Dissoziation als Schutz vor stark belastenden Ereignissen

Was ist eine Dissoziation? Wie kommt es dazu? Was sind die Folgen? Lies weiter, um die Antworten herauszufinden.
Dissoziation als Schutz vor stark belastenden Ereignissen
Gorka Jiménez Pajares

Geschrieben und geprüft von dem Psychologen Gorka Jiménez Pajares.

Letzte Aktualisierung: 10. August 2023

Menschen, die stark traumatische Ereignisse erleben, aktivieren oft unbewusst einen natürlichen Schutzmechanismus: die Dissoziation. Bewusstsein, Denken, Handeln und Fühlen werden dadurch voneinander getrennt wahrgenommen, um die Situation besser überwinden zu können. Betroffene reagieren also mit der Abspaltung von Erinnerungen, Gefühlen oder Persönlichkeitsmerkmalen, die normalerweise integriert und als zusammengehörig wahrgenommen werden.

Diese Dissoziation bezieht sich auf folgende Aspekte:

  • Bewusstheit: die Wahrnehmung der eigenen Existenz;
  • Erinnerung: die Erinnerungen an andere, an die Welt und an sich selbst;
  • Identität: die Identifizierung als individuelles Wesen, das Bewusstsein über sich selbst und über das Anderssein im Vergleich mit anderen;
  • Emotionen: das Empfinden von Gefühlen sich selbst und anderen gegenüber;
  • Wahrnehmung: der Prozess, die Außenwelt durch die Sinne wahrzunehmen;
  • Körperdarstellung und motorische Kontrolle: Dieses Konzept beinhaltet auch das eigene Verhalten.

Eine Störung dieser Funktionen kann plötzlich oder allmählich auftreten und vorübergehend oder chronisch sein. Es handelt sich um eine Fluchtbewegung, welche die Wahrnehmung beeinflusst und eine Abspaltung vom eigenen Selbst bewirkt.

Schutzmechanismus in traumatischen Situationen

Wir sehen uns nachfolgend einige typische Beispiele an, die zu einer Dissoziation führen können:

  • Beziehungsprobleme: starke und wiederholte Auseinandersetzungen, Trennung, Misshandlung oder Missbrauch in der Beziehung
  • Gesundheitsprobleme geliebter Menschen: Krebs, Suizid, Krankenhausaufenthalte, Verluste
  • Unfälle oder Naturkatastrophen: Überschwemmungen, Erdbeben …
  • Stress bei der Arbeit: Mobbing, Burn-out …

Als der Vulkan Cumbre Vieja auf der kanarischen Insel La Plama ausbrach, herrschte große Ungewissheit, viele Menschen mussten innerhalb von Minuten evakuiert werden. Zahlreiche Betroffene berichteten, dass sie sich von ihrem eigenen Körper distanziert fühlten, als seien sie externe Beobachter (Depersonalisation). Viele erlebten die Außenwelt als fremd oder unwirklich (Derealisation).

Im Rahmen einer normativen Dissoziation kommt es häufig zu Tagträumen, Flashbacks, die an das Trauma erinnern, Vermeidungsverhalten, Erregtheit, Schreckhaftigkeit, Automatismen und hypnotischen Phänomenen. Der Verstand ist nicht in der Lage, das Ereignis zu verarbeiten und schützt sich durch die Dissoziation, die dabei hilft, emotionale Auswirkungen wie Schmerz und Angst zu reduzieren.

Normative oder pathologische Dissoziation?

Drei spezifische Faktoren unterscheiden die Normalität von der Pathologie: die Dauer, die Intensität und das Ausmaß der Beeinträchtigung im Alltag. Eine chronische Dissoziation, die Leid verursacht und den Alltag schwierig gestaltet, ist pathologisch. Einige Beispiele:

  • Dissoziative Identitätsstörung (multiple Persönlichkeit): Betroffene erleben zwei oder mehr Identitäten, sie haben nicht das Gefühl, sie selbst zu sein und Kontrolle über das eigene Verhalten zu haben.
  • Dissoziative Amnesie: Gedächtnisstörung, die es unmöglich macht, sich an persönliche und biografische Informationen zu erinnern.
  • Dissoziative Fugue: Betroffene entfernen sich aus ihrer gewohnten Umgebung und nehmen eine neue Identität an.
  • Depersonalisations-Derealisationsstörung: Das Gefühl, vom eigenen Körper, von den eigenen Gedanken oder der Umgebung losgelöst zu sein.

Die Dissoziation ist also ein Schutzmechanismus, der bezweckt, ein stark belastendes Ereignis besser zu bewältigen. Besteht die Dissoziation jedoch über einen längeren Zeitraum, entwickelt sich die anfänglich adaptive Funktion zu einer pathologischen Störung, die eine Behandlung erfordert.


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  • José Galdón, S. P. (2003). Revista de psicopatología y psicología clínica, 85-108.

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