Warum wir Erfahrungen aus Angst vor Leid verdrängen
Erfahrungen aus Angst vor Leid und Unbehagen zu verdrängen, ist eine weitverbreitete Strategie. Unser modernes Gehirn hat sich zwar an neue Situationen angepasst, ist jedoch nicht auf Wohlbefinden programmiert, sondern darauf, Gefahren abzuwenden, um unser Überleben zu sichern.
Vor hunderttausend Jahren waren die Grundbedürfnisse der Menschen Nahrung, Fortpflanzung und ein sicheres Quartier. Das Gehirn konzentrierte sich deshalb auf mögliche Gefahren, um diese abzuhalten oder zu verhindern.
In der Psychologie sprechen wir in diesem Zusammenhang von einer negativen Verstärkung. Es handelt sich um ein Phänomen, das erklärt, warum wir unangenehme oder gefährliche Konsequenzen meiden und dieses Verhalten auch heute noch priorisieren.
Wir vermeiden Angst kontinuierlich
“Wer nichts riskiert, leidet und verliert nicht, was bereits mit Gewinn gleichgesetzt werden kann.” Diese Gedanken führen dazu, dass viele Menschen stagnieren, sich zufriedengeben und lernen, sich anzupassen, um der unvermeidlichen Angst zu entkommen. Wir neigen unter anderem dazu, Erfahrungen aus Angst vor Leid zu verdrängen oder zu inhibieren. Dabei ignorieren wir jedoch, dass sich die Angst durch diese Inhibition nur neue Wege sucht, um sich auszudrücken.
Das bedeutet nicht, dass wir die Angst ablehnen. Es handelt sich um eine grundlegende Emotion, die uns hilft, Bedrohungen zu erkennen und darauf zu reagieren. Wir wissen, dass wir die Angst akzeptieren müssen, wenn wir ein erfülltes Leben führen wollen.
Die Angst vor Schmerzen ist weitverbreitet und führt oft dazu, dass Menschen Situationen vermeiden, die Leid auslösen könnten. Unser Verstand ist jedoch nicht immer in der Lage, unsere Vorstellungen von unserer Realität zu differenzieren. Angst ist in vielen Fällen irreal, wirkt einschränkend und verhindert das persönliche Wachstum. Du solltest jedoch wissen, dass ein entsprechendes kognitives Training unter diesen Umständen sehr effektiv sein kann.
Um Ängsten Grenzen zu setzen,
Reisepass der Sehnsucht.
Raquel Beck
Das Verdrängen von Erfahrungen aus Angst vor Leid und die Illusion der Kontrolle
Aufbauend auf der Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT) erklärt Russ Harris in seinem Buch “Raus aus der Glücksfalle”, wie wir versuchen, unsere Emotionen zu kontrollieren, und dabei der Illusion der Kontrolle unterliegen. Gedanken, Emotionen und körperliche Empfindungen haben weit weniger Macht, als wir ihnen geben.
Manche Menschen neigen dazu, Erfahrungen, die Unbehagen erzeugen, zu verdrängen, weil sie schmerzhafte Erinnerungen wachrufen und Angst erzeugen. Diese Lösung ist jedoch eher ein Notbehelf als eine Form der effektiven Bewältigung. Sie kann uns in einem bestimmten Moment retten, genau wie die Verleugnung. Wenn dieses Verdrängen jedoch zu einer systematischen und wiederholten Strategie wird, erzeugst du damit genau das, was du verhindern möchtest: noch mehr Angst und Leid.
Wer nach außen schaut, träumt, wer nach innen schaut, erwacht.
Carl Gustav Jung
Die üblichen Kontrollstrategien
Die Fluchtstrategie bringt dich dazu, bestimmte persönliche Erfahrungen zu verdrängen oder dich davor vermeintlich zu schützen.
- Du vermeidest Situationen oder Aktivitäten, die in dir unangenehme Gedanken oder Gefühle auslösen. Ein Beispiel dafür ist, wenn du nicht an gesellschaftlichen Veranstaltungen teilnimmst, um Angstgefühle zu vermeiden.
- Ablenkung von bestimmten Gedanken und Gefühlen ist eine weitere Strategie. Du lenkst deine Aufmerksamkeit auf andere Ziele: Wenn du dich gelangweilt fühlst oder Angst empfindest, widmest du dich Shoppingfreuden oder isst ein Eis; wenn du dir Sorgen um eine Prüfung machst, bevorzugst du es, bei einem Serienmarathon vor dem Fernseher abzuschalten.
- Auch das Verdrängen oder Gefühle nicht anerkennen, sind häufige Methoden. Du versuchst, deine Empfindungen und Gedanken zu vergessen. In diesem Zusammenhang greifen viele auf Medikamente, Drogen oder Alkohol zurück.
Des Weiteren verstecken sich viele hinter der Kampfstrategie, die darin besteht, gegen persönliche Erlebnisse anzukämpfen oder diese zu beherrschen.
- Das direkte Unterdrücken unerwünschter Gefühle und Gedanken erfolgt in der Regel, wenn unangenehme Gedanken entstehen, die du versuchst, gewaltsam zu vertreiben oder tief in dein Inneres zu verdrängen.
- Du diskutierst mit dir selbst über deine Gedanken und versuchst, diese zu rationalisieren.
- Eine weitere Möglichkeit ist, dass du versuchst, die Kontrolle über deine Gedanken und Gefühle zu erlangen, indem du dich zum Beispiel aufmunterst und dir sagst: “Kopf hoch!”
- Du versuchst, dich selbst zu zwingen, andere Gefühle zu empfinden. Dies ist unter anderem dann der Fall, wenn du dir die Schuld gibst oder dich kritisierst.
Die gemeinsame Arbeit im Rahmen einer Psychotherapie besteht darin, sich über diese Strategien bewusst zu werden und angemessene Wege zu finden, um Emotionen, Gedanken und körperliche Empfindungen zu steuern.
Es gibt Schmerzen, die töten, aber es gibt auch grausamere, die uns am Leben erhalten, ohne dass wir es jemals genießen können.
Antonie L. Apollinarie Fée
Angst vor Leid: Grenzen setzen, anstatt Erfahrungen zu verdrängen
Wir alle setzen Methoden ein, um mit unangenehmen Situationen umzugehen. Dies wird erst dann zu einem Problem, wenn du es damit übertreibst oder diese Strategien missbrauchst. Du nutzt sie zu einem falschen Zeitpunkt oder machst sie zur Priorität. Ähnliche Strategien können in unterschiedlichen Situationen völlig andere Ergebnisse erzielen.
Natürlich hängt das Ausmaß der Kontrolle von der Art der Erfahrung ab, die du zu einem bestimmten Zeitpunkt durchlebst und auch davon, wie wichtig dieses Erlebnis für dich ist. Es ist einfacher, die Gedanken zu kontrollieren, wenn sie weniger intensiv und störend sind. Auch wenn du in der Lage bist, Erfahrungen auszublenden, die nicht so wichtig sind, wirst du eine größere Kontrolle erzielen.
Die Empfehlung lautet, gesunde Grenzen in deiner inneren Gedankenwelt zu setzen, um damit einfacher umgehen zu können. Es ist also wesentlich, an der eigenen Selbsterkenntnis zu arbeiten.
Darüber hinaus solltest du einen psychologischen Aspekt berücksichtigen, der dir helfen kann, dein Leben sinnvoll zu gestalten: Lerne zu experimentieren, was dir das Leben bietet, ohne ständig zu bewerten und zu urteilen. Übe dich in Akzeptanz. Aus der Angst können auch sehr interessante Chancen entstehen!