Trauma durch Verrat: die Narben der Erinnerung
Wenn Vertrauen und Nähe durch Verrat zerstört werden, zerbricht die ganze Welt in tausend Stücke. Es ist äußerst mühsam, das Puzzle wieder zusammenzusetzen. Die psychologischen Auswirkungen sind enorm: Ein Trauma durch Verrat (Betrayal Trauma) hinterlässt tiefgehende Spuren, die wir nicht unterschätzen dürfen. Das ständige Echo der traumatischen Erfahrungen prägt den Alltag der Betroffenen, denn das Gehirn interpretiert diese Situation als lebensbedrohlich.
Als soziale Wesen benötigen wir sichere Bindungen zu Bezugspersonen, denen wir Vertrauen schenken. Verraten uns diese Menschen durch ihr Verhalten, zerstören sie damit die emotionalen Grundlagen, auf die wir unser Leben aufbauen. Wir beschäftigen uns heute mit den Folgen, die ein Trauma durch Verrat nach sich zieht.
Betroffene suchen die Schuld für ihre traumatischen Erfahrungen oft bei sich selbst.
Trauma durch Verrat: Definition und Merkmale
Die psycho-emotionale Erfahrung, die uns heute beschäftigt, entsteht durch einen enormen Vertrauensbruch durch wichtige Bezugspersonen oder auch durch Institutionen. Dieser Begriff wurde von der Wissenschaftlerin Jennifer Freyd geprägt, die betont, wie wichtig es ist, dieser Art von Erfahrung mehr Aufmerksamkeit zu schenken.
In ihrem Buch Betrayal Trauma: The Logic of Forgetting Childhood Abuse¹ (1998) hebt sie eine wichtige Tatsache hervor: Kinder, die von ihren Eltern misshandelt und missbraucht werden, entwickeln zusätzlich zu dem Trauma, das mit solchen Taten verbunden ist, auch ein Trauma durch Verrat.
Das Gefühl, dass ihre Existenz von Menschen abhängt, die ihnen Schaden zufügen, verursacht tiefe psychische Schmerzen. Manche löschen oder verdrängen solche Ereignisse aus ihrem Gedächtnis, um sich zu schützen. Es handelt sich um eine sehr komplexe Situation.
Mögliche Ursachen
In erster Linie denken wir bei Verrat an nahestehende Bezugspersonen, doch es gibt auch andere Situationen, in denen ein Trauma durch Verrat entstehen kann. Die Auswirkungen hängen stark von den Auslösern ab.
- Trauma durch Verrat einer wichtigen Bezugsperson (Familienmitglied): Diese Situation ist häufig und besonders schmerzlich.
- Institutioneller Verrat. Das passiert, wenn eine Institution oder Organisation eine hilfsbedürftige Person vernachlässigt. Dazu gehören Sozial-, Gesundheits- und Militäreinrichtungen usw.
- Verrat in einer Paarbeziehung. Auch diese Situation wiederholt sich immer wieder. Häufig kommt es in diesem Zusammenhang zu Seitensprüngen, jedoch auch zu Missbrauch und Gewalt.
- Verrat in Freundschaften. Der Vertrauensverlust in Freundschaften ist ebenfalls eine sehr schmerzhafte Erfahrung.
Trauma durch Verrat: die Folgen
Die Rush University hat Untersuchungen durchgeführt, um diese psychologische Realität besser zu verstehen. Ein Verrat hinterlässt häufig körperliche und psychologische Narben. Je inniger die Bindung zu der verräterischen Person ist, desto größer sind die traumatischen Erfahrungen:
- Ein Verrat kann oft zu einer posttraumatischen Belastungsstörung führen.
- Angstzustände und Depressionen sind häufige Folgen.
- Viele Betroffene haben Probleme damit, ihre Emotionen zu regulieren.
- Kinder, die aufgrund von Verrat durch ihre Bezugspersonen ein Trauma erleiden, können eine Alexithymie (keine Worte für Gefühle) entwickeln.
- Auch die Dissoziation ist häufig. Das heißt, der Verstand trennt sich vom gegenwärtigen Moment oder verdrängt die traumatische Erfahrung.
- Ein Trauma durch Verrat führt häufig zu Problemen in Beziehungen, da kein Vertrauen aufgebaut werden kann.
- Auch Essstörungen sind mögliche Folgen.
- Auch körperliche Gesundheitsprobleme wie Verdauungsstörungen, Müdigkeit, Allergien usw. sind zu beobachten.
“Es ist besser, sich mit zuverlässigen Feinden zu umgeben, als mit unzuverlässigen Freunden.”
John Steinbeck
Trauma durch Verrat: Was tun?
Unsere hyperaktive Gesellschaft drängt uns dazu, den Schmerz zu verdrängen und weiterzumachen. Verrat kann jedoch eine sehr prägende Erfahrung sein, die Gefühle wie Wut, Traurigkeit oder auch Schuld verursacht. Die Folgen müssen verarbeitet werden, um im Alltag funktionstüchtig zu sein.
Dem Schmerz des Verrats Raum geben
Du musst den Schmerz akzeptieren und ihm Raum geben. Sei ehrlich zu dir selbst, gib zu, dass die Enttäuschung sehr schmerzlich ist und analysiere deine Gefühle.
Erkenne die Emotionen
Verrat geht mit komplexen Emotionen einher: Traurigkeit, Wut, Zorn, Hoffnungslosigkeit bis zu Schuldgefühlen. Sprich mit einer Vertrauensperson über deine Gefühle oder beschreibe sie in deinem Tagebuch. Laut auszusprechen, wie du dich fühlst, kann sehr hilfreich sein.
Psychologische Unterstützung
Zusätzlich zu einem Trauma durch Verrat können andere Traumata vorhanden sein, die oft bis in die Kindheit zurückreichen. Wenn dich diese Last gefangen hält, solltest du unbedingt psychologische Hilfe in Anspruch nehmen. In einer Psychotherapie lernst du, mit deinen schmerzhaften Erfahrungen umzugehen und Selbstachtung, Ruhe und Wohlbefinden zurückzugewinnen.
▶ Lese-Tipp
- Betrayal Trauma: The Logic of Forgetting Childhood Abuse, Jennifer J. Freyd, Harvard University Press 1998
Alle zitierten Quellen wurden von unserem Team gründlich geprüft, um deren Qualität, Verlässlichkeit, Aktualität und Gültigkeit zu gewährleisten. Die Bibliographie dieses Artikels wurde als zuverlässig und akademisch oder wissenschaftlich präzise angesehen.
- Babcock RL, DePrince AP. Childhood betrayal trauma and self-blame appraisals among survivors of intimate partner abuse. J Trauma Dissociation. 2012;13(5):526-538. doi:10.1080/15299732.2012.694842
- Gagnon, K. L., Lee, M. S., & DePrince, A. P. (2019). Victim–perpetrator dynamics through the lens of betrayal trauma theory. In The Abused and the Abuser (pp. 131-140). Routledge.
- Goldsmith RE, Freyd JJ, DePrince AP. Betrayal trauma: associations with psychological and physical symptoms in young adults. J Interpers Violence. 2012;27(3):547-567. doi:10.1177/0886260511421672
- Freyd, J. J. (1996). Betrayal trauma. Encyclopedia of psychological trauma, 76.
- Kahn, L. (2006). The understanding and treatment of betrayal trauma as a traumatic experience of love. Journal of Trauma Practice, 5(3), 57-72.