Warum glauben wir Fake News?

Warum glauben wir Fake News?
Roberto Muelas Lobato

Geschrieben und geprüft von dem Psychologen Roberto Muelas Lobato.

Letzte Aktualisierung: 14. Februar 2023

Heutzutage erleben wir eine Epidemie von Falschnachrichten und Halbwahrheiten. Diese sind auch bekannt als “Fake News”. Fehlinformationen sind an der Tagesordnung. Deshalb wissen wir oft nicht, ob wir den Nachrichten glauben sollen oder nicht. Aber wir brauchen Informationen, und wir wollen echte Informationen, vor allem, wenn sie zu unseren Ansichten passen. Dennoch gibt es jeden Tag mehr und mehr Fake News, und die beruhigen uns nicht selten, wenn die Wahrheit eben nicht zu unserer Überzeugung passt.

Um dieses Phänomen zu verstehen, wollen wir uns der Psychologie der Motivation zuwenden. Zusätzlich zum bewussten Wunsch, wahre Informationen zu erhalten, folgen wir einer anderen, unbewussten Motivation. Diese lässt uns versuchen, unsere Überzeugungen zu überprüfen und möglichst zu bestätigen. Deshalb werden wir Botschaften, die diese Motivation befriedigen, eher als wahr akzeptieren, auch wenn sie falsch sind. Und auch das Gegenteil kann passieren: Wir mögen Informationen als Fake News ablehnen, weil sie nicht zu unseren Ansichten passen, auch wenn sie wahr sind.

Aber der Erfolg von Falschnachrichten hat noch weitere Gründe.

Mann liest eine Businesszeitung

Das Bedürfnis nach Schlüssigkeit

Wir alle haben ein Bedürfnis nach Ordnung, welches mit Unsicherheit verbunden ist. Wenn dieses Bedürfnis aktiviert wird, sind die Menschen zugänglicher für vereinfachte Botschaften, welche absolute Wahrheiten bestätigen. Situationen, die Chaos implizieren und Zweifel erzeugen, verstärken dieses Phänomen weiter.

Ein Beispiel dafür ist eine vereinfachte Botschaft, die besagt, dass Einwanderer für alle unseren sozialen Probleme verantwortlich wären. Diese Botschaft teilt die Welt in gute und schlechte Menschen. Wir sind gut und die Einwanderer sind schlecht. Sie bietet auch einen “Sündenbock” für unsere Probleme und gibt uns die Möglichkeit, sie zu beschuldigen. So müssen wir nicht über die Fehler der guten Menschen nachdenken.

Es ist diese Schlichtheit der Information, die es wahrscheinlich macht, dass wir vereinfachte Botschaften ohne große Überprüfung glauben und akzeptieren.

Das Bedürfnis nach spezifischen Ergebnissen

Ebenso neigen die Menschen auch dazu, Botschaften Glauben zu schenken, die bestätigen, dass eine bestimmte Sache möglich sei, wenn diese Information mit der übereinstimmt, was sie glauben wollen. Aber wir können nicht alles und jedem glauben, nur weil wir auf eine bestimmte Weise denken und es schön wäre, wäre es doch nur wahr.

Wenn Falschnachrichten aber ein Limit überschreiten und allzu reißerisch werden, wie z. B. zu sagen, dass Barack Obama Mitglied des Ku-Klux-Klan gewesen wäre, und dies dem widerspricht, was wir wissen oder was wir für vernünftig halten, werden wir sie höchstwahrscheinlich als Fake News erkennen – auch wenn sie uns zusagen würden.

Dennoch, ein Mangel an Wissen ist der Hauptgrund dafür, dass die Grenze zwischen diesen beiden Arten von Nachrichten immer mehr verwischt. Mehrere Studien haben gezeigt, dass besser ausgebildete und erfahrene Menschen weniger anfällig für Fake News sind, denn sie verfügen über mehr Ressourcen in Bezug auf die Unterscheidung von Wahrheit und Lüge.

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Falsches Vertrauen

In Fällen, in denen ein Mangel an Wissen besteht, vertrauen wir auf Menschen, die wir als Experten betrachten. Wenn unser Auto nicht läuft, rufen wir einen vertrauenswürdigen Mechaniker an. Wenn wir krank werden, besuchen wir einen Arzt, dem wir vertrauen.

In der Vergangenheit sorgte das Auftreten sozialer Institutionen (wie z. B. einer Regierungsbehörde, eines Abgeordneten oder bestimmter Medien) für Vertrauen. Sie wurden in Sachen Politik und weltpolitischer Fragen als zuverlässige, kompetente Einrichtungen eingestuft. Aber diese Zeiten haben sich geändert, und weder die Regierung noch die Medien genießen weiterhin das Vertrauen, das sie gestern noch hatten.

Die jüngsten Krisen – in Deutschland beispielsweise die von 2015 – und Korruptionsfälle haben dazu beigetragen, dass die Menschen ihnen weniger Vertrauen entgegenbringen. Angesichts dieses mangelnden Vertrauens in die Mainstream-Medien suchen sie nach anderen Informationsquellen. Solche, die den Bedarf an Schlüssigkeit und spezifischen Ergebnissen decken. Ob dieses Alternativen mehr Vertrauen verdienen, sei dahingestellt.

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Eine Menge Fake News

Die immer größere Reichweite des Internets und der sozialern Netzwerke haben zu dem Mangel an Vertrauen in Experten und zur Zunahme von Fake News beigetragen. Diese verwirrende Zeit, in der wir leben und die durch schnelle Veränderungen und wachsende Unruhe gekennzeichnet ist (z. B. durch den Aufstieg asiatischer Mächte wie China und Indien, terroristische Gruppen, wirtschaftliche Instabilität, die Flüchtlingskrise usw.), hat uns veranlasst, stets nach aktuellen Informationen zu suchen. Wir wollen wissen, was passiert, sobald es passiert.

Diese Forderung hat zusammen mit dem Vakuum, das durch das Missvertrauen in konventionelle Informationsquellen entstanden ist, neueren die Tür geöffnet. Insbesondere im Internet und über soziale Netzwerke. Diese Alternativen, über die wenig oder gar keine Kontrolle ausgeübt wird und die motiviert oder versucht sind, die Sorgen der Menschen zu ihren Gunsten zu beeinflussen, neigen dazu, manipulativ zu sein.

Was auch immer das Mittel ist, die derzeitige Plage an Fake News gibt Anlass zur Besorgnis. Sie erfordert und rechtfertigt eine Anstrengung der sozialen Institutionen, um ihre angeschlagene Glaubwürdigkeit wiederherzustellen.


Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.