Verzeihe dir selbst - das ist alles

Vergebung kann uns von negativen Anhaftungen befreien, die nur uns selbst betreffen, wie Ressentiments, Hass und Neid.
Verzeihe dir selbst - das ist alles
Gema Sánchez Cuevas

Geschrieben und geprüft von der Psychologe Gema Sánchez Cuevas.

Letzte Aktualisierung: 11. Mai 2024

Verzeihe dir selbst. Sei mutig genug, um mit dir selbst mitfühlend zu sein. Hör auf, dich selbst zu kritisieren, zu beschuldigen und darüber nachzudenken, was passiert wäre, wenn du anders gehandelt hättest … Warum behandelst du dich selbst so schlecht? Glaubst du wirklich, dass du vorankommen wirst, wenn du mit dir selbst auf diese Weise umgehst? Denkst du, dass dich selbst zu bestrafen die Lösung für deine Fehler sei? Ein Fehler ist nur das Ergebnis eines gescheiterten Versuchs, was jedoch nicht bedeuten muss, das das ursprüngliche Ziel nicht erreicht werden kann.

Verzeihe dir selbst. Es ist nicht notwendig, dass du dich selbst hasst, dass du dich von innen heraus anschreist, dass du dir die negativsten Charakterzüge zuschreibst, die du definieren kannst … Es ist nicht so, dass das, was du getan hast oder vielleicht falsch gemacht hast, nun ein wesentlicher Teil deiner Identität würde. Wie kannst du alles, was du bist, auf einen Fehler reduzieren? Warum versteckst du deine Werte, deine Stärken, deine Genialität?

Verzeihe dir selbst. Ich verstehe, dass du nicht wolltest, dass es so geschieht, dass es nicht deine Absicht war,  aber du darfst dich nun nicht in einer tiefen Höhle der Selbstverachtung verkriechen. Lass mich dir etwas erzählen. Ich will dich nicht überzeugen, ich lade dich einfach nur zum Nachdenken ein. Dann entscheidest du dich.

Frau macht sich Vorwürfe

Fehler machen ist menschlich

Fehler machen ist menschlich. So ist es einfach. Sich zu irren ist normal, besonders wenn wir uns weiterentwickeln wollen. Das geschieht nicht nur dir, sondern allen Menschen auf der ganzen Welt. Einigen passiert es jeden Tag, anderen von Zeit zu Zeit. Wir müssen in unserem Leben so viele Entscheidungen treffen, dass es unmöglich ist, immer die beste Option zu wählen. Wie William James einst sagte, wenn wir eine Wahl treffen müssen und es nicht schaffen, uns zu entscheiden, fällt unsere Wahl auf das Nichtstun. Und auch darin besteht die Möglichkeit, einen Fehler zu machen.

Wie du siehst, hast du nichts getan, was andere nicht auch schon getan haben. Fehler sind eher die Norm als die Ausnahme. Obwohl du darauf bestehst, genau das Gegenteil anzunehmen. Ein Fehler ist eine Einladung, einen anderen Weg zu entdecken, einen neuen Weg, um zum Ziel zu gelangen. Ein Sprungbrett zur Verbesserung. Er ist kein Loch, in das man hineinfällt und das man nie mehr verlassen kann, in dem man gefangen bleibt und aufgeben muss. Er ist auch kein Grund, sich selbst zu tadeln und zum eigenen Richter und Henker zu werden.

Doch natürlich gibt es Fehler und Fehler. Alles muss gesagt werden. Es gibt solche, die ohne Absicht begangen werden, und solche, die eine Beleidigung und vorsätzliche Entwürdigung anderer beinhalten. Derartige Fehler sind viel komplexer und erfordern eine andere Betrachtungsweise, insbesondere wenn sie sich wiederholt gemacht werden. Vielleicht sind sie Warnungen des Stolzes, des Grolls oder der emotionalen Unreife. Es ist am besten, sich an einen Fachmann zu wenden, wenn man die Kontrolle über sich selbst verloren hat. Doch wir sind heute nicht hier, um über solche Fälle zu sprechen, sondern über die alltäglichen Niederlagen, die wir alle erleiden. Über diese Fehler, die wir häufiger begehen, als wir es annehmen, und die sich in unsere Ketten verwandeln.

