Trennungsangst - woher kommt sie?

Trennungsangst - woher kommt sie?
Gema Sánchez Cuevas

Geschrieben und geprüft von der Psychologe Gema Sánchez Cuevas.

Letzte Aktualisierung: 17. Oktober 2018

Quält dich deine Beziehung mehr, als dass sie dir guttut? Ist die Liebe einfach zu Ende gegangen? Dann macht es wohl mehr Sinn, die Beziehung zu beenden und ein neues Kapitel aufzuschlagen. Diese Aufgabe ist natürlich nicht immer leicht. Schon der bloße Gedanke an eine Trennung verursacht bei einigen Menschen echte Angstgefühle. Sie leiden unter einem Syndrom, das als Trennungsangst bekannt ist. Im Englischen kennt man diese Angst als FOBU – the Fear Of Breaking Up.

Trennungsangst, also die Angst, eine romantische Beziehung zu beenden, mündet in einem Verhaltensmuster, das sich durch alle Altersstufen und Gesellschaftsschichten zieht. Einige Generationen sind für dieses Phänomen offensichtlich empfänglicher als andere, so zum Beispiel die “Generation Y” . Man nennt sich auch die “Millennials”. Damit meint man den Teil der Bevölkerung, der im Zeitraum der frühen 1980er Jahre bis in die frühen 2000er geboren wurde.

Die “Liebe” findet heute immer öfter im virtuellen Raum statt

Die neuen Plattformen, die heutzutage für flirtive Zwecke genutzt werden, sind Apps wie zum Beispiel Tinder, WhatsApp oder Instagram. Es gibt also tatsächlich Tausende von Paaren, die sich noch nie von Angesicht zu Angesicht gesehen haben.

Dieser Mangel an greifbarer Kommunikation stellt ein zweischneidiges Schwert dar. Einerseits ist der Schlag, den man im virtuellen Raum abbekommt, etwas weniger heftig als in der Realität. Andererseits werden junge Menschen dadurch verletzlicher. Sie brauchen mehr Zeit als ihre Eltern oder Großeltern, um sich wesentlichen Traumata zu stellen. Diese sind für eine hinlängliche mentale und emotionale Entwicklung jedoch erforderlich. Darum sind junge Menschen der Generation Y auch gefährdeter, unter Trennungsangst leiden.

“Erfolg ist nichts Endgültiges, Misserfolg nichts Fatales: Was zählt, ist der Mut, weiterzumachen.”

Winston Churchill

Wie kommt es zur Trennungsangst?

Steckst du in einer toxischen Beziehung fest? Und fühlst du dich, als säßest du in der Falle? Dann bringt jeder Versuch, unabhängig zu werden, einen großen Energieaufwand mit sich – selbst wenn du leidest. Wenn du in dieser Beziehung schon lange verharrst, würde eine Trennung, mit allem was dazu gehört, eine dramatische Veränderung bedeuten.

Trennungsangst entsteht hauptsächlich aus drei Gründen: Die Person hat ein niedriges Selbstwertgefühl oder Angst, allein zu sein. Und im Grunde auch Angst, noch einmal von vorn anfangen zu müssen. Die alltägliche Routine, an die sich so manche von uns gewöhnt haben, hält uns in einer bittersüßen Komfortzone fest.

Der Gedanke an eine Trennung bricht uns das Herz. Besonders, wenn wir eine enge Verbindung zur Familie und zu den Freunden unseres Partners pflegen. Einige unserer Ängste drehen sich dann um folgende Szenarien: Was werden sie wohl von uns denken? Oder wie wird ihr Gesichtsausdruck sein, wenn sie uns auf der Straße treffen? Manchmal genügt die simple Vorstellung, dass wir den Kontakt zu den Leuten verlieren, die uns in so großem Maße ans Herz gewachsen sind.

Paar führt ein Trennungsgespräch

Wenn eine Beziehung zu Ende geht, fühlt sich derjenige von beiden, der die Entscheidung zur Trennung getroffen hat, für gewöhnlich dafür verantwortlich. Er empfindet Schuldgefühle wegen des Schmerzes, der durch die Trennung unausweichlich verursacht wird. Da wir niemanden verletzen wollen, fühlen wir uns an seiner Stelle wie die Vollstrecker eines Todesurteils. Deshalb treffen wir lieber die Wahl, uns wochenlang selbst zu bestrafen. Wir wissen, dass wir selbst auch leiden werden, und deswegen entwickeln wir sogar noch mehr Angst. Unser Leben verwandelt sich ihn einen Teufelskreis. Wir empfinden Zweifel, wir spüren die Last. Wir wissen einfach nicht, wie wir das Problem angehen sollen.

