Theorien über Hunger: Warum essen wir?

In unserem heutigen Artikel geht es um verschiedene Theorien über Hunger, die unser Essverhalten erklären und Antwort auf all diese Fragen geben. 
Theorien über Hunger: Warum essen wir?
Francisco Javier Molas López

Geschrieben und geprüft von dem Psychologen Francisco Javier Molas López.

Letzte Aktualisierung: 09. April 2023

Es ist Mittag und wir haben Hunger. Wir empfinden ein starkes Bedürfnis zu essen, sind jedoch so beschäftigt, dass wir für das Essen keine Zeit haben. Inzwischen ist es vier Uhr nachmittags und der Hunger ist nicht mehr da. Du kennst diese Situation? Es gibt viele Theorien über Hunger, die uns unterschiedliche Antworten auf die Frage geben, warum wir Appetit haben. 

Die Antwort scheint einfach zu sein: Weil unser Körper Nährstoffe braucht. Doch ist das wirklich so? Warum vergeht der Hunger manchmal, auch wenn wir nichts gegessen haben? Warum essen wir mehr, als wir wirklich brauchen?

In unserem heutigen Artikel geht es um verschiedene Theorien über Hunger, die unser Essverhalten erklären und Antwort auf all diese Fragen geben. 

Theorien über Hunger und Sättigung

Die Sättigungstheorie führt den Hunger auf mangelnde Energie zurück. Wenn wir also essen, stellen wir unser optimales Energieniveau wieder her.

Nach dieser Theorie isst eine Person, bis sie sich satt fühlt. An diesem Punkt hört die Person auf zu essen, weil sie ihren Sollwert wiederhergestellt hat. Dann hat das Essen seine Funktion erfüllt. Infolgedessen isst diese Person solange nicht mehr, bis ihr Körper erneut Energie verlangt.

Ein Sollwertsystem besteht aus drei Komponenten:

  • Einstellungsmechanismus: Er stellt den Sollwert ein.
  • Meldungsmechanismus: Er erkennt Abweichungen vom Sollwert.
  • Aktionsmechanismus: Dieser Mechanismus agiert, um die Abweichung auszugleichen.

Alle Sollwertsysteme (Wenning, 1999) sind negative Feedbacksysteme. Mit anderen Worten: Das Feedback, das sich aus Änderungen in einer bestimmten Richtung ergibt, erzeugt Kompensationseffekte, um wieder eine Balance herzustellen.

Wir können diese Systeme normalerweise bei Säugetieren finden. Sie haben den Zweck, das Gleichgewicht aufrechtzuerhalten (dieser Prozess nennt sich auch Homöostase).

Wenn diese Theorie zu 100 % richtig wäre, würden wir aufhören zu essen, sobald wir uns gesättigt fühlen und unseren Sollwert erreicht haben. Aber das ist nicht immer so, oder?

Theorien des Hungers erklären, warum wir hungrig sind.

Glukostatische Sättigungstheorie

Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts glaubten mehrere Forscher, dass wir Menschen essen, um unseren Blutzuckerspiegel aufrechterhalten.

Bei dieser Theorie handelt es sich um die glukostatische Sättigungstheorie. Mit anderen Worten, wir essen, wenn unser Blutzuckerspiegel sinkt, und hören mit dem Essen auf, wenn wir wieder normale Blutzuckerwerte erreichen.

Lipostatische Sättigungstheorie

Nach dieser Theorie nimmt jede Person Nahrung auf, abhängig von der Größe des Körperfettdepots. Daher essen Menschen, um ihre Energiereserven wiederherzustellen.

Grenzen der Sättigungstheorien

Das erste Problem, das diese Theorien nicht erklären können, hängt mit den Einflüssen von Geschmäckern, Erziehung und sozialen Faktoren zusammen, die nicht berücksichtigt werden.

Diese Faktoren liegen beispielsweise vor, wenn wir unser Lieblingsessen essen oder bei einer Feier zusammen kommen.

Stellen wir uns für einen Moment vor, dass unsere Lieblingsspeisen und andere Speisen, die nicht so appetitlich sind, auf demselben Teller liegen. Wir werden wahrscheinlich bei den Dingen zugreifen, die wir mögen. Auch wenn wir uns schon satt fühlen. Mit anderen Worten: Wir können auch essen, wenn wir nicht hungrig sind.

