Person.

Jahrhunderte später diagnostizierten britische Ärzte und Psychiater während des Ersten Weltkriegs bei zahlreichen Soldaten den sogenannten Granatenschock oder Kriegszitterer. Seitdem haben wir in der Behandlung und im psychotherapeutischen Umgang mit dieser Krankheit einen weiten Weg zurückgelegt.

Unsere unerledigte Aufgabe ist jedoch das Soziale, das Persönliche, das Alltägliche in unseren Beziehungen. Nicht alle wissen, wie sie mit einer traumatisierten Person umgehen können, um sie nicht zu verletzen.

Wenn du weißt, wie du mit jemandem kommunizieren kannst, der unter posttraumatischem Stress leidet, kann das als Anker und Unterstützung für die Genesung dienen.

Was du nicht zu einer traumatisierten Person sagen solltest
Viele Menschen leben jahrelang mit der Erinnerung an ein schlimmes Ereignis, von dem sie nicht wissen, wie sie es verarbeiten sollen.

Was du nicht zu einer traumatisierten Person sagen solltest

Untersuchungen zeigen, dass zahlreiche Menschen an den Folgen von Traumata leiden, die sich durch Schlafstörungen, Angst, Stress und andere körperliche oder psychische Beschwerden zeigen. Diese Personen benötigen einerseits professionelle Hilfe und andererseits Unterstützung und Verständnis im Alltag. Bestimmte Aussagen können für sie sehr unangenehm sein, du solltest sie meiden.

Ein Trauma ist ein unerwartetes Ereignis, das das Leben und die Integrität einer Person bedroht. Es ist nicht einfach, damit umzugehen. Wenn Betroffene keine Unterstützung von ihrem Umfeld erhalten, kann die Situation noch belastender sein.

1. Warum sprichst du erst jetzt darüber und hast mir damals nichts gesagt?

Einer traumatisierten Person fällt es schwer, über das erlebte Ereignis zu sprechen. Sie braucht oft viel Zeit, bis sie dazu fähig ist. So kann es sein, dass beispielsweise Eltern von ihren Kindern erst im Erwachsenenalter erfahren, dass sie von einer anderen Person missbraucht wurden. In dieser Situation ist es eine schwierige Herausforderung, richtig zu reagieren. Du solltest der traumatisierten Person glauben und sie ohne Vorwürfe begleiten. 

  • Bedanke dich bei der Person, dass sie es dir erzählt hat und versichere ihr, dass du sie liebst und unterstützt.

2. Es ist Vergangenheit, denke nicht daran.

Traumatisierte Personen können die Vergangenheit nicht einfach zurücklassen – sie schmerzt zu sehr und ist stets präsent. Sie benötigen Hilfe, um das Ereignis zu verarbeiten und nach vorne blicken zu können.

  • Du kannst deine Unterstützung beispielsweise wie folgt ausdrücken: “Du bist jetzt in Sicherheit und ich bin bei dir”.

3. Es ist vorbei, es wird jetzt alles besser werden.

Du wirst mit dieser Aussage einer traumatisierten Person nicht helfen. Sie kann ihre Sorgen und Probleme nicht einfach ablegen, sie sind da. Du musst verstehen, dass Traumata das ganze Leben prägen, leere Versprechungen sind nicht hilfreich.

  • Unterstütze die traumatisierte Person mit Aussagen wie: “Ich weiß, dass du leidest, ich bin bei dir und du bist in Sicherheit.”

4. Lass mich dir helfen, du wirst sehen, dass du dich viel besser fühlen wirst.

Du fragst dich vielleicht, was falsch an diesem Hilfsangebot ist. Wenn du kein Experte bist, kannst du die traumatisierte Person zwar unterstützen, ihr jedoch nicht versprechen, dass du eine Lösung für sie hast. Hilfe leisten ist in dieser Situation nicht einfach, denn jeder falsche Schritt könnte den Schmerz verschlimmern. Du solltest die Verantwortung für die Heilung der Person einer Fachkraft überlassen.

  • Frage die Person: “Was brauchst du, wie kann ich dir jetzt helfen?
 Therapeut hilft einer traumatisierten Person.
Die Bewältigung von Traumata sollte in einem therapeutischen Umfeld stattfinden. Familie und Freunde sollten die traumatisierte Person unterstützen und begleiten.

5. Du musst lernen, zu vergeben.

Im Falle von Aggressionen oder Missbrauch raten wir dem Opfer häufig, dem Täter zu vergeben. Dies ist ein komplexer Prozess, der Zeit erfordert und nicht unbedingt zur Überwindung des Traumas beiträgt. Das Opfer erlebt normalerweise Angst und Wut und ist nicht in der Lage, zu vergeben.

  • Folgende Aussage hilft der traumatisierten Person eher: “Ich weiß, dass du wütend bist, das ist verständlich.”

6. Diese Erfahrung wird dich stärker machen.

Nicht jedes Leid macht automatisch stärker. Wir sprechen von tiefen Wunden, von seelischen Verletzungen, die einen Menschen brechen und seine Identität zerstören können. 

  • Die korrekte Formulierung in diesen Fällen lautet: “Ich weiß, dass diese Erfahrung dich tiefgreifend geprägt hat.”

7. Du musst über dein Erlebnis sprechen.

Du musst der traumatisierten Person Zeit geben. Sie wird darüber sprechen, wenn sie sich dazu bereit fühlt. Vergiss nicht, dass es sich um eine sehr schmerzhafte Situation handelt, die eine Therapie erfordert. 

  • Du kannst sie mit folgender Aussage unterstützen: “Wenn du sprechen möchtest, bin ich für dich da.”

Du kannst einer traumatisierten Person helfen, indem du für sie da bist, ohne sie zu drängen oder zu glauben, dass du dein Heilungsprozess beschleunigen kannst. Begleite sie und zeige Verständnis und Geduld. 


Alle zitierten Quellen wurden von unserem Team gründlich geprüft, um deren Qualität, Verlässlichkeit, Aktualität und Gültigkeit zu gewährleisten. Die Bibliographie dieses Artikels wurde als zuverlässig und akademisch oder wissenschaftlich präzise angesehen.


  • Benjet C, Bromet E, Karam EG, Kessler RC, McLaughlin KA, Ruscio AM, Shahly V, Stein DJ, Petukhova M, Hill E, Alonso J, Atwoli L, Bunting B, Bruffaerts R, Caldas-de-Almeida JM, de Girolamo G, Florescu S, Gureje O, Huang Y, Lepine JP, Kawakami N, Kovess-Masfety V, Medina-Mora ME, Navarro-Mateu F, Piazza M, Posada-Villa J, Scott KM, Shalev A, Slade T, ten Have M, Torres Y, Viana MC, Zarkov Z, Koenen KC. The epidemiology of traumatic event exposure worldwide: results from the World Mental Health Survey Consortium. Psychol Med. 2016 Jan;46(2):327-43. doi: 10.1017/S0033291715001981. Epub 2015 Oct 29. PMID: 26511595; PMCID: PMC4869975.
  • Day, Andrew. (2011). The relationship between anger and trauma: Some implications for programs that help manage problematic anger. Psychology of Anger: Symptoms, Causes and Coping. 243-252.

Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.