Ein weiterer Grund für Trennungsangst besteht darin, dass einige Menschen einfach nicht wissen, wie sie allein zurechtkommen sollen. Manche benötigen die Anwesenheit einer zweiten Person im Leben. Die soll uns bestätigen. Darum wollen wir nicht einmal den Gedanken an eine mögliche Trennung wagen. Da bleiben wir doch lieber unglücklich und fristen ein trostloses Dasein, statt uns dem zu stellen, was wir bereits wissen – der Tatsache, dass wir mit diesem Menschen nicht mehr zusammen sein wollen.

Wie kommst du über deine Trennungsangst hinweg?

Der einzige Weg, wie du über deine Trennungsangst hinwegkommst, ist folgender: Du musst dich der Situation stellen. Es ist schwierig, den Mut dazu aufzubringen. Manchmal ist das jedoch die einzige Möglichkeit, damit du in Zukunft glücklich werden kannst. Es ist sinnlos, in diesem Zustand auszuharren: Du quälst dich mehr mit deiner Beziehung herum, als dass sie dir guttut.

War deine Beziehung bisher gesund und wahrhaftig? Aber der Funke der Liebe zwischen euch beiden ist verloren gegangen? Die logische Folge daraus ist: Sei der anderen Person gegenüber aufrichtig. Denke daran, dass du vielleicht jetzt nicht mehr in sie verliebt bist. In der Vergangenheit bist du es aber sehr wohl gewesen. Darum verdient der andere Mensch deinen größtmöglichen Respekt. Es wäre nicht nur egoistisch, sondern geradezu feige, deinem Noch-Partner etwas vorzumachen. Genau das tätest du aber, wenn du ihn im Glauben ließest, dass zwischen euch noch Liebe vorhanden wäre.

Warst du bis jetzt in einer toxischen Beziehung? Und hast dich dort in einer abhängigen Position befunden? Dann ist eine Trennung für deine geistige Gesundheit unerlässlich. Du verdienst es, dass man dich respektiert und dass du Wertschätzung und Liebe erfährst. Schließlich bist du ja auch bereit, dasselbe für andere zu tun. Wenn du dich dem Leid und dem Schmerz unterwirfst, wirst du damit dein Selbstwertgefühl untergraben. Du endest in einer Sackgasse.

Junges Paar steht in einer Unterführung in der Großstadt

Wie dem auch sei – denke auch daran, dass die Zweifel und das Bedauern dich einkreisen werden. Dein Leben ändert sich ständig. Natürlich wirst du viele Dinge vermissen – besonders die Gesellschaft – auch wenn du dich in einer toxischen Beziehung befunden hast. Es wird sogar Tage geben, an denen du dich einsam fühlst. Dann fällt dir vielleicht ein, es mit deinem Ex-Partner noch einmal zu versuchen. Da spricht dann aber nicht dein Herz. Dir fehlt einfach deine lieb gewonnene Routine.

Triff eine Entscheidung und setze sie in die Tat um, womöglich mit Unterstützung

Gehe zu Experten, wenn die Angst vor der Einsamkeit oder der Trennung von deinem Partner dich übermäßig stark beschäftigt. Vielleicht hast du aufgrund eines traumatischen Geschehens ein Krankheitsbild entwickelt. Dafür kommen vorausgegangene Trennungen infrage. Womöglich musst du auch an deinem Selbstwertgefühl arbeiten.

In diesen Fällen ist es entscheidend, dass du dir Wertschätzung entgegenbringst. Und dass du deinen eigenen Wert kennst. Du musst dich selbst genügend lieben. Dann wirst du wissen, wie du eine Beziehung beendest, die dich nicht mehr erfüllt. Was andere darüber denken, sollte dir egal sein.

Wenn du weißt, dass du unter Trennungsangst leidest, dann warte nicht länger. Das Gefühl schnürt dich mehr und mehr ein. Und hält dich davon ab, eine Entscheidung zu treffen. Wenn du dich aber schließlich dazu entschlossen hast, die Beziehung zu beenden, sei vorbereitet: Dein Gegenüber wird vielleicht nicht gut darauf reagieren. Vielleicht deswegen, weil du das Herz dieser Person gebrochen hast. Oder weil sie um jeden Preis will, dass du weiterhin unter ihrer Kontrolle bleibst. Hier ist das Wichtigste, dass du dich schützt – besonders im letzteren Fall.

Nachdem du deine Entscheidung mitgeteilt hast, darfst du der anderen Person für eine Weile nicht begegnen. Das ist wirklich wichtig, selbst wenn dir diese Entscheidung gefühllos vorkommt. Du musst Reife zeigen. Und die Konsequenzen deiner Handlungen akzeptieren. Aber denke auch daran: Davon geht die Welt nicht unter. Diese Entscheidung ist vielleicht das Beste, was dir passieren konnte.


Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.