Lowe (1993) stellte fest, dass mehr als 50 % der Amerikaner zu Beginn des Essens einen signifikanten Überschuss an Fett haben. Diese Tatsache gilt auch für Menschen, die zu viel Fett eingelagert haben und trotzdem weiter essen. Somit zeigt dieser Punkt auch, dass die Sättigungstheorien unseren Appetit nicht vollständig erklären können.

Wenn diese Theorien richtig wären, hätten die Menschen nicht überlebt. Pinel, Assanand und Lehman (2000) stellen fest: „Die Sättigungstheorien von Hunger und Essen widersprechen dem grundlegenden evolutionären Druck, der mit Hunger und Essen zusammenhängt, so wie sie derzeit verstanden werden.“

Die Autoren erklären, dass unsere Vorfahren viel Nahrung essen mussten, um vorzosorgen falls sie später kein Essen finden konnten. Daher speicherten sie Kalorien in Form von Körperfett.

Wenn die Sättigungstheorien richtig wären, hätten unsere Vorfahren nach dem Wiederherstellen der Energieabweichung aufgehört zu essen. Aber wenn sie nichts weiter gegessen hätten, hätten sie womöglich nicht genügend Kalorienreserven gespeichert.

Eine Frau isst einen Salat.

Die Perspektive der positiven Anreize

Gemäß der Theorie der positiven Anreize werden Menschen und andere Tiere normalerweise nicht durch Energiedefizite zur Nahrungsaufnahme motiviert, sondern durch die erwartete Lust am Essen oder durch den positiven Anreizwert (Booth, 1981).

“Ein leerer Magen ist kein guter politischer Berater.”

Albert Einstein

Diese Theorie stellt die Hypothese auf, dass der Hunger auf den Druck zurückzuführen ist, den wir bei Mangel an Nahrung erleiden und der evolutionär bedingt ist.

Anstatt Hunger zu verspüren, wenn unsere Energiebilanz nicht ausgeglichen ist, ist das Vorhandensein appetitanregender Speisen oder der Gedanke an diese dafür verantwortlich, dass wir essen wollen.

Unser Hungerlevel hängt vom Zusammenspiel verschiedener Faktoren ab:

  • Geschmack.
  • Was wir über die Wirkung von Lebensmitteln gelernt haben.
  • Die Zeit, die seit unserer letzten Mahlzeit vergangen ist.
  • Die Menge und Art der Nahrung, die wir derzeit in unserem Darm verdauen.
  • Ob andere Leute mit uns essen oder ob wir alleine essen.
  • Blutzuckerspiegel.

Theorien über Hunger: Es ist nicht alles so, wie es scheint!

In dieser Übersicht über die wichtigsten Theorien über Hunger haben wir gesehen, dass die Antwort auf die Frage, warum wir essen, nicht so einfach ist. Das liegt daran, dass wir nicht nur essen, wenn wir hungrig sind, sondern auch, weil wir bestimmte Lebensmittel mögen.

Andererseits betont Jaime Silva (2007), dass Emotionen und Stimmungen auch unseren Lebensmittelkonsum beeinflussen. Denn so Silva: „Emotionale Zustände und Stimmungen können einerseits das Essverhalten beeinflussen. Andererseits können Lebensmittel Emotionen und Stimmungen verändern.“

“Reis ist großartig, wenn man wirklich hungrig ist und zweitausendmal das Gleiche essen möchte.”

Mitch Hedberg

Wie oft haben wir mehr als nötig gegessen, um unsere Angst zu lindern? Oder wie oft haben wir aus Stress nicht mehr richtig gegessen?  Ohne Zweifel muss das Phänomen unseres Hungers weiter erforscht werden.


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  • Espel-Huynh, H. M., Muratore, A. F., & Lowe, M. R. (2018). A narrative review of the construct of hedonic hunger and its measurement by the Power of Food Scale. Obesity Science & Practice, 4(3), 238–249.
  • MacCormack, J. K., & Lindquist, K. A. (2019). Feeling hangry? When hunger is conceptualized as emotion. Emotion , 19(2), 301–319.

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