Verwandle dich nicht in deinen schlimmsten Feind

Vielleicht hast du es noch nicht bemerkt, doch seit du diesen einen Fehler begangen hast, hast du dich nach und nach in deinen schlimmsten Feind verwandelt. Am ersten Tag hast du dich selbst bemitleidet und gedacht, was für ein Dummkopf du doch warst, doch dann hast du dir nur noch Schimpfwörter an den Kopf geworfen. Du hast dir selbst den Krieg erklärt. Du bist in unersättliche und rücksichtslose Selbstkritik geraten, bis du eine tiefe Verachtung deiner selbst erreicht hast. Und all das in kompletter Stille. Während du deinen Alltag weiter gelebt hast, während du von einem Ort zum anderen gegangen bist, unter die Dusche, ins Bett … Ohne es zu bemerken, hast du dich selbst als Monster klassifiziert und auch wenn das außer dir niemand bestätigen kann, so wurde etwas in dir zerstört.

Vielleicht hinterlassen Fehler wie dieser Spuren, beispielsweise defensives Verhalten oder getrübte Stimmung. Möglicherweise hast du auch dein eigenes Leben mehr oder weniger stark eingeschränkt. Du willst bestimmte Dinge jetzt nicht mehr tun oder hast aufgehört, mit anderen zu sprechen. Der Punkt ist, dass dieser Akt, den Fehler begangen zu haben, vollständig die Kontrolle über dein Leben übernommen und dich desorientiert hat. Zweifel, übermäßige Sorge, Vergleich, Schuldgefühle und Kritik sind deine neuen besten Freunde. Es scheint, dass du nicht mehr weißt, wie du ohne sie leben sollst und wenn sie nicht von selbst auftauchen, suchst du sogar nach ihnen. Du bist in deinem Unwohlsein gefangen.

Weinendes Auge mit Träne

Verzeihe dir selbst, um voranzukommen

Denkst du immer noch, dass du deinem Fehler bestmöglich begegnet bist? Denkst du, dein schlimmster Feind zu werden war ein angemesser Preis dafür, dich einmal geirrt zu haben? Lass mich dir sagen, dass es nicht so ist. Du bist viel mehr als die Summe deiner Fehler.

Zu vergeben bedeutet, zu lernen loszulassen, um sich selbst neu zu erfinden.

Verzeihe dir selbst. Es ist einzige Weg, um sich von all dem zu lösen, was du an Mauern um dich herum aufgebaut hast. Es ist der beste Weg, um die Ketten zu sprengen, die dich gefangen halten, damit du wieder vorwärtsgehen kannst. Aber tu es nicht, weil es an der Zeit ist oder weil du dies gerade liest, sondern weil du fühlst, dass du es wirklich tun solltest.

Was geschehen ist, ist geschehen. Du kannst es nicht mehr ändern. Du hast nicht die Macht, in die Vergangenheit zu reisen, um zu verändern, was passiert ist, aber du kannst den Mut finden, diesen Fehler zu korrigieren, indem du nach Alternativen suchst. Das bedeutet nicht, dass du ignorierst, was geschehen ist, sondern dass du den Mut hast, die Verantwortung dafür zu übernehmen.

Schau in den Spiegel und versöhne dich mit dir selbst. Bitte dich selbst um Vergebung. Tu es aus tiefstem Herzen. Gib dir noch eine Chance. Denn es gibt nichts, das uns mehr lehrt, als ein Fehler. Doch das gilt nur, wenn wir uns entscheiden, Fehler als Lehrer und nicht als Richter zu verstehen.


